Verteidigung
konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er leerte sein drittes Glas. Er kaute ein paar Bissen. Offenbar lag ihm etwas auf der Seele. »Wie soll ich ihr das beibringen?«, fragte er schließlich.
Wally tupfte sich die Mundwinkel, reckte sich und sprach mit der Stimme der Autorität. »Da gibt es viele Möglichkeiten, das weiß ich aus Erfahrung. Habt ihr beide je über eine Trennung gesprochen?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Einen Streit vom Zaun zu brechen wäre aber wahrscheinlich kein Problem.«
»Bestimmt nicht. Sie hat immer was zu meckern, meistens geht’s ums Geld, und wir streiten praktisch jeden Tag.«
»So habe ich mir das vorgestellt. Du gehst folgendermaßen vor. Wenn du heute Abend nach Hause kommst, lässt du die Bombe platzen. Sag ihr, du hast die Nase voll und willst weg. Kurz und knapp. Keine Streitereien, kein Feilschen, keine Verhandlungen. Sag ihr, sie kann das Haus, das Auto und die Möbel haben, wenn sie einer einvernehmlichen Scheidung zustimmt.«
»Und wenn sie nicht einverstanden ist?«
»Gehst du trotzdem. Du kannst bei mir wohnen, bis du was anderes gefünden hast. Wenn eine Frau einen zur Tür hinausgehen sieht, wird sie sauer und fängt an, Intrigen zu spinnen, besonders so jemand wie Paula. Die wird in kürzester Zeit auf hundertachtzig sein. Binnen achtundvierzig Stunden ist sie die reinste Furie.«
»Ist sie jetzt schon.«
»Doch schon seit Jahrzehnten. Wenn wir die Scheidung einreichen und ihr die Papiere zustellen lassen, dreht sie durch. Bis Ende der Woche hat sie ihren eigenen Anwalt.«
»So was rate ich immer meinen Mandanten, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich es einmal selber mache.«
»Oscar, manchmal braucht man den Mut, einen Schlussstrich zu ziehen. Tu es jetzt, solange du das Leben noch genießen kannst.«
Oscar schenkte sich den Rest Wein ein und lächelte wieder. Wally konnte sich nicht erinnern, seinen Seniorpartner je so glücklich gesehen zu haben.
»Schaffst du das, Oscar?«
»Klar. Am besten gehe ich früher nach Hause, packe meine Sachen und bringe es hinter mich.«
»Gute Idee. Zur Feier des Tages gehen wir heute Abend essen. Auf Firmenkosten.«
»Abgemacht. Aber ohne dein Betthäschen.«
»Geht klar.«
Oscar kippte den Wein hinunter wie einen Tequila. »Verdammt noch mal, Wally, so aufgeregt war ich seit Jahren nicht mehr.«
27
Es war nicht einfach gewesen, die Khaings davon zu überzeugen, dass sie ihnen wirklich helfen wollten, aber nach ein paar Wochen Big Macs zum Abendessen war ein Vertrauensverhältnis entstanden. Jeden Mittwoch nahmen David und Helen am frühen Abend einen gesunden Snack ein und fuhren dann zu McDonald’s, bestellten immer dieselben Burger und Pommes und fuhren damit nach Rogers Park, um die Familie zu besuchen. Zaw, die Großmutter, und Lu, der Großvater, kamen ebenfalls, weil sie Fast Food genauso mochten wie die anderen. Während der übrigen Woche ernährten sich die Khaings überwiegend von Reis und Hühnerfleisch, aber am Mittwoch waren sie echte Amerikaner.
Helen, die mittlerweile im siebten Monat war und auch so aussah, hatte anfänglich Bedenken wegen der wöchentlichen Besuche. Wenn die Luft bleihaltig war, musste sie ihr ungeborenes Kind davor schützen. Also ließ David alles prüfen. Er beschwatzte Dr. Biff Sandroni, bis der sich bereit erklärte, sein Honorar von zwanzigtausend auf fünftausend zu senken, wenn David die Lauferei übernahm. Deshalb durchkämmte David höchstpersönlich die Wohnung, entnahm Wandfarben- und Wasserproben, sammelte glasierte Keramik, Tassen und Untertassen, Teller, Rührschüsseln, Fotoalben, Spielzeug, Schuhe und Kleidung ein, praktisch alles, mit dem die Familie in Berührung kam. Diese Sammlung karrte er zu Sandronis Labor in Akron, holte sie zwei Wochen später wieder ab und brachte sie der Familie zurück. Sandronis Bericht zufolge waren nur Spuren von Blei zu finden, die unter den Grenzwerten lagen – kein Grund zur Beunruhigung für die Familie. Helen und das Baby waren in der Wohnung der Khaings sicher.
Thuya hatte sich mit den Vampirzähnen vergiftet, und Dr. Sandroni war bereit, das unter Eid vor jedem Gericht des Landes zu bestätigen. Eine Klage hatte gute Aussichten auf Erfolg, aber bisher hatte David keinen Beklagten. Ihm und Sandroni war es gelungen, vier chinesische Firmen aufzuspüren, die ähnliche Spielzeuge für amerikanische Importeure herstellten, doch hatten sie den Hersteller nicht ermitteln können. Sandroni hielt es für
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