Vertrau deinem Herzen
ganz ohne Freunde fand sie sich plötzlich inmitten von Menschen wieder, die sich tatsächlich für sie interessierten.
Sie verspürte ein Echo des Schwindels, der sie schon den ganzen Tag verfolgte, und stolperte.
Ganz ruhig, sagte sie sich. Geh es langsam an. Das musste die Hitze sein. Sie hatte höllischen Durst und wünschte, sie hätte die Wasserflasche nicht geleert.
Ach, sie war ja gleich zu Hause. Vielleicht würde sie mit Aaron ein wenig im See schwimmen gehen. Da fühlte sie sich immer besser, wenn sie hineinspringen und untertauchen konnte, für eine Weile verschwand. Sie trug nie einen Badeanzug, nicht solange sie so aussah. Ein fettes Schwein mit seltsamen dunklen Flecken auf der Haut. Als sie ihr das erste Mal an ihrem Nacken aufgefallen waren, hatte sie noch versucht, sie abzuwaschen. Zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass die dunklen Flecken ein Teil von ihr waren. Das war total gruselig! War das eine Strafe dafür, eine Lügnerin und Betrügerin zu sein?
Oder es war einfach nur Pech. Damit hatte sie in ihrem Leben ja schon ausreichend Erfahrung sammeln können.
Sie zwang sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, und konzentrierte sich auf den See. Ja, sie sollte schwimmen gehen. Und sich den Mund ausspülen. Ihr Atem hatte einen seltsam fruchtigen Geschmack. Sie wollte das gesamte Wasser des Sees trinken, um das innere Brennen zu löschen. Und wenn ihr dann immer noch schwindelig war, könnte sie die Augen schließen, sich zurücklehnen und sich dem Wasser ergeben. Vielleicht würde sie endlos dahintreiben, durch den Kanal am Ende des Sees, den Fluss hinunter und hinaus aufs Meer.
Die Einfahrt kam in Sicht. Endlich zu Hause! dachte sie mit einem ironischen Lächeln. Es war heute sehr still. Vielleicht waren Kate und Aaron mit dem Hund spazieren gegangen? Denn normalerweise kam Bandit japsend angerannt, um sie zu begrüßen. Wenn jemand ihr vor wenigen Wochen erzählt hätte, dass sie sich mal mit einem Hund anfreunden würde, hätte sie ihn für verrückt erklärt. Aber inzwischen mochte sie Bandit richtig gerne. Er war der lebende Beweis, dass nicht alle Hunde gefährlich waren, nur weil einer sie gebissen hatte.
Vielleicht waren sie auch zu Sergeant Harris hinübergegangen, denn in den letzten Tagen hatte sich ganz schön was zwischen ihm und Kate entwickelt, auch wenn sie versuchten, sehr diskret zu sein. Niemand außer Callie wusste jedoch, dass er ein Sergeant war. Dass er der Sergeant war, Sergeant Jordan Donovan Harris, dessen Heldentat durch alle Medien gegangen war.
Eins musste Callie ihm lassen: Er hatte es tatsächlich geschafft, komplett unterzutauchen, auszuradieren, wer er war, und ein völlig anderer Mensch zu werden. Vielleicht sollte sie ihn nach ein paar Tipps fragen.
Als sie sein Geheimnis entdeckt hatte, war sie erst einmal total ausgeflippt. Sie hatte sich irgendwie betrogen gefühlt, auch wenn das vollkommen unangebracht gewesen war. Sie wusste, dass es einem nur Probleme bereitete, wenn man etwas versteckte, mochten die Gründe dafür noch so gut sein. Nachdem er ihr alles über seine miese Mutter und die Sachen, die ihm nur aufgrund seiner Berühmtheit passiert sind, erzählt hatte, hatte sie ihm vergeben. Und dann war ihr ein Gedanke durch den Kopf geschossen. Alleine ihn zu kennen machte sie zu etwas Besonderem. Ein Anruf, und das Team von Extra stünde auf der Matte, um sie alle zu interviewen. Vielleicht gab es einen Weg, mit seinem Geheimnis Geld zu machen. Eine ganze Menge Geld. Sie könnte ihn gegen eine sichere Zukunft für sich eintauschen.
Das Problem war, dass sie ihm ihr Wort gegeben hatte, nichts zu sagen. Und sie mochte ihn zu sehr, um ihm einen solchen Verrat anzutun.
Ein leichter Hauch von Barbecue kitzelte ihre Nase, und ihr Magen verkrampfte sich in freudiger Erwartung. In letzter Zeit aß sie wie ein Schwein; sie schien einfach nicht aufhören zu können. Egal. Heute war ihr Geburtstag. Und nur für diesen einen Tag würde sie aufhören, sich über irgendetwas Gedanken zu machen.
Sie ging zur Hintertür hinein. Sie war nicht verschlossen, was bedeutete, dass Kate und Aaron nicht weit sein konnten.
„Hallo“, rief sie. Das Haus war leer und ruhig, aber auf eine freundliche, wartende Weise. Ein kleiner Ventilator vor dem Fenster blies eine frische Brise durch das Erdgeschoss.
„Jemand zu Hause?“, rief sie und brachte ihren Rucksack und Walkman in ihr Zimmer.
Keine Antwort. Sie trat an die Spüle, um einen Schluck zu trinken und
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