Vertrau mir, Tara
Leere, während Adams Bild vor ihr aufstieg. Er war nackt und wirkte ungemein kraftvoll, seine Miene war angespannt, und er blickte die Frau seiner Träume voller Verlangen an. Doch dann löste sich das Bild auf und hinterließ nur Kälte.
Tara schüttelte den Kopf und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Ärgerlich stellte sie fest, dass Farbe auf den Fußboden getropft war. Sie schimpfte leise vor sich hin und wischte sie mit einem Lappen ab.
Ich sollte mich auf meine Arbeit konzentrieren, statt mir den Kopf über eine Frau zu zerbrechen, die ich sowieso nie kennenlernen werde, ermahnte sie sich.
Plötzlich sprang Melusine, die auf dem staubbedeckten Tisch im Sonnenschein vor sich hin gedöst hatte, auf den Boden und lief zur Tür. Dort drehte sie sich um und blickte Tara erwartungsvoll an.
“Du hast dir wirklich den günstigsten Moment ausgesucht”, sagte Tara streng, während sie alles hinlegte und der Katze folgte. Auf einmal bemerkte sie jemanden an der Haustür.
Oh nein, dachte sie und versteifte sich. Am liebsten hätte sie Melusine zurückgehalten, aber dazu war es zu spät. Die Katze strich dem Eindringling schon freundlich um die Beine.
Als Tara genauer hinsah, war sie verblüfft. Adam stand da mit einem Schraubenzieher in der Hand, und Buster saß geduldig neben ihm.
“Sie?”, fuhr sie ihn an. “Was machen Sie denn hier?”
“Hallo”, antwortete er. “Hoffentlich habe ich Sie nicht erschreckt. Ich habe geklopft, aber Sie haben es offenbar nicht gehört. Ich montiere eine Sicherheitskette an, damit solche Leute wie dieser Händler nicht in Ihr Haus gelangen können.”
“Eine Sicherheitskette?”, wiederholte sie. “Woher haben Sie die denn?”
“Aus dem anderen Haus.”
“Wie bitte? Sie haben sie einfach aus
Dean’s Mooring
gestohlen?”, fragte sie fassungslos.
Er zog die Augenbrauen zusammen. “Ich würde eher sagen, ich habe sie dort abmontiert.”
“Egal, wie Sie es nennen, Tatsache ist, Sie sind dort eingedrungen”, fuhr sie ihn an.
“Nein, die Hintertür war nur angelehnt.”
So etwas darf nicht passieren, dachte Tara gereizt und nahm sich vor, es Mr. Hanman gegenüber am Dienstag zu erwähnen. Schließlich war er für das Cottage verantwortlich.
“Aber trotzdem können Sie dort nicht einfach etwas wegnehmen”, wandte sie ein. “Ich kann es nicht glauben.”
“
Dean’s Mooring
steht leer und ist halb verfallen”, stellte er sachlich fest. “Meiner Meinung nach brauchen Sie die Sicherheitskette dringender.” Er lächelte sie an. “Sie können sie ja ersetzen, wenn es Ihnen so wichtig ist.”
“Das werde ich auch tun.” Sie zögerte kurz. “Gehen Sie immer so sorglos mit fremdem Eigentum um?”
“Nein”, antwortete er prompt. “Ich war bisher ein ehrlicher Bürger und bin noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Es muss an Ihrem schlechten Einfluss liegen.”
Tara ignorierte die Bemerkung und erklärte: “All die Jahre haben wir hier keine Sicherheitsketten und dergleichen gebraucht. Seit Sie hier sind, ist offenbar alles anders.”
Er ließ sich nicht provozieren. “Ja, die Zeiten werden immer schlimmer, nichts bleibt, wie es ist. Auch in dieser abgelegenen Idylle ist man nicht mehr sicher, wie Sie heute selbst erlebt haben.”
“Daran brauchen Sie mich nicht zu erinnern.” Sie sah ihm zu, wie er die Kette anschraubte. “Vermutlich haben Sie es gut gemeint.”
“Ich habe nur die besten Absichten.” Er begutachtete das fertige Werk. “Sie brauchen einen Freund, wie ich schon sagte.”
“Das ist nett von Ihnen gemeint. Aber vielleicht habe ich schon genug Freunde.”
“Warum sind Sie dann allein hier?” Adam richtete sich auf und betrachtete ihr gerötetes Gesicht.
Seine Stimme klang sanft und freundlich, dennoch versetzten seine Worte Tara einen Stich. Erweckte sie etwa den Eindruck, eine alte Jungfer zu sein, mit der man Mitleid haben musste?
Sie hob das Kinn. “Weil ich es so will. Ich muss eine Zeit lang allein sein.”
“Und dann komme ich daher und störe Ihre Ruhe. Das wollten Sie doch sagen, oder?”
“Na ja, Sie haben recht.” Sie biss sich auf die Lippe. “Außerdem haben Sie mir immer noch nicht verraten, weshalb Sie hier sind.”
“Vielleicht sehne ich mich auch nach Einsamkeit”, antwortete er.
“Ausgerechnet Sie? Und dann wollen Sie heiraten? Ihre Frau tut mir jetzt schon leid!”
“Nicht nötig.” Er schüttelte den Kopf. “Ich beabsichtige, mein ganzes restliches Leben mit ihr gemeinsam zu
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