Vertrau mir, Tara
im Traum. Sie lief vor Händen davon, die sie greifen wollten, watete durch Flüsse und durchs Schilf, das sich um ihre Beine schlang und sie in die Tiefe zog. Vor Angst und Entsetzen stöhnte sie auf.
Wie Hilfe suchend streckte sie die Hände aus. Dann nahm jemand sie in die Arme und tröstete sie. An ihrer Wange spürte sie etwas, das sich anfühlte wie eine muskulöse Schulter.
“Adam?” Sie versuchte, die schweren Lider zu öffnen.
“Ich bin ja da”, sagte er ruhig. “Weine nicht mehr, mein Liebling. Du bist in Sicherheit, ich bin bei dir.”
Noch einmal flüsterte sie seinen Namen, ehe sie in einen tiefen, friedlichen Schlaf fiel.
In der Morgendämmerung wurde sie wach und lauschte dem Gesang der Vögel. Sekundenlang lag sie ganz still da und genoss die innere Ruhe, die sich in ihr ausgebreitet hatte. Schließlich bewegte sie sich und wollte sich strecken. Es gelang ihr jedoch nicht, denn irgendetwas schien sie festzuhalten.
Sie blickte über die Schulter und rang nach Luft. Der Traum war teilweise Wirklichkeit geworden. Adam lag hinter ihr. Er schlief noch und hatte den Arm um sie gelegt. Und sie hatte sich eng an seinen Körper geschmiegt.
Noch nie hatte sie in so inniger Umarmung neben einem Mann geschlafen, und noch nie war sie so aufgewacht. Jack hatte sich immer umgedreht und sich in seine Hälfte des Betts zurückgezogen, nachdem sie sich geliebt hatten.
Am besten würde ich mich jetzt auch zurückziehen, schoss es ihr durch den Kopf. In Adams Armen zu schlafen war schon schlimm genug, doch darin auch noch gemeinsam mit ihm aufzuwachen, das war viel zu gefährlich.
Deshalb versuchte sie, sich sanft von ihm zu lösen. Aber er hielt sie nur noch fester und sagte leise etwas vor sich hin. Dann fuhr er ihr mit den Lippen zärtlich übers Haar, und sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Nacken. Beinahe im selben Moment schlief Adam schon wieder tief und fest.
Auch gut, dann warte ich noch eine Zeit lang, dachte Tara und schloss die Augen.
Erst viel später, als die Sonne schon hell durch die Vorhänge schien, wurde sie wieder wach – und war allein. Sogleich breitete sich ein Gefühl der Enttäuschung in ihr aus.
Das ist doch lächerlich, Adam wollte mir wahrscheinlich nur die Peinlichkeit ersparen, dafür sollte ich ihm dankbar sein, sagte sie sich energisch. Dann stand sie auf und ging über den Flur.
An der Badezimmertür blieb sie unvermittelt stehen. Adam stand am Waschbecken und rasierte sich. Sein Haar war noch feucht vom Duschen, und er hatte sich ein Handtuch um die Hüften geschlungen.
Er drehte sich zu ihr um und lächelte. “Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?”
“Hm … ja.” Sie spürte, dass sie errötete, und hob den Kopf. Dass Adam sie auf einmal duzte, war kein Wunder nach der Nacht und wahrscheinlich auch keine schlechte Idee. “Es tut mir leid, dass ich mich so angestellt habe. Normalerweise bin ich nicht so weinerlich.”
“So würde ich dich auch nie einschätzen.” Er rasierte sich weiter. “Aber das war keine Ausnahme”, fuhr er freundlich fort. “Schon bei unserer ersten Begegnung ist mir aufgefallen, dass dein Blick irgendwie ängstlich wirkt.”
Tara versuchte, verächtlich zu lachen. “Das ist doch Unsinn. Wovor hätte ich mich fürchten sollen?”
“Das möchte ich gern herausfinden. Vielleicht vor dem Leben?”
Sie straffte die Schultern. “Das ist absurd, ich liebe mein Leben. Ich habe einen guten Job, meine eigene Wohnung und eine liebevolle Familie.”
“Einfach alles, was man sich wünschen kann”, sagte er leise.
“Genau”, bekräftigte sie. “Gestern Abend haben mich das Gewitter und die Befürchtung, jemand lauere mir auf, aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht. Das ist alles.” Sie machte eine Pause. “Es tut mir leid, dass ich Sie … dich belästigt habe.”
Er warf ihr einen rätselhaften Blick zu. “Ist es nicht etwas zu spät, dich dafür zu entschuldigen?”
Sie bekam Herzklopfen und band nervös den Gürtel des Morgenmantels fester um sich. Adam entging die Geste natürlich nicht, und er zog belustigt die Augenbrauen hoch.
“Ist der Strom wieder da?” Du liebe Zeit, ich höre mich an wie ein unreifer Teenager, dachte sie.
“Noch nicht.” Jetzt lächelte er sie so ungeniert an, als könnte er ihre Gedanken erraten. Und sogleich breitete sich verräterische Wärme in ihrem Körper aus.
Oh nein, ich muss so schnell wie möglich hier weg, sagte sie sich und verkündete betont munter: “Ich gehe in die
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