Vertrau mir
sollte sie auch?
»Was wollte Claudia denn?« fragte Anna, um ihre Verwirrung zu überspielen.
»Dass ich mir ein wenig Geld dazuverdiene. Als Reinigungskraft in der Nachtschicht bei der Firma GUTTrans. In zwei Tagen steht dort ein Transport mit Versuchstieren auf dem Plan. Ein Mitglied der Gruppe arbeitet im Büro des Fuhrunternehmens und hat das bereits vor Tagen gemeldet. Das ist offensichtlich die Aktion, von der Claudia im Café gesprochen hat.«
»Und was sollst du, abgesehen vom Putzen natürlich, bei GUTTrans tun?«
»Den Objektschutz auskundschaften. Und mir den Kleintransporter ansehen, der die Tiere vom Züchter abholen und zum Labor bringen wird. Weil ich ihn fahren soll. Die Gruppe will den Wagen stehlen, nachdem die Tiere abgeholt sind.«
»Wann beginnt deine neue Karriere in der Putzkolonne?«
»Schon heute Abend.«
10.
N ach Maikes ungewöhnlicher Nachtschicht bei GUTTrans blieben ihr nur drei Stunden bis zur morgendlichen Lagebesprechung mit den Kollegen im Büro. Sie fuhr nach Hause, schlief zwei Stunden und duschte anschließend ausgiebig, um die bleierne Müdigkeit zu besiegen. Sie ahnte, die Besprechung würde nicht angenehm werden.
Und richtig. Wallbach zeigte sich deutlich schlechtgelaunt. »Die Informationen, die wir bis jetzt aus Ihrem Undercovereinsatz gewonnen haben, Frau Roloff, sind mehr als spärlich. Frau Schraders Überwachung, meine Herren«, dabei sah er Binder und Grewe an, »bringt uns bis jetzt ebenfalls nicht einen Deut weiter. Fazit: Wir trampeln auf der Stelle.«
»Ich sagte ja schon, Claudia Schrader ist sehr misstrauisch«, verteidigte Maike sich. »Ich kann nicht einfach dahermarschieren, so tun, als wolle ich Mitglied einer radikalen Tierschützergruppe werden, und anfangen, Fragen zu stellen. Ich muss sehr vorsichtig sein.« Ihr fiel auf, dass sie Annas Argumentation benutzte. Hilflos hob sie die Schultern. »Aber ich werde an einer weiteren Aktion teilnehmen, komme gerade von einer Recherche in der Sache.« Sie erzählte von ihrem nächtlichen Einsatz und dem geplanten Transporterdiebstahl. »Der Wagen soll in eine fingierte Polizeikontrolle gelockt und der Fahrer überwältigt werden. Ich soll den Kleintransporter dann zu dem Ort fahren, von wo aus die Tiere in Sicherheit gebracht werden. Das sieht doch immerhin so aus, als vertraute man mir.«
»Wo ist dieser Ort?«
»Das hat man mir noch nicht gesagt.«
»Damit sieht das für mich eher so aus, als wären Sie für die Gruppe am ehesten entbehrlich«, sagte Wallbach unzufrieden. »Man lädt Ihnen das größte Risiko auf. Und außerdem – was bringt uns diese Aktion? Während Sie auf Staatskosten die Heldin der Tiere spielen, ist die Situation für die Entführungsopfer unverändert.«
»Es wäre ja möglich, dass dieser Ort, wo ich hinfahren soll, eine Art Außenposten der Tierschützergruppe ist. Ein Ort, an dem sie Werkzeuge, Kleidung und andere Dinge lagern. Ein Ort mit einem Keller, in dem man auch Geiseln halten kann.«
»Möglich. Ja, vielleicht. Falls diese Gruppe überhaupt die beiden Männer entführt hat. Nicht einmal das wissen wir.« Wallbach fluchte leise vor sich hin. Ein Zeichen, dass er sehr angespannt war. Normalerweise gab er sich nicht diese Blöße. »Die Rekonstruktion der Entführung hat auch nur wenig Erkenntnisse gebracht. Sicher ist lediglich, jemand hat in der Taxizentrale das richtige Taxi abbestellt und das falsche zur Firma gesandt. Natürlich hat niemand bei Norich auf das Nummernschild des Taxis geachtet oder auf das Aussehen des Fahrers. Der Pförtner konnte sich lediglich erinnern, dass es eine Frau war, kein Mann. Wir zeigten ihm Fotos von allen bekannten und einschlägig vorbestraften Tierschützerinnen, inklusive Claudia Schrader, und mussten leider konstatieren, dass keine der Damen das Taxi fuhr.«
»Vielleicht war es ja eine echte Taxifahrerin, nur von einer anderen Firma als der bestellten«, sagte Maike.
»Was meinen Sie?« fragte Wallbach.
»Uns liegt keine Meldung über ein gestohlenes Taxi vor. Und wären die Entführer nicht Gefahr gelaufen, dass die Männer misstrauisch werden, wenn sie ein falsches Taxi schicken? Die Opfer sind Geschäftsleute, kennen die Atmosphäre in einem Taxi genau. Fahrweise, Taxameter, die Gespräche zwischen Zentrale und Fahrern etc.«
Wallbach neigte sich jetzt in seinem Stuhl leicht vor. »Sie meinen, die Taxifahrerin war ein Mitglied der Gruppe? Bisher nicht aktenkundig? Anschließend fuhr sie den nächsten Kunden, als wäre
Weitere Kostenlose Bücher