Vertrauen
nicht gefährlich. Ich brauche keine Angst davor zu haben, im Dunkeln brodele ein Vulkan, der bald hochgehen könnte. Jesus selbst ist in dieses Dunkel hineingestiegen, um es mit seinem Licht zu erhellen. Und er hat seine Worte, Gottes Reich sei nahe, gerade in die innere Finsternis hineingesprochen. Auch dort, wo es in mir dunkel ist, wohin ich nicht gerne schauen möchte, was mir Angst macht, ist Gott mir nahe. Dort ist das Reich Gottes. Auch dort will Gott in mir herrschen. Wenn Gott auch im Dunkeln wohnt, brauche ich keine Angst mehr davor zu haben. Ich darf es anschauen. Ich weiß mich angenommen mit allem, was in mir ist. Das befreit mich von dem Druck, all das Unangenehme in mir zu verstecken. Es darf sein. Es ist von Gottes Licht durchdrungen. Gottes Licht leuchtet in alle Abgründe meiner Seele. Daher darf auch ich in diese Abgründe hinein schauen, ohne zu erschrecken. Wenn ich in mich hinein schauen kann, ohne zu erschrecken, weil Gottes Licht selbst in mir ist, dann habe ich keine Angst mehr vor mir, dann kann ich glücklich sein.
Wo Gefahr ist
A uch zur Zeit Jesu gab es eine Stimmung, die man als Endzeitpanik bezeichnen könnte. In seiner apokalyptischen Rede, die Lukas berichtet spricht Jesus davon, wie wir diese Angst vor der Zukunft, die es zu seiner Zeit mit apokalyptischer Wucht gab, überwinden können: „Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, und auf der Erde werden die Völker bestützt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“ (Lk 21,25 f) Im Griechischen steht hier das Wort: apopsychoo = das Atmen aufhören, das Leben aushauchen. Angst macht atemlos, sie führt ja buchstäblich dazu, dass wir aufhören zu atmen oder dass uns das Leben völlig entschwindet. Lukas meint, der Blick auf die bedrohlichen Ereignisse am Himmel und auf die Flutwellen des Meeres lässt uns den Atem stocken. Diese Angst ist heute genauso aktuell wie damals. Für viele sind Erdbeben, Überschwemmungen und Unwetter Vorboten des Weltendes. Alles wird in einer riesigen Katastrophe enden, die jegliches Leben auslöschen wird, so fürchten sie.
Wie reagiert Jesus auf solche Endzeitpanik? In diese Angst hinein sagt er das tröstende Wort: „Wenn all das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ (Lk 21,28) Die Menschen sollen sich vor den Katastrophen nicht ängstigen. Sie sind vielmehr der Beginn der Erlösung. Wie ist das zu verstehen?
Zunächst einmal meint Jesus seine Zusage wohl zeitlich: Wenn es immer schlimmer wird in der Welt, so ist das ein Vorbote für das Kommen des Menschensohnes. Und wenn der Menschensohn in Herrlichkeit kommt, dann werden die Menschen erlöst und befreit. Sein Kommen befreit sie von aller Bedrängnis, und damit auch von der Angst.
Wir können dieses Jesus-Wort aber auch noch anders verstehen: Wir sollen unseren Blick nicht auf die Katastrophen und auf unsere Angst richten, sondern uns aufrichten und nach oben schauen. Von Gott, vom Himmel kommt unsere Erlösung. Vom Himmel aus sehen wir anders auf die Welt um uns herum. Wir sehen über den engen Horizont hinaus. Und da erkennen wir eine gute Macht, die uns in ihren Händen hält, den erlösenden und heilenden Gott, Jesus Christus, der mitten in der größten Not des Kreuzes unser Erlöser ist.
Eine dritte Deutung bezieht sich auf den Beginn der Erlösung in aller Bedrängnis. Dort, wo wir am meisten Angst haben vor dem Untergang, dort beginnt schon die Erlösung. Hölderlin hat das in die berühmten Worte gekleidet: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Der Blick des Glaubens sieht in der Mitte der Nacht bereits den Anfang des Tages, in der Krise schon den Anfang der Wandlung und in der Dynamik der Angst schon die Kraft des Vertrauens, das auch in uns steckt.
Lukas hat die Verwandlung der Angst mitten in der größten Bedrängnis in seiner Erzählung von der Verklärung Jesu beschrieben. Jesus ist mit seinen Jüngern am Abend auf den Berg gestiegen. Wie er es gewohnt ist, betet er nachts. Die Jünger schlafen dabei ein. Doch auf einmal wachen sie aufund sie sehen die Herrlichkeit Jesu und Elija und Moses, die bei ihm stehen. Während des Gebetes hat sich Jesu Antlitz verwandelt, und sein Gewand wurde weiß wie ein Blitz. Doch trotz dieser beglückenden Erfahrung des in Licht getauchten
Weitere Kostenlose Bücher