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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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würde doch nicht so weit gehen, seine eigene MUT TER … Die Frau, die ihm den ganzen Urlaub bezahlt hatte … Mir wurde schwindelig.
    »Ich habe ihm meine Kreditkarte nie gegeben!«, rief ich aufgebracht. »Ich habe sie nur in der Schublade meines Nachtkästchens aufbewahrt, zusammen mit dem Pass, dem Krankenversicherungsausweis, dem Führerschein, den Treueherzen vom Supermarkt …«
    »Ja, und zusammen mit deinem PIN -Code!«, höhnte Rainer.
    Schuldbewusst starrte ich in meine Tasse. Ja, ich wusste, dass man das tunlichst vermeiden soll. Aber ich konnte mir diesen Kram doch unmöglich merken! Da waren die Passwörter für meinen Computer in der Bibliothek und für den zu Hause, die Geheimnummern von Geld-, EC - UND Kreditkarte … Tja, so geheim waren sie anscheinend doch nicht gewesen. Aber woher hätte ich auch ahnen sollen, dass mein eigener Sohn … In einem Robinson-Club, in dem für alles gesorgt war … Wo es nachweislich kein Casino und keine Einarmigen Banditen gab …
    »Aber wozu?«, stammelte ich. »Ich konnte doch nicht wissen, dass …«
    »Pah!« Rainer schlug mit der flachen Hand auf den Kontoauszug. »Der feine Herr hat ein paar stolze Beträge abgebucht. Hier!« Er setzte seine Lesebrille auf, und sein fleischiger Daumen fuhr über die Spalte mit den Buchungen.
    »Wie viel?«, flüsterte ich kraftlos.
    »Mehrere Tausend Euro!« Rainer stieß ein kurzes Lachen aus und nannte mir triumphierend die Zahlen.
    Tag für Tag hatte Roman meine Kreditkarte missbraucht. Tag für Tag war er damit zum Geldautomaten gegangen und hatte den Höchstbetrag abgehoben. Und ich Idiot hatte nicht das Geringste bemerkt! Ich hatte ihm vertraut. Insgesamt war es ein fünfstelliger Betrag. Eigentlich alles, was ich bei meinem klei nen Bibliothekarinnengehalt hatte ansparen können. Mein Konto war leer geräumt.
    Rainer lehnte sich zurück und ließ die Knöchel knacken. »Höchste Zeit, dass sich jemand um deine Finanzen kümmert.«
    Entsetzt stöhnte ich auf. Ich konnte Rainers »Ich habe es dir ja gleich gesagt, aber du hörst ja nicht auf mich«-Gesicht nicht mehr ertragen, genauso wenig sein süßliches, mitleidiges Lächeln.
    Zornig ging ich zum Gegenangriff über. »Wie kannst du es wagen, meine Post zu öffnen!«
    »Wieso? Als deine Mutter noch lebte, war das doch auch in Ordnung! Deine Mutter konnte das eben nicht mehr lesen und hat mich extra damit beauftragt. Die ganzen Arztrechnungen und so.«
    »Das war meine MUTTER! « Eine wilde Entschlossenheit überkam mich. » MEINE Post geht dich nichts an!«
    Rainer war regelrecht fassungslos. » DU warst doch dankbar, dass ich dir den Bürokram abgenommen habe!«
    »Ja, aber jetzt ist meine Mutter TOT! «
    »Ich habe ihr auf dem Sterbebett versprochen, mich um dich zu kümmern!« Seine Augen wurden feucht.
    »Aber nicht meine Post zu öffnen!«, schrie ich ihn an. »Nur die meiner Mutter!«
    »Ich finde, du solltest froh darüber sein. Dann kann ich solch unliebsame Überraschungen nämlich vielleicht in Zukunft unterbinden. ICH habe nämlich Menschenkenntnis.« Rainer trommelte sich auf die Brust.
    Hilflos starrte ich ihn an. Meine Stimme versagte. Es war wie in einem dieser Träume, in denen man nicht schreien kann.
    »Rainer, wir MÜSSEN über unsere Beziehung reden.«
    O Gott! Hatte ich das gesagt? Genau das wollte er doch immer! Wir HATTEN keine Beziehung!
    »Ja?«, sagte Rainer gedehnt. Er beugte sich vor und lächelte mich an. »Andere Mütter haben auch schöne Töchter.«
    Ich starrte ihn an. »Wovon redest du?«
    »Oder sollte ich besser sagen: Andere Töchter haben auch schöne Mütter?!«
    »Du meinst Sonja.«
    »Ja, die ist sehr interessiert an mir.« Selbstgefällig lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Sie hält mich für einen einfühlsamen, sensiblen, hilfsbereiten und sehr romantischen Mann.«
    O Gott. Wie blind war Sonja denn?! Wollte sie es nicht merken oder MERKTE sie es einfach nicht? Was fand sie nur an Rainer?
    Die Gedichte. Klar. Ich MUSSTE Farbe bekennen, aber nicht jetzt! Mir fehlte einfach die Kraft dazu! Ich war müde von der Reise, ausgelaugt, erschöpft … und pleite. Noch eine Baustelle konnte ich im Moment nicht in Angriff nehmen. Wie er wohl reagieren würde, wenn ich sagte:
    »Du, Rainer, ich habe deine Gedichte seit Monaten Sonja zugespielt. Die freute sich wie Bolle, dass jemand sie verehrt. Das hat ihrer verletzten Eitelkeit gutgetan, sie kam sich gerade so alt und hässlich vor. Du verstehst das

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