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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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halbes Jahr davon leben!«
    »Aber …?«, fragte Billi. Geistesgegenwärtig putzte sie Max mit ihrer Papierserviette die Nase.
    Silke presste die Lippen zusammen. Man merkte deutlich, dass sie den wahren Trennungsgrund nicht nennen wollte. »Aber er hat das Geld auch immer sehr schnell wieder ausgegeben.«
    »Aber das kann er doch nicht machen …«
    »Bei drei kleinen Kindern …«
    »Und lässt Sie hier im Klinkerbau versauern!«
    »Schließlich war er wochenlang bei uns Fitnesstrainer!«
    Silke lächelte. »Die Fitnessbranche hat ihn schon immer fasziniert. Als er nach seiner leiblichen Mutter gesucht und ihren Freundeskreis recherchiert hat, hat er spontan beschlossen, sich diesen Traum zu erfüllen.«
    Wir erfuhren, dass Roman pünktlich zu Bens Geburt bei Silke im Krankenhaus aufgetaucht war, obwohl sie schon gar nicht mehr mit ihm gerechnet hatte. Es waren heftige Kräche vorausgegangen, und er war schon ein paarmal vorübergehend ausgezogen.
    »Das mit dem Tod seiner Mutter …« Sie verstummte und sah mich lächelnd an. »Das mit dem Tod seiner A-Mutter hat ihn schrecklich mitgenommen. Dann findet er seine B-Mutter und ist völlig durch den Wind.«
    »A- und B-Mutter?« Sonja verstand nicht.
    »Adoptivmutter und biologische Mutter«, erklärte Silke, die Sozialpädagogin.
    »Aber das würde ich ihm nicht durchgehen lassen«, sagte Sonja. »A-, B-, C-Mutter hin oder her: Der muss doch zu Ihnen stehen! Also wenn Sie MEINE Tochter wären, dann würde ich Ihnen raten …« Sie biss sich plötzlich auf die Lippen.
    »Ja?«, fragte Billi interessiert und setzte Max auf den Teppich. » WAS würdest du ihr dann raten?«
    »Sie HAT nämlich eine Tochter«, erklärte ich Silke. »Vivian. Fünfundzwanzig und nicht gerade hässlich.«
    »Er hat mir schon von Vivian erzählt«, sagte Silke. »Das war für mich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich lasse ihn in Frieden ziehen.«
    Wir waren alle völlig überrascht. Sie wusste von Vivian?
    Sonja erstarrte. »Und da empfangen Sie mich so freundlich in Ihrem Wohnzimmer?«
    Silke sagte schlicht: »Ich habe schon ganz andere Leute in meinem Wohnzimmer empfangen.«
    »Und Sie sind mir nicht böse?« Sonja konnte das gar nicht begreifen.
    »Nein. Erstens halte ich nichts von Sippenhaft, und zweitens können Sie ja nichts dafür.« Sie lächelte, und es war keine Spur von Bitterkeit oder Zynismus in ihrem Gesicht zu erkennen.
    »Und was wird jetzt aus Ihnen und den Kindern?«, fragte ich besorgt. »Ich meine, sorgt Roman für Sie? Sonst hätte ich auch ein paar Ersparnisse, wenn auch keine weltbewegenden …« Spontan hatte ich das Bedürfnis, dieser entzückenden Familie finanziell unter die Arme zu greifen. Ich spürte ein merkwürdiges Ziehen in der Brust, und mein Herz öffnete sich spürbar. Dies hier war der Samen, der aufgehen würde! Diese kleine Familie würde ich hegen und pflegen wie einen wunderschönen Garten. Und mich gerne ausgiebig darin aufhalten.
    Silke klappte ihren Still- BH zu und zog ihren Pullover wieder herunter. »Mein Schwiegervater sorgt für uns, es fehlt uns an nichts, vielen Dank.« Und an mich gewandt sagte sie: »Aber wollen wir uns nicht endlich duzen?«
    Auf der S-Bahn-Fahrt zum Flughafen waren wir drei immer noch völlig überwältigt von diesem wundervollen Mädel, das ja nun fast schon wieder meine Exschwiegertochter war.
    »Die Chemie hat auf Anhieb gestimmt!«
    »Auch die Kinder sind ein Traum!«
    »Drei entzückende Enkelkinder! Mensch, Carin, so ein Volltreffer!«
    »Jetzt hast du uns aber von rechts überholt, Oma Carin!«
    Die beiden freuten sich aufrichtig, und ich konnte die ganzen Eindrücke kaum verkraften. Wir schnatterten aufgeregt wie auf einem Klassenausflug. Natürlich machten wir uns auch Gedanken um Roman, der nun offenbar in Rom war, um seinen B-Vater aufzustöbern. Das war ganz und gar nicht in meinem Sinne! Ich wollte von Alessandro Bigotti nie wieder etwas hören, geschweige denn den Eindruck erwecken, mich über unseren gemeinsamen Sohn wieder in sein Leben zu drängen! Das hatte ich weiß Gott nicht nötig. Und Roman hätte ich auch etwas mehr Stolz zugetraut. Wozu brauchte er bloß so dringend Geld? Weder der wortkarge Reeder noch die offenherzige Silke hatten mit einer Silbe davon gesprochen. Bei beiden hatten wir den Eindruck, dass sie noch etwas ganz Entscheidendes für sich behalten hatten. Wollten sie Roman schützen? Ihn nicht bloßstellen? Oder schämten sie sich für ihn?
    Die besten

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