Verwegene Herzen (German Edition)
dem vierten Reiter ins Bein. Der Mann schrie vor Schmerz und stieß mit seinem Schwert nach unten, traf jedoch nur den Griff der Axt. Blitzschnell packte Will seinen Arm und riss mit aller Kraft. Obwohl der Soldat auf dem Pferd blieb und sich am Sattelknauf hielt, fiel sein Helm zu Boden.
Rasch sprang Will zurück und nahm den Bogen von seiner Schulter. Er spannte die Sehne. Die Knochen in seiner rechten Hand knirschten. Er schoss einen Pfeil ab, dann noch einen und traf seinen Gegner zwischen die Augen.
Schließlich packte er die Zügel des Pferdes, sprang in den Sattel und drehte sich gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie die Hütte explodierte.
29. Kapitel
Bewaffnet mit Schwert, Pfeil und Bogen,
war Marian die Kühnste …
„Robin Hood and Maid Marian“
Ballade, 17. Jahrhundert
M egs Kopf schmerzte. Sie spürte das Feuer. Hitze umfing ihren Körper, versengte ihre Haut, die Kleidung, ihr Haar. Wind wehte von dort, wo die Wände gewesen waren und überschüttete sie mit einem Funkenregen. Geräusche vermischten sich miteinander und drangen wie aus der Ferne an ihre Ohren, als wären sie verstopft.
„Will!“
Rauch drang in ihre Kehle. Sie hustete und drückte sich den versengten Saum ihres Kleides vor den Mund. Sie konnte nicht um Hilfe rufen, nicht noch einmal. Aber wie gern hätte sie es getan. Durch die Explosion hatte auch sie ihren Orientierungssinn verloren. Die Angst drohte sie zu ersticken, zusammen mit dem giftigen Rauch.
Ihr Fuß war seltsam verdreht und schmerzte. An der Taille trug sie noch immer den Dolch. Ihr Mieder stand offen, versengt genau wie der Saum. Ein Teil ihres Haares war verbrannt, ebenso wie das Band, das den Beutel hielt.
Das Buch .
Mühsam richtete sie sich auf die Knie hoch und begann zu suchen. Gebüsch zerkratzte ihr die Hände. Sie spuckte sich auf die Finger und machte weiter. Wieder musste sie husten. Ihr Kopf schien von dichtem Nebel umgeben. Sie atmete durch dicke Wolle und ließ sich auf die Seite sinken. Dabei stieß sie mit den Knien gegen etwas Hartes.
Der Rand der Feuerstelle. Aber an welcher Stelle des Kreises war sie?
Sie schlug eine Flamme an ihrem Handgelenk aus. Bunte Farben tanzten vor ihren Augen. Entsetzen packte sie. Der Scheiterhaufen. Der Fluss. Und jetzt hatte sie noch viel mehr zu verlieren.
Mit letzter Kraft packte sie das Buch. Fest presste sie es an ihre Brust und versuchte aufzustehen. Ihr wurde heiß, Schwindel schien sie zu packen. Nein, nicht Schwindel. Es war das Feuer. Eine Wand aus Feuer. Sie zog den Kopf ein, stürzte und fühlte die Flammen an ihren Händen. Ihr Entsetzensschrei mischte sich mit dem Feuer und immer mehr Rauch.
„Meg!“
Will stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken und jagte über den Hof. Er rutschte nach rechts und hing jetzt seitlich im Sattel. Verbissen packte er den Stiel der Axt und riss sie aus dem Boden. Der Wald um ihn herum schien zu brennen, und Männer eilten in die Nacht hinaus. Aber er ritt mitten in das Chaos hinein.
Dort, wo die Explosion stattgefunden hatte, ritt er eine Runde, um festzustellen, ob Meg sich vielleicht hatte befreien können. Als er von seiner Frau keine Spur entdecken konnte, warf er Bogen, Köcher und seine Tunika ab. Nachdem er von letzterer einen Ärmel abgerissen hatte, schlang er die Tunika über die Augen des Pferdes und band das große Tier an einer Eiche fest.
Er steckte sich den Ärmel in den Mund und hatte damit die Hände frei, um die Axt zu halten, dann sprang er in die Überreste der Hütte. Die Luft roch nicht nur nach Holz. Es roch nach Schwefel, Essig, dem Schwarzpulver, das Meg gemischt hatte – ob es Zufall oder Absicht war, die Flammen waren dabei, ihr Laboratorium zu vernichten. Ein Dachbalken hing herab. Die drei anderen knarrten und schwankten. Die Binsen, die das Dach bedeckt hatten, waren zu Asche verbrannt, während Balken und Reet in jeder Ecke glühten. Eine Böe wirbelte schwarzglühende Funken gen Himmel.
Er ließ sich zu Boden fallen und kroch weiter, die Axt hinter sich herziehend. Gern hätte er Megs Namen gerufen, aber er wagte es nicht. Rauch brannte ihm in den Augen und mischte sich mit seinen Tränen.
Und dann sah er ihr direkt in die Augen.
Er erstarrte und hielt ihren Blick zunächst für den starren Ausdruck einer Toten. Aber ihre Lider zitterten. Ihre Lippen bewegten sich, ohne dass ein Laut zu hören war, und sie hatte sich fest zusammengerollt.
Er zog sich den Ärmel aus dem Mund und rief sie beim Namen, musste aber
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