Verwegene Herzen (German Edition)
sofort husten. Rasch schob er den Stoff wieder zurück und versuchte, sich zusammenzunehmen und die Krämpfe zu unterdrücken. Meg jedoch antwortete nicht. Er wedelte mit der Hand den dichten Rauch zur Seite und sah, dass Blut in einem dünnen Rinnsal aus ihrem Ohr lief.
Will berührte ihre Wange. Sie formte mit den Lippen seinen Namen und bewegte die Arme. Entsetzen zeichnete ihr Gesicht. Fest drückte er ihre Schultern und bedeutete ihr, sich festzuhalten.
Der herabgestürzte Dachbalken behinderte ihre Flucht. Er zerrte an dem schweren Holz, vermochte es aber nicht zu bewegen. Mit aller Kraft hob er die Arme und ließ die Axt niedersinken. Die Anstrengung, die es erforderte, drei Hiebe zu vollführen, zerriss ihn fast. Rauch umfing ihn. Dann ließ er die Axt ein weiteres Mal niedersinken, dann noch einmal und noch einmal, bis der Balken endlich zersplitterte. Wütend trat er gegen das brennende Holz. Die Balken über ihren Köpfen knarrten und ächzten.
Die Zeit verging, und seine Kräfte schwanden immer mehr. Er ließ die Axt fallen und packte Megs Schultern. Sie hielt ihr Buch umklammert, als wäre es ein kleines Kind.
Will hob sie auf die Arme und stieg über die glühenden Trümmer. Starr hielt er den Blick auf die Dunkelheit hinter den Flammen gerichtet. Sein Herz klopfte wie wild, seine Lungen brannten. Aber er würde sie nicht ansehen. Nicht, bis sie in Sicherheit waren. Nicht, nachdem er ihre verbrannten Hände gesehen hatte.
Auf Loxley Manor brach der Tag an. Die Sonne stand am Himmel, vermochte die dichten Wolken aber nicht zu durchdringen. Marian kleidete sich an, aß ohne großen Appetit und bereitete sich auf die vielen Aufgaben des Tages vor. Erregung durchströmte sie und erfüllte sie mit schwindelnder Energie. Die Vorfreude hatte ihr den Schlaf geraubt.
Ein Bote hatte ihr die Nachricht von Robins baldiger Ankunft überbracht. Es hieß, er würde in weniger als einer Woche wieder zu Hause sein. Sie wollte, dass alles in bester Verfassung war, wenn er heimkam. Ihr gefiel die Herausforderung, die die vielen Aufgaben des Anwesens boten, und mit ihren zahlreichen Helfern hatte sie Robins langjährige Abwesenheit gut überstanden.
Seine Heimkunft bedeutete die Wiedervereinigung mit ihrem Ehemann – ihrem Geliebten und Gefährten –, aber auch, dass sie wieder die Rolle als Dame des Hauses einnehmen würde. Alle schwierigeren Angelegenheiten wie das Schlichten von Streitereien und die Gerichtsbarkeit würden ihm zufallen. Während ein Teil von ihr die Vorstellung genoss, einige ihrer vielen Aufgaben ihm übergeben zu können, würde sie doch die Spannung vermissen, die so viel Verantwortung mit sich brachte.
Auch Unbehagen erfüllte ihre Gedanken und hielt ihre heftige Sehnsucht in Schranken. Beinahe drei Jahre lang hatte sie ihn weder berührt noch gesehen. Drei Jahre Krieg. Und auch den kleinen Robert hatte er seither nicht gesehen. Die Veränderungen, über die sie noch sprechen mussten, beunruhigten sie.
Lärm und Unruhe am Haupttor schreckten sie aus ihren noch etwas schläfrigen morgendlichen Gedanken.
Robin? Ein Eindringling?
Rasch zog sie ein Band über ihren Schleier und richtete das weiße Leinen über die widerspenstigen Strähnen ihres dichten dunklen Haares. An der Taille befestigte sie einen Ledergürtel mit einem Dolch. Obwohl Loxley Manor von vielen treuen Wachen beschützt wurde, ließen sich alte Gewohnheiten nicht so schnell ablegen.
Marian lief die Treppen hinunter zum Eingang, wo die Unruhe sich noch verstärkt hatte. Sechs bewaffnete Wachen versperrten einem Mann den Weg. Ihre Körper verbargen sein Gesicht, während Rufe die morgendliche Stille durchdrangen. Bei einem lauten, deutlichen Ruf stockte ihr der Atem. „Marian!“
Zuerst empfand sie Unglauben. Dann folgten Verwirrung und eine düstere Vorahnung.
Er rief noch einmal ihren Namen.
„Will?“
Sie drängte sich zwischen den aufgebrachten Wachen hindurch. Endlich wichen sie zur Seite und gaben ihr den Weg frei zu dem unerwarteten Gast.
„Will! Die Heiligen mögen uns beistehen!“
Sein Gesicht war von Asche und Schweiß verschmiert. Die beiden scharlachroten Löwen auf seiner Tunika waren vor Schmutz kaum zu sehen. Ein Ärmel fehlte. Auf den Armen trug er eine schmutzige, blutverschmierte Frau, nur notdürftig in ein Unterkleid gewickelt.
„Ich brauche deine Hilfe, Marian.“
Vor Überraschung war sie einen Moment lang sprachlos, doch der flehende Ton in seiner Stimme veranlasste sie zum
Weitere Kostenlose Bücher