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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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war.
    Trotzdem hätte ich es merken müssen. Obwohl ich die ganze Zeit mit den Anzeichen konfrontiert gewesen war, hatte ich sie übersehen. Ich hatte ihr undeutliches Sprechen auf Alkohol und Müdigkeit zurückgeführt und ihre Kopfschmerzen als Kater abgetan.
    Nun könnte sie durch meine Schuld sterben.
    Sophie wusste kaum, wo sie war. Sie konnte gehen, aber nicht ohne Hilfe. Als ich sie gemeinsam mit Monk aus der Kammer führte, wurde mir klar, dass wir nicht den Weg mit den engen Tunneln und verzweigten Passagen nehmen konnten, den wir gekommen waren.
    «Gibt es einen anderen Weg hinaus?», fragte ich, als sie gegen mich sackte.
    Im Licht der Taschenlampe sah Monk furchterregend aus, doch mittlerweile hatte ich mehr Angst um Sophie als vor ihm. Sein Schnaufen klang schlimmer denn je. «Ja, aber   …»
    «Was?»
    «Egal», sagte er und ging los.
    Die Welt schrumpfte auf die schroffen Felsen über und neben mir und auf Monks breite Schultern vor mir zusammen. Der Strahl der Taschenlampe war schwach, doch immerhin konnten wir sehen, wohin wir in der Dunkelheit gingen. Wenn ich jetzt fiel, würde ich Sophie mit mir zu Boden reißen.
    Ich hatte einen Arm um sie gelegt und entlastete sie, so gut ich konnte. Sie wimmerte vor Schmerzen, und als sie mich bat, sie liegen und schlafen zu lassen, war ihre Stimme schwach und undeutlich. Sobald sie zu matt wurde, hielt ich ihr das Riechsalz unter die Nase und versuchte, nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn sie hier unten kollabierte. Und schon gar nicht daran, dass unser Leben von einem Mörder abhing.
    Abseits der luftleeren Wärme der Kammer war es eiskalt. Meine Zähne klapperten, und Sophie zitterte am ganzen Leib. Über den unebenen Boden des Gangs floss Wasser. Ich musste an die Geschichten von Leuten denken, diein überfluteten Höhlen ertrunken waren. In den letzten Wochen hatte es viel geregnet, doch ich sagte mir, dass Monk wusste, was er tat.
    Die Wände des Gangs öffneten sich in eine gewölbte Höhle, in der ein feiner, kalter Dunst die Luft mit einem mineralischen Geruch erfüllte. In dem begrenzten Raum war das Plätschern des Wassers ohrenbetäubend. Im Licht der Taschenlampe sah ich, dass es von den Felswänden strömte und kaskadenartig in ein aufgewühltes Becken stürzte. Fast die gesamte Höhle stand unter Wasser, aber Monk bahnte sich einen Weg entlang des seichten Randes. Auf der anderen Seite war die Felswand direkt über dem Wasserpegel durch einen schmalen, vertikalen Riss gespalten. Mir rutschte das Herz in die Hose, als er davor stehen blieb.
    «Hier durch.» Er musste laut sprechen, um das Wasser zu übertönen. Während ich Sophie festhielt, leuchtete ich mit der Taschenlampe in die Spalte. Sie wurde im Inneren immer enger. «Wohin führt die?»
    «Zu einem Gang, der nach oben führt.» Selbst über das Rauschen des Wassers konnte ich Monks pfeifenden und rasselnden Atem hören. Im schummrigen Licht der Taschenlampe sah er mit seinem verunstalteten Gesicht wie eine wandelnde Leiche aus. «Sind Sie sicher?»
    «Sie wollten einen anderen Weg nach draußen.»
    Damit drehte er sich um und platschte am seichten Rand des Beckens zurück durchs Wasser. «Sie werden uns doch hier nicht alleinlassen?», brüllte ich hinter ihm her.
    Keine Antwort. Der Strahl der Taschenlampe tänzelte über das Wasser, als er sich durch die geflutete Höhle entfernte. Während wir dort gestanden hatten, war der Pegel gestiegen.
    «David   … was   …?»
    Sophie wurde immer schwerer. Ich schluckte meine Angst hinunter. «Alles okay. Es ist nicht mehr weit.» Ich hatte keine Ahnung, ob das stimmte oder nicht. Aber wir hatten keine Wahl. Ich leuchtete mit der Taschenlampe nach vorn, zog sie an mich und zwängte mich seitlich in die schmale Felsspalte. Nach oben verlor sie sich in der Dunkelheit, doch zwischen den Felswänden war höchstens ein halber Meter Spielraum. Da sie mit jedem mühsamen Schritt näher zu kommen schienen, musste ich einen Anflug von Klaustrophobie unterdrücken.
    Im schwachen Licht der Taschenlampe dampfte mein Atem. Nach ein paar Metern schaute ich zurück, aber die geflutete Höhle war schon nicht mehr zu sehen. Doch wir hätten sowieso nicht zurückgekonnt. Es war nicht genug Platz, um sich umzudrehen, und mit Sophie in meinem Arm konnte ich nicht rückwärtsgehen. Mittlerweile zerrte ich sie beinahe hinter mir her und hatte Mühe, sie festzuhalten, während ich mich Schritt für Schritt vorankämpfte.
    Wie weit noch?
Ich sagte

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