Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
im geschlossenen Glied und in guter Ordnung. Als sie den kleinen Wald durchquert hatten und wieder auf die nasskalte Ebene hinauskamen, begegnete ihnen schwedische Reiterei, die hauend und schießend auf sie eindrang; gleichzeitig folgte schwedisches Fußvolk hinter ihnen durch den Wald. Sie waren gefangen. Sie hatten lange genug gekämpft. Nun warfen sie ihre Musketen fort und gaben auf.
Es war ein vollständiger schwedischer Sieg. Nach nur dreistündigem Kampf war die Reiterei der kaiserlichen Armee dezimiert und in alle Winde zerstreut, ihr Fußvolk entweder abgeschlachtet oder gefangen genommen, ihre gesamte Artillerie – 46 Kanonen und 40 Munitionswagen – mitsamt dem ganzen Tross erobert, dazu die Kriegskasse und die eigene rote Kutsche des Erzherzogs, seine geheime Kanzlei, sein Hofstaat und seine kleine Musikkapelle. Die Schweden steckten wie üblich die meisten Kriegsgefangenen in ihre eigenen Verbände und zählten zufrieden ihre Beute; nur die Hofdiener und das Orchester sandte Torstensson mit einer eleganten Geste zu ihrem Herrn nach Prag zurück. (Leopold Wilhelm kehrte nach Böhmen zurück, wo er später ein ganzes Regiment seines geschlagenen Heeres wegen Feigheit vor ein Kriegsgericht stellte, die höheren Offiziere enthauptete, die niederen hängte, jeden zehnten Soldaten arkebusierte und danach den Verband auflöste.)
Die Schweden verzichteten auf die Verfolgung ihrer geschlagenen Gegner. Die Soldaten waren nach den vielen Eilmärschen und dem ständigen Nächtigen unter dem freiem Herbsthimmel am Ende ihrer Kräfte. In der Kriegskasse war auch Ebbe – es herrschte ein solcher Geldmangel, dass Torstensson nicht glaubte, genug zu haben, um all denen, die während der Schlacht feindliche Feldzeichen erobert hatten, die Belohnung zu zahlen, die sie nach altem Brauch erwarten konnten –, und man hatte auch nicht genug Pferde, um alle eroberten Geschütze und Wagen mitnehmen zu können. Außerdem musste man sich um die eigenen Verwundeten kümmern, es waren rund 2000 Mann, die in Dörfern und kleinen Ortschaften rund um das Schlachtfeld untergebracht wurden.
Einer dieser Verwundeten hieß Olof Mattson Spottkrok und war Sergeant im Dalarna-Regiment. Eine Reihe seiner Regimentskameraden war in der Schlacht getötet worden, unter anderem Erik Persson Giöken aus Leksand, Mårten Andersson Flygare aus Mora und Nils Ersson Alltidglad aus Venjan. Der alte Soldat Erik Svensson war in dem Gewühl verschwunden – möglicherweise war er unter jenen, die von den Kettenkugeln zerrissen worden und nicht zu identifizieren waren. Der verletzte Olof Mattson kam aus Nedernora im Kirchspiel Stora Skedvi, südöstlich von Borlänge. Er war seit 19 Jahren Soldat, also seit 1623 . (Er dürfte zwischen 35 und 40 Jahre alt gewesen sein.) Mattson war in Gustav Adolfs Krieg in Polen unter der blauen Dalekarlierfahne mit den gekreuzten Pfeilen marschiert, und nach einem kürzeren Aufenthalt in der Heimat war er als Korporal nach Deutschland verschifft worden. Dort hatte er die Schlacht bei Breitenfeld und später die bei Lützen mitgemacht, in der die Dalekarlier so hohe Verluste erlitten, dass der Verband als felduntauglich angesehen wurde. Mattson und die anderen Dalekarlier hatten später den einbalsamierten Leichnam Gustav Adolfs nach Pommern eskortiert. Sein Dreißigjähriger Krieg sah danach so aus wie der so vieler anderer schwedischer Soldaten: Perioden zu Hause, in denen der Verband zusammengeflickt und aufgefüllt wurde, gefolgt von neuer Ausschiffung und langen Perioden als Besatzung in verschiedenen deutschen Festungen.
Olof Mattson Spottkrok hatte eine Schussverletzung und wurde zur Pflege nach Merseburg, westlich von Leipzig, verlegt. Und dort starb er, bevor der Monat zu Ende war.
Es geschah nicht mehr viel in diesem Jahr. Am 27 . November nahm die schwedische Armee Leipzig ein, und um einer Plünderung zu entgehen, musste die Stadt eine Kontribution von 150 000 Reichstalern zahlen, wovon 30 000 in Form von Tuch für die Soldaten bezahlt wurden. Torstensson hatte gehofft, dass der Fall Leipzigs den sächsischen Kurfürsten Johann Georg veranlassen könnte, vom Kaiser abzufallen, doch das geschah nicht, und um ihn noch weiter zu drängen, in diese Richtung zu gehen, begann das schwedische Heer Mitte Dezember 1642 , Freiberg zu belagern, jene wohlhabende Bergwerksstadt südöstlich von Leipzig, die einzunehmen dem Heer Banérs 1639 nicht gelungen war – und die dieser damals «das elende Rattennest»
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