Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
«Türken und anderen» gerudert – wurden sie wieder über das Meer zurückgebracht. Am 12 . Februar 1656 war er wieder in Venedig.
Sein zweiter Versuch, Jerusalem zu erreichen, war fehlgeschlagen.
Wohlbehalten in die Lagunenstadt zurückgekehrt, fand er die Brüder Cronstierna bereit zum Aufbruch nach Rom. Sie waren offenbar erleichtert, ihren Betreuer wiederzusehen, denn sie versprachen ihm, «folgsam zu sein und ein anderes Leben zu führen», und Erik beschloss, ihnen zu folgen und aufs Neue als ihr Mentor tätig zu sein. Die Reise führte zunächst per Boot und später zu Pferd entlang der Adria-Küste. In Rimini erfuhren sie, dass der Weg, auf dem sie reisten, mehr als unsicher war aufgrund einer Vielzahl von Straßenräubern und Banditen, «die niemandes Leben schonen». In nervöser Eile hasteten sie weiter nach Süden, unterwegs immer wieder durch Galgen und Räder, die hier und da als dunkle Symbole des Verfalls in der Landschaft auftauchten, an die Gefahren des Landes erinnert.
In Ancona kehrten sie bei einem Mann ein, der unter der Fahne des Kaisers in Deutschland gegen die Schweden gekämpft hatte. Seine Reaktion, als er entdeckte, dass seine Gäste Schweden waren, verrät manches über die Einstellung der Zeit zu Krieg und Feindschaft: Er begegnete ihnen ohne eine Andeutung von Bitterkeit oder Hass, sondern gab sich vielmehr besondere Mühe, es ihnen behaglich zu machen. Erik notierte, dass er «gegen die Natur und Gewohnheit der Italiener uns Umgang pflegen ließ, so daß wir mit Musik und anderen Artigkeiten die ganze Nacht lustig waren und wohl traktiert wurden».
Dann überquerten sie den Apennin via Assisi und erreichten schließlich am 9 . März Rom.
Die alte Kaiserstadt stand zu dieser Zeit am Ende einer zweiten Blütezeit, nicht so sehr politisch und definitiv nicht wirtschaftlich, aber ohne Zweifel kulturell. Rom war die Hauptstadt der Gegenreformation, und die freigebig spendierenden und wütend agierenden Päpste Urban VII . und Innozenz X. – der charmante alte Dummkopf, der eine Bannbulle gegen den Westfälischen Frieden geschleudert hatte und im Jahr zuvor gestorben war – hatten versucht, die Stadt in ein Monument für und über die Triumphe des Katholizismus zu verwandeln. Ökonomische Krisen und Versumpfung störten diese frohgemuten, schrecklichen Männer nicht, die über die gewaltigen Mittel der heiligen Kirche verfügten, die Kunstwerke in großer Zahl in Auftrag gaben und die vornehmsten Namen des Barock wie Bernini, Rainaldi, da Cortona und Borromini eine Reihe großartiger Bauwerke errichten ließen. Zahlreiche alte Gebäude bekamen neue Fassaden in dem neuen umständlichen und pompösen Stil, bei dem eine gerade Linie vermieden werden sollte, wenn eine geschwungene benutzt werden konnte; neue Paläste und Kirchen wurden errichtet und der halbfertige Petersdom vollendet. Diese
Roma triumphans
, eine für großartige religiöse Spektakel gebaute Stadt, spiegelte das Gefühl von Stärke und Triumph wider, das die Päpste in einer Zeit von Krieg und erbitterten Glaubenskämpfen demonstrieren wollten. Auch wenn ein Bauwerk wie Santa Maria della Vittoria als Jubelmal zur Feier des Sieges über die böhmischen Protestanten am Weißen Berg errichtet war, so waren die meisten dieser kolossalen Bauten Hypotheken auf künftige Siege, auf die man hoffte, die man in den meisten Fällen aber nie zu sehen bekam.
Zum Zeitpunkt von Eriks Ankunft in Rom war die Stadt eines der hervorragendsten künstlerischen Zentren Europas, vielleicht sogar das hervorragendste, aber das großartige Feuerwerk von Architektur, Malerei und Bildhauerei, das die verschwenderischen Päpste gezündet hatten, war vorüber. Nur der Donner hallte noch nach. Teils hatten sich sowohl die religiösen Gegensätze als auch die Hoffnungen der Gegenreformation auf einen totalen Sieg verringert, teils war die Zeit gekommen, die Marmor-und Kupferflut der voraufgegangenen Jahrzehnte zu bezahlen. Alle Gebäude und die ganze in Auftrag gegebene Kunst waren schwindelerregend teuer gewesen (allein die Vollendung des Petersdoms hatte 1 , 5 Millionen Goldscudi gekostet); außerdem hatte der Dreißigjährige Krieg den Vatikan gezwungen, seine militärischen und diplomatischen Ausgaben zu erhöhen, ohne dass dies zu nennenswerten Resultaten geführt hätte. Der Nepotismus und die reine Korruption, die unter früheren Päpsten vorkamen, waren jetzt mehr oder weniger die Regel – man schätzt, dass unter Paul V. vier Prozent der
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