Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
Vom Netzwerk:
ihn mir mit der Mistgabel vom Leib halten, mit der ich ihm auch einmal eine übergebraten habe. Sogar als ich auf dem Traktor saß, ist er auf mich los. Allerdings musste er dann doch aufgeben.“
    Mit amüsiertem Gesicht sagte sie. „Er dachte wohl, Sie wollten eine seiner Gänse besteigen.“
    Er musste lachen. „So ungefähr. Das Vieh war ziemlich lästig. Sobald ich ihm den Rücken zugedreht habe, hat er mich attackiert.“ Er trank einen Schluck Wein. Als er das Glas wieder absetzte, sagte er: „War eine schöne Zeit dort.“
    „Warum arbeiten Sie dort nicht mehr?“
    Er zuckte mit den Schultern: „Der Hof gehörte einem Pärchen, das überhaupt nicht zusammen passte. Er war Professor an der Uni, so ein typischer Intellektueller, der kein großes Interesse an dem Hof hatte, und sie war eine richtige Pferdefrau, wie man sie sich vorstellt. Naturliebend, engagiert, attraktiv, sie tat alles für den Hof. Sie hielt ihren Mann für einen Weichling. Es gab ständig Zoff. Da wir dort auch wohnten, haben wir ihre ständigen Unstimmigkeiten und Ehekräche mitbekommen, und es herrschte stets eine angespannte Atmosphäre.“
    „Und da kamen Sie als Naturbursche und haben das Interesse der Chefin geweckt.“
    „Ich mochte Richard. Zu mir war er immer fair und anständig. Also bin ich gegangen.“
    „Und was machen Sie zur Zeit?“
    „Ich trage Zeitungen aus und arbeitete nachts öfter an der Tankstelle.“
    „Wie wäre es mit einem Studium?“
    „Ich habe kein Abitur.“
    „Das könnten Sie nachholen.“
    Er lachte. „So jung bin ich auch wieder nicht. Aber vielleicht gehe ich wieder ins Ausland, bewerbe mich als Tierhüter. Die suchen immer Leute mit Erfahrung.“
    „Haben Sie schon mal im Ausland gearbeitet?“
    „Ja, aber nicht als Tierpfleger. Ich habe mich nach der Schule erst einmal zwei Jahre in Europa herumgetrieben und nur so viel gejobbt, dass es gerade zum Leben reichte.“
    „Wo waren Sie überall?“
    „Zuerst zog es mich nach Süden, also Italien, Griechenland, Frankreich, Spanien, Portugal. Dort habe ich auf einem polnischen Frachter angeheuert und bin dann in Finnland gelandet, wo ich mich vor allem in Karelien aufgehalten habe. Von da bin ich weiter nach Norwegen getrampt, schließlich nach Schweden. Bevor ich nach Deutschland zurückgekehrt bin, war ich dann noch in Amsterdam.“ Er seufzte: „Wenn ich jetzt so darüber rede, hätte ich Lust, mal wieder auf Achse zu gehen.“
    „Hindert Sie jemand daran?“
    „Nein, ich habe keine Familie.“
    „Warum tun Sie es dann nicht?
    „Wer weiß? Vielleicht mache ich mich ja bald mal wieder auf die Socken.“
    „Wie lief das mit den Jobs?“
    „Ich hatte Leute, die mir halfen.“
    „Ich nehme mal an, dass diese Leute vor allem Frauen waren.“ Ihre Augen funkelten belustigt.
    „Kann ich nicht leugnen.“ Er räusperte sich und spielte den Schuldbewussten.
    Sie lachte. „Der einsame Wolf, der …“ Der Kellner unterbrach sie und fragte nach weiteren Wünschen. Sie bestellte einen Espresso.
    Harald schloss sich ihr an, und als der Ober gegangen war, sagte er: „Sie wollten gerade etwas über einsame Wölfe erzählen?“ Er sah ihr erst in die Augen und dann auf ihren Mund.
    „So wie Sie mich jetzt anschauen, könnte man Sie tatsächlich für einen Wolf halten, für ein sehr hungriges Exemplar allerdings.“
    „Tatsächlich?“
    „Ja, tatsächlich. Allerdings habe ich kein rotes Käppchen auf.“
    „Oh ja, wenn ich mich als Großmutter verkleide, besuchen Sie mich dann?“
    Schalkhaft blinzelte sie ihn an: „Sie als Großmutter wären wirklich eine Reise wert.“
    Der Kellner brachte den Kaffee.
    Harald grinste: „Ich mag Ihre schlagfertige Art.“
    „Nun, Sie sind auch nicht gerade auf den Mund gefallen.“
    „Ich habe trainiert.“
    Ihre Augenbraue wanderte nach oben. „Wofür denn bloß?“
    Sein Grinsen wurde breiter. „Nicht für das, was Sie jetzt denken. Allgemein. Man muss geistig wendig und flexibel bleiben und vor allem muss man wissen, was man will.“
    „Und was wollen Sie?“
    „Sie!“
    Sie wich seinen Augen nicht aus. Er legte seine Hand auf ihre Hand, und als sie diese nicht wegzog, umfasste er ihr Handgelenk und begann, die Innenseite zu streicheln. „Wir könnten zahlen und dann noch woanders hingehen.“
    „Und wohin möchten Sie mich entführen?“
    „Zu Ihnen?“
    „Ich soll also dem Wolf auch noch meine Tür öffnen?“
    „Och, ich glaube, Sie können sich Ihrer Haut ganz gut erwehren.“
    „Ja, wenn

Weitere Kostenlose Bücher