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Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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das wohl kaum. Manche behaupten sogar, er sei einer
der reichsten Männer in –« Er machte schnell den Mund zu und zwirbelte schuldbewusst
seinen Schnurrbart. Jeder treuherzige Zug verschwand aus seinem rundlichen
Gesicht.
    Dann sprang
er auf und bewegte sich rückwärts zur Tür. »Er hat mich vor Ihnen gewarnt. Er
sagte, Sie seien doppelt so gerissen wie ich, und ich solle nur ja meine Zunge
hüten, sobald ich in Ihre Nähe käme.«
    Gwendolyn
stand auf, stolperte über den Saum des Lakens und entging nur knapp einem
Desaster. »Aber Sie können mir
doch nicht vorwerfen, Mr. Tuppingham, dass ich etwas über den Mann in
Erfahrung bringen möchte, der mich hier als Geisel hält. Ich beschwöre Sie,
bitte gehen Sie nicht.«
    Tupper
drohte ihr mit dem Zeigefinger. »Er hat mich auch davor gewarnt. Wenn es Ihnen
nicht gelänge, mich mit Ihrem Mundwerk auszutricksen, würden Sie mich mit
Ihren entzückenden Grübchen und Ihrem hübschen Gesicht becircen.«
    Gwendolyn
war es gewohnt, der Intelligenz bezichtigt zu werden, aber niemand hatte ihr je
Schönheit oder Charme unterstellt. »Das hat er gesagt?«
    Tupper
wühlte in den Taschen seines Gehrocks und förderte Papier, Feder, Tinten- und
Sandfläschchen zu Tage. »Er sagte, ich solle Ihnen das hierlassen. Sie sollen
eine Liste mit allem, was Sie benötigen, schreiben.«
    Er warf die
Sachen aufs Bett, eilte zur Tür und ließ sie allein. Gwendolyn erkannte das
Papier. Es war das gleiche teure Pergament, das der Drache benutzte.
    Sie
streichelte gedankenverloren die samtigen Bögen. Sie war seit letzter Nacht
kein Stück damit vorangekommen, die wahre Identität des Drachen herauszufinden.
Wenn ihr nur eingefallen wäre, was sie draußen im Burghof gesehen hatte. Aber
ihre Erinnerung ließ sie auch jetzt wieder im Stich, und ihr blieben nur die
Widersprüchlichkeiten, die sie bis jetzt in Erfahrung gebracht hatte. Er war
ein Spieler, der seinen Gewinn verschenkte. Ein Raubein, das sich bemühte, ihr
nicht an den Haaren zu ziepen. Ein Dieb, dem sie vollständig ausgeliefert
gewesen war und der trotzdem nicht versucht hatte, ihr die Unschuld zu rauben.
    Gwendolyn
sank auf das Bett und strich sich mit dem Daumen über die Unterlippe, wie der
Drache es zuvor getan hatte. Was um Himmels willen war nur mit ihr los? War sie
plötzlich so einfältig wie Nessa? Und warum wünschte sie sich, anstatt wütend
über sein unverschämtes Gehabe zu sein, zum ersten Mal in ihrem Leben einen
Spiegel?
    Sie
schüttelte ihre lächerliche Sehnsucht ab, schraubte das Tintenfass auf, tauchte
die Feder ein und fing zu schreiben an. Wenn der Drache sie schon gefangen
hielt, dann würde sie dafür sorgen, dass er das Vergnügen ihrer Gesellschaft
auch teuer bezahlte.

7
    Eine Frauenstimme gellte hysterisch
durch die verlassenen Straßen von Ballybliss. Die Dörfler stürzten in Nachtgewand
und Schlafrock aus ihren Häusern und fanden Kitty Wilder am Ende der
mondbeschienenen Hauptstraße. Sie hielt die Hände auf die Brust gepresst, als
hätte der Pfeil, der zitternd in der Rinde der alten Eiche steckte, ihr eigenes
Herz durchbohrt.
    Drei junge
Männer eilten ihr zu Hilfe, stolperten aber vor Aufregung fast über die eigenen
Füße. Glynnis und Nessa waren als Erste bei Kitty. Die Schwestern nahmen das
zitternde Mädchen wie zwei gluckende Hennen unter ihre Fittiche, und ein
grimmiger Ailbert zog den Pfeil aus der rauen Borke. Die Dorfbewohner flüsterten
fast unhörbar miteinander. Ihr Dorfschmied brauchte ihnen nicht erst zu erklären,
dass das elfenbeinfarbene Pergament am Schaft des Pfeils keine weiße
Friedensfahne war.
    Während der
letzten vierundzwanzig Stunden hatte sich Weyrcraig Castle in unheilvolles
Schweigen gehüllt. Die Dörfler hatten einander versichert, dass der Fluch
gebrochen und der Drache auf und davon sei, um ein anderes unglückliches Dorf
heimzusuchen. Dass sie den Sünden der Vergangenheit eine
weitere düstere Schandtat hinzugefügt hatten, hatte manch einer befürchtet,
aber keiner zu sagen gewagt. Dann verwischte die warme Frühlingssonne die
Spuren der stürmischen Nacht und ließ ihnen den Wahn, der sie auf ihrem
nächtlichen Marsch zum Schloss erfasst hatte, wie einen schlechten Traum
erscheinen.
    Aber die
Folgen des ganzen Irrsinns ließen sich nicht verleugnen – Gwendolyn Wilder war
fort, und ihr armer, alter Vater würde
den Rest seiner Tage damit verbringen, vergeblich nach dem vertrauten Geräusch
ihrer Schritte zu lauschen.
    Mit dem
Pergament in der Faust

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