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Verzaubertes Verlangen

Verzaubertes Verlangen

Titel: Verzaubertes Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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lugte ein zierliches Paar Damenschuhe hervor. Die Schuhe waren in einem Stil, der seit mindestens zwei Jahren aus der Mode war.
    Unerwartet wallte Mitleid in ihr auf. Armer Burton. Er hatte entweder nicht erkannt, wie wichtig es war, immer mit der neuesten Mode zu gehen, oder er hatte es sich nicht leisten können, die Schuhe auszutauschen, wenn sich der Zeitgeschmack änderte.
    In ihrem eigenen Atelier hatte sie drei Paar Damenschuhe. Alle waren nach der neuesten Mode gearbeitet und bedeutend eleganter als das Paar hier in Burtons Studio. Aber
eins hatten sie mit Burtons Schuhen gemeinsam. Sie waren für die kleinsten und zierlichsten Frauenfüße gemacht.
    Sie war sicher, dass Burton aus der gleichen praktischen Überlegung in die Schuhe investiert hatte, die auch sie dazu gebracht hatte, drei Paar zu kaufen, in die kein Mitglied ihrer Familie jemals seine Füße zwängen könnte. Zierliche, elegante Fußbekleidung erwies sich als ausgesprochen nützlich, wenn man es mit einer Kundin zu tun hatte, die ein Ganzkörperporträt wünschte, das nicht ihre eigenen großen Füße zeigte.
    Man platzierte einfach die kleineren Schuhe vor den Füßen der Porträtierten und arrangierte ihre Röcke so, dass nur die Spitzen des anmutigeren Paars unter dem Saum des Kleides hervorlugten. Es ersparte eine Menge Retuschieren.
    Auf einem Tisch nahe der Tür lagen zwei gerahmte Fotos. Das Glas beider Rahmen war zersplittert. Neugierig trat Venetia näher, um sie sich genauer anzuschauen.
    Ein einziger Blick genügte, um zu bestätigen, wie tief Burtons Feindseligkeit ihr gegenüber gewesen war.
    Bei den Fotografien handelte es sich um Landschaftsbilder der Themse. Venetia erkannte beide wieder. Burton hatte sie bei einer von Farleys Ausstellungen eingereicht. Venetias Bild, Themse bei Morgengrauen , hatte bei der betreffenden Ausstellung den ersten Preis gewonnen. Burton hatte die Galerie an jenem Abend wutschnaubend verlassen. Sie konnte sich gut vorstellen, wie er mit seinen leer ausgegangenen Fotografien unter dem Arm in sein Atelier zurückgekehrt war. Höchstwahrscheinlich war er hier hereingestürmt und hatte die Bilder mit solcher Wucht auf den Arbeitstisch geknallt, dass das Glas zersplittert war. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Scherben wegzufegen.
Vielleicht hatte es ihm ein perverses Vergnügen bereitet, sie jeden Tag anzusehen und daran erinnert zu werden, wie sehr er eine gewisse Mrs. Jones hasste.
    Sie wandte sich von dem beunruhigenden Tableau auf dem Arbeitstisch ab. Ihre Schuhspitze stieß gegen etwas auf dem Boden. Eine Eisenstange rollte klappernd über die Dielenbretter. Das Geräusch war unnatürlich laut in der noch unnatürlicheren Stille.
    Venetia erstarrte, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ganz ruhig , ermahnte sie sich. Das Geräusch war viel zu leise, um außerhalb des Ateliers gehört zu werden.
    Nach einer Weile verlangsamte sich ihr Pulsschlag wieder. Sie schaute nach unten und sah einen langen eisernen Kopfhalter mit Ständer. Im Zeitalter der Daguerreotypien und Ferrotypien waren derartige Gerätschaften benutzt worden, um den Porträtierten während der Aufnahme in seiner Pose zu halten. Die Einführung neuer, lichtempfindlicherer Negative und verbesserter Kameras hatte die Kopfhalter aus technischer Sicht überflüssig gemacht, doch viele Fotografen benutzten sie weiterhin, um den Porträtierten vollkommen reglos zu halten. Es war immer eine große Versuchung, einen Kopfhalter anzulegen, wenn man das Porträt eines zappeligen kleinen Jungen aufnahm.
    Venetia durchquerte den Raum und öffnete eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Der beißende Gestank von Chemikalien, die zu lange in einem schlecht belüfteten Raum aufbewahrt worden waren, ließ sie beinahe ohnmächtig werden.
    Es sah Burton ähnlich, alle Ratschläge in den Fachjournalen bezüglich der sicheren Unterbringung seiner Dunkelkammerchemikalien in den Wind zu schlagen, dachte sie.
Kein Wunder, dass er von chronischem Husten geplagt gewesen war. Wahrscheinlich hatte er sich täglich mehrere Stunden am Stück in dieser engen Kammer ohne Belüftung eingeschlossen und die konzentrierten Dämpfe eingeatmet. Sie seufzte. Das war ein weit verbreitetes Problem in einer Branche, die so viele Gefahren barg.
    Sie hielt die Tür einen Moment lang sperrangelweit auf, damit sich die Dämpfe zumindest ansatzweise verflüchtigen konnten, dann betrat sie die Dunkelkammer. Das schummrige Licht fiel schräg in den winzigen Raum und

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