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Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Verzeihung, sind Sie mein Koerper

Titel: Verzeihung, sind Sie mein Koerper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christl Lieben
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ihrem Weg begleiten durfte. Ich habe viel von ihnen gelernt. (CL)

Was geschieht mit den Symptomen in den Aufstellungen?
    Während unserer jahrelangen Erfahrung mit Körper – und Symptomaufstellungen haben wir beobachtet, dass das Verhalten der Repräsentanten von Symptomen in Aufstellungen recht unterschiedlich sein kann, dass es dabei jedoch gewisse Gesetzmäßigkeiten gibt.
    Alle Symptome reagieren ungünstig darauf, wenn sie missachtet, nicht gesehen, mit Schimpfnamen versehen oder einfach zum Verschwinden aufgefordert werden. Man könnte vereinfacht sagen: Symptome verhalten sich wie Menschen, die ebenfalls geachtet und gewürdigt werden möchten, deren Einsatz für andere gesehen werden soll und die sich nicht mit Schimpf und Schande verjagen lassen wollen.
    Würdigung und Anerkennung werden in Aufstellungen vor allem durch Gesehen-Werden ausgedrückt, manchmal auch durch entsprechende rituelle Sätze, wie zum Beispiel:
■ Ich sehe dich.
■ Jetzt seh ich dich zum ersten Mal.
■ Jetzt seh ich dich erst so richtig.
■ Es ist noch neu, dich hier (oder so) zu sehen.
■ Es fällt mir ganz schwer, dich anzuschauen.
■ Ich kann es kaum ertragen, dich anzusehen.
    Den Großteil dieser Sätze und den achtsamen Umgang damit habe ich von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer gelernt (Varga von Kibéd/Sparrer 2009). Wird ein Symptom so gesehen und geachtet, bekommt man eher Auskünfte darüber,
welche Botschaft oder welche Bedeutung ihm innewohnen könnte.
    Häufig verwandelt sich ein Symptom in etwas anderes. Ein Beispiel dafür finden Sie in dem Kapitel Aufstellungsbeispiele aus der Praxis , S. 69 f, wo sich eine chronische Augenentzündung in eine gute Fee verwandelte.
    Als häufige Verwandlungen beobachten wir Qualitäten wie:
■ Lebenslust,
■ das Leben vollnehmen,
■ oder andere Ressourcen.
    Ebenso häufig gibt es Verwandlungen in Personen.
    Â 
    Manchmal wollen Symptome auch den Raum verlassen, »hinaus«gehen oder sich einfach zurückziehen.
    Wir halten uns dabei mit Bedeutungsgebungen weitgehend zurück bzw. überlassen diese ausschließlich den Klienten und Klientinnen.
    Nicht selten habe ich erlebt, dass ein Symptom bei gewissen Entwicklungen in der Aufstellung sich zum Gehen anschickt oder die ersten Schritte tut, sich dann aber anders besinnt und gewissermaßen »auf Abruf« bleibt.
    In solchen Fällen ist damit meist eine Anerkennung der »Leistung« des Symptoms angebracht.
    Dazu ein Beispiel: Eine Klientin litt an schlimmer Migräne, die etwa zwei – bis dreimal pro Monat auftrat und Bettruhe und starke Reduktion ihrer Aktivitäten einforderte. Nach insgesamt drei Symptomaufstellungen im Abstand von mehreren Monaten war die Migräne fast vollständig »verschwunden«, tauchte aber noch einmal innerhalb eines Monats auf, allerdings wesentlich abgemildert.
    Ich erinnere mich noch, damals in der vorletzten Therapiestunde gesagt zu haben: »Wahrscheinlich werden Sie einen
kleinen Rest von Migräne behalten müssen, der Sie erinnert, wenn Sie sich wieder zu sehr engagieren ...«
    Wir vereinbarten dann noch einen Termin drei Monate später – als »Kontrolltermin«, so die Klientin.
    Sie kam zum »Kontrolltermin« und erzählte mir lachend, dass sie sich in der Stunde davor über mich geärgert hätte, weil ich gesagt hätte, die Migräne müsse vielleicht noch bleiben. Nun wollte sie mir beweisen, dass dies nicht der Fall wäre. Und tatsächlich hatte sie in den vergangenen drei Monaten keinen einzigen Migräneanfall gehabt. Stattdessen berichtete sie von neuen Haushaltsvereinbarungen mit ihrem Verlobten, von der bevorstehenden Hochzeit, von einer großen Prüfung, die sie mit Bravour bestanden hatte.
    Bis heute kann ich nicht sagen, was genau »den letzten Rest von Migräne« zum Verschwinden gebracht hat. Interessant finde ich aber die Konstruktion, die meine Klientin dafür gefunden hatte.
    In anderen Fällen beobachten wir – ebenfalls nicht selten –, dass Symptome bleiben, auch bleiben wollen, manchmal erscheint es sogar als ein »Bleiben-Müssen«.
    In solchen Fällen dürfen wir Therapeuten und Therapeutinnen nicht in die Haltung verfallen, die ich »den Größenwahn des Alles-heilen-Könnens« nenne.
    Nicht wir heilen, sondern, falls Heilung stattfindet, geschieht sie in unseren

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