Verzeihung, sind Sie mein Koerper
bewege wieder passiv ihren Unterarm. Ihre Greifbewegungen werden leichter, auch ein Zeichen des sich allmählich befreienden Unterarms. Das übernächste Mal â wieder nach einer kurzen Massage und Erinnerungsaufstellung â geschieht das Wunder. Ich werde es nie vergessen. Greti zieht mit ihrem Unterarm selbstständig zarte Kreise, ganz ohne meine Hilfe. Sie schaut dabei in höchster Anspannung auf mich. Mein Jubel kennt keine Grenzen, alle im Raum laufen zusammen und für jeden lässt sie ihren Unterarm kreisen. Sie ist der Star.
Langer Rede kurzer Sinn: Greti malt â mit dem Mund â Kreise für die Ausstellung!
Ist meine Rechnung aufgegangen? Oder war es ein glücklicher Zufall?
Wir hinterfragen ihren Zustand erneut durch eine repräsentierende Aufstellung. Diesmal ist Sonja, eine der Betreuerinnen,
meine Arbeitspartnerin. Sonja ist verunsichert, weil Greti in letzter Zeit sehr widerspenstig ist. Wir stellen auf:
â Gretis gebundenes Bewusstsein,
â Gretis freies Bewusstsein,
â Sonja.
Sehr rasch stellt sich heraus, dass Gretis derzeitige »Sturheit« nichts mit Sonja zu tun hat, sondern mit einer Situation in ihrem Wohnheim. AuÃerdem bekommt sie zunehmend Kontakt zu ihrem freien Bewusstsein, kann das aber nicht ganz einordnen. Aus beiden Gründen ist ihre Rundumverweigerung sicher eine erfolgreiche Strategie des Schutzes.
Diesmal gehe ich erstmalig einen Schritt weiter in der Begleitung der Aufstellung und spreche Gretis gebundenes Bewusstsein anders an. Ich fordere sie heraus und bitte sie, sich ihren Weg in eine Heilung vorzustellen, was immer diese Heilung auch sein mag.
Sonja, in der Position der »gebundenen Greti«, nickt, kann diesen Weg sofort wahrnehmen. Er geht in Richtung freies Bewusstsein, aber nicht direkt darauf zu, sondern knapp rechts daran vorbei. Ich bitte sie, den Platz des gebundenen Bewusstseins von Greti â so wie es zum gegebenen Zeitpunkt ist â zu verlassen und im Zeitlupentempo zu beginnen, den Weg in eine eventuelle »heilere« Zukunft zu gehen. Im Zeitlupentempo aus zwei Gründen: erstens, um ihr Bewusstsein nicht zu überfordern durch überfallartige Eindrücke und zweitens, damit ich die Stadien dieses Weges genau erkennen kann.
»Greti gebunden heute« setzt sich in Bewegung, die Angst vor dem Leben wird immer gröÃer, schlieÃlich kann sie kaum mehr weitergehen. Links neben dem Weg in Richtung Heilung steht ihr freies Bewusstsein, wohl als stille Unterstützung. Denn »Greti gebunden heute« geht weiter und es wird
leichter, immer leichter. Sie richtet sich auf und bewegt sich sicherer. Ich bitte sie, zurückzuschauen, dorthin, wo sie ihren Weg begonnen hat. Sie ist jetzt nicht mehr »Greti gebunden heute«, sondern hat sich verwandelt in »Greti auf dem Weg«. »Greti auf dem Weg« schaut auf den Platz der »gebundenen Greti heute« zurück, den ich mit meiner Hand repräsentiere, und sieht dort so etwas wie eine Schwester aus der Vergangenheit stehen. Sie möchte nicht zurück.
Was bedeutet das für eine zukünftige Arbeit mit Greti, was bedeutet es für sie und ihr Leben? Ist das eine Information, die so tief unter ihrem für sie erreichbaren Bewusstsein liegt, dass wir ihr in Greti selbst nie begegnen werden? Was für eine Heilung könnte es sein, auf die Greti zugegangen ist?
Ich hätte die Heilung stellen können, um eventuell Information über ihre Qualität zu bekommen, aber irgendwie hatte ich Scheu davor. Jetzt geht es um den Weg, er bestimmt das Ziel. Das Ziel selbst ist ein Geheimnis, das nur Gretis Seele kennt. Sie wird es uns enthüllen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist â falls er kommt. Die letzte Aufstellung hat die Ahnung eines neuen Weges gezeigt â aber was dann?
Ich hatte noch eine Menge Gedanken und Kommentare zu der Arbeit mit Greti notiert. Jetzt lösche ich sie. Das ist gut so. Die Geschichte spricht für sich. Während der Arbeit habe ich Hypothesenbildungen in mir nicht verhindern können und bin ihnen auch nachgegangen. Es hat sich ein »Weg« mit Greti ergeben. War es ihr Weg, war es mein Weg, war es unser gemeinsamer Weg?
Wir, Greti und ich, haben eineinhalb Jahre für diesen Weg gebraucht, der für mich unendlich kostbar war und ist.
In tiefem Respekt vor dem Schicksal dieser Menschen möchte ich mich bei ihnen dafür bedanken, dass ich sie ein kleines Stück auf
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