Veyron Swift und das Juwel des Feuers
Tausende von Zelten lagen in der Senke zweier Hügel, viele dutzend Feuer brannten, krumme, lärmende Gestalten lungerten überall herum. Das Jaulen und Bellen von Fenrissen schallte zu ihnen herauf. Tom erschrak, als er feststellte wie riesig diese Armee war. Es mussten ja tausende sein! Veyron schätzte die Zahl der Armee auf gut und gerne achttausend Mann, vielleicht sogar noch mehr, falls sich ihr Lager in den Schatten der Hügel fortsetzte.
Links von ihnen reichte ein kleines Wäldchen aus dichtem Strauchbewuchs den Hang hinunter. Veyron gab Tom ein Zeichen. Sie duckten sich und verschwanden im Unterholz. So lautlos wie möglich krochen sie unter den Sträuchern hindurch, unbemerkt gelangten sie bis an den Rand des Schrat-Lagers. Wachen waren weit und breit keine zu sehen. Plötzlich ertönten laute, missklingende Hörner. Die Schrate erhoben sich, bellten, fauchten, kreischten und verließen ihre Lagerstellen.
»Sie greifen an«, fürchtete Tom.
»Irrtum, sie sammeln sich zum Abmarsch«, korrigierte Veyron flüsternd.
Vorsichtig schlichen sie sich aus dem Versteck, drangen in das halb geleerte Lager ein. Sie huschten von einem Zelt zum anderen, blitzschnell in alle Richtungen blickend. Das Lager der Schrate war ganz anders, als das der Talarin. Die Stoffplanen bestanden aus zusammengenähten Fellen. Entsprechend der Natur der Schrate standen die Zelte windschief herum, getragen von krummen Stangen aus Metall oder Holz. Auf dem Boden fand sich allerhand Unrat. Tom und Veyron mussten aufpassen, wohin sie traten, auch um sich nicht irgendwo zu verletzen.
»Was machen wir hier eigentlich?« fragte Tom leise zischend. Der Gestank, der ihm in die Nase drang, war fast nicht auszuhalten. Es roch nach verbrannten, verfaultem Fleisch und jeder Menge anderem Zeug, dass er sich bei diesem Geruch besser gar nicht erst vorzustellen wagte.
»Wir warten auf den Durchgang!« gab Veyron zurück. Er sah sich aufgeregt um und deutete nach vorn.
»Es müsste eigentlich jeden Augenblick soweit sein. Wenn ich Nemesis wäre, würde ich den zweiten Hügel da wählen, allein schon wegen der theatralischen Wirkung.«
Einmal mehr sollte er recht behalten. Sie mussten tatsächlich nicht lange warten. Wie aus dem Nichts schossen plötzlich grünliche Blitze durch die Nacht, zuerst in unbestimmte Richtungen, dann wurden es rasch mehr und mehr. Sie vereinigten sich zu einem einzigen Punkt, der sich in einer schmalen Linie schnell über der Hügelkuppe ausdehnte. Es gab einen infernalischen Lärm, als wenn tausende Gewitter zugleich aufeinander trafen. Im nächsten Moment weitete sich die Energielinie und formte einen leuchteten Bogen, der die ungefähre Form eines Auges besaß. Die Fläche dazwischen schien wie aus Spiegelglas gemacht. Wie angewurzelt standen die Schrate da und staunten. Einige fielen sogar auf die Knie, reckten die Arme in die Luft und jubelten.
»Der Dunkle Meister ist zurück!« brüllten sie, »der Dunkle Meister ist wieder da!«
Veyron fand, dass sie dem Schauspiel inzwischen lange genug zugeschaut hatten.
»Jetzt oder nie!« rief er, sprang hinter seiner Deckung hervor und rannte los, dicht gefolgt von Tom. Die beiden stürmten mitten durch das Lager, über herumliegende Gegenstände hinweg, vorbei an kleinen Feuerstellen und überrascht dreinblickenden Schraten. Tom wunderte sich, dass die Ungeheuer nichts unternahmen. Sie standen einfach nur da, glotzten sie mit ihren kranken, gelben Augen an. Die Strolche schienen es gar nicht fassen zu können, dass inmitten ihres heiligsten Moments böswilliger Verheißung zwei Feinde aufkreuzten und den Hügel stürmten, dem Durchgang ihres Meisters entgegen.
Tom und Veyron hatten bereits den halben Weg hinter sich gebracht, als die Schrate aus ihrer Lethargie erwachten. Es wurde gebrüllt und gejohlt, Truppen rannten hierhin und dorthin, Pfeile wurden abgeschossen - überall hin, nur nicht auf die beiden Menschen.
»Feinde! Überall Feinde!« hörte Tom die Schrate kreischen, »Sie haben uns umzingelt!«, »Sie kommen den Hügel runter!«, »Schickt zuerst die Fenrisse vor!«
Es herrschte das reinste Durcheinander. Die starken Hauptmänner zückten ihre Peitschen, brachten mit brutaler Gewalt wieder Ordnung in die Reihen. Einige wagemutige und besonders zornige Schrate stürmten hinter den beiden Menschen her, schwangen drohend Keulen und Schwerter. Doch Toms und Veyrons Vorsprung war zu groß um sie noch einzuholen. Sie erreichten die Hügelkuppe und hielten vor
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