Veyron Swift und das Juwel des Feuers
wäre an allem schuld gewesen; wegen seiner eigenen Blödheit. Zum Glück hatte Tamara seine Lüge durchschaute noch. Er sah hinüber zu Xenia, die betroffen in den Boden starrte und dann Veyron einen kurzen Blick zuwarf. War das Dankbarkeit oder Schuldbewusstsein, was Tom da aus ihrem Gesicht las? Er konnte es nicht genau einordnen, er war zu sehr mit seinem eigenen schlechten Gewissen beschäftigt.
»Es tut mir leid. Ich habe nicht nachgedacht, es ist meine Schuld«, jammerte er, noch immer um Fassung ringend. Veyron klopfte ihm auf den Rücken, stand auf und rieb sich die gerötete Stelle im Gesicht.
»Immerhin haben wir die Saat der Zwietracht gesät, ganz subtil und raffiniert. Das war zwar nicht unbedingt jetzt geplant, doch gehört es zu meiner Strategie. Aber sprich dich das nächste Mal vorher mit mir ab«, raunte er Tom ins Ohr.
»Sie hätten dabei draufgehen können«, meinte Tom entsetzt. Veyron zuckte mit den Schultern.
»Kalkuliertes Risiko. Ich wusste, dass Tamara mich die ganze Zeit gesehen hatte. Von ihrem bisherigen Verhalten ausgehend, nahm ich an, dass sie meine Hinrichtung irgendwie verhindern würde – zu recht, wie sich gezeigt hat. Ich gebe zu, es war ein wenig spontan, aber die Gelegenheit war günstig.«
Tom schüttelte verständnislos den Kopf. Schließlich fiel ihm wieder ein, was er kurz zuvor erlebt hatte.
»Ich habe etwas im Wald gesehen. Ein junges Mädchen, vielleicht so alt wie ich. Ich glaube, sie ist uns gefolgt und beobachtet uns«, sagte Tom, um endlich dieses entsetzliche Thema zu wechseln.
»Es befanden sich keine Kinder an Bord von Flug 327. Du warst mit Abstand der Jüngste«, konterte Veyron. Tom zupfte ihn am Ärmel und zog ihn zu sich herunter.
»Es war ein Elbenmädchen«, flüsterte er ihm ins Ohr. Veyron machte große Augen.
»Wirklich? Eine Elbin? Bist du sicher?«
»Klar. Ich träum doch nicht.«
Veyron sagte nichts, aber Tom konnte sehen, wie sein Gehirn jetzt so richtig warm lief und die Gedanken darin geradezu explodierten.
»Dann besteht jetzt absolut kein Zweifel mehr. Wir sind in Elderwelt. Ungewöhnlich, dass sich eine Elbin zu erkennen gibt. Normalerweise zeigen sie sich den Menschen nicht. Sie meiden uns wo sie nur können. Wahrscheinlich war es die Neugier der Jugend. Halte Ausschau, eventuell versucht sie ein zweites Mal mit dir Kontakt aufzunehmen. Kannst du überhaupt Elbisch? Wenigstens ein paar Worte?«
Tom schüttelte den Kopf.
»Nein, natürlich nicht. Woher auch?«
Veyron seufzte enttäuscht. Er drückte in väterlicher Geste Toms Schulter und sie kehrten zu den anderen Geiseln zurück.
Ihr Lager war innerhalb von Minuten abgebaut, die Decken zusammengerollt und verschnürt. Die Geiseln erhielten ein wenig zu trinken, aber nichts zu essen, trotz Protesten von Fizzler und Jessica, die nach der Androhung von Waffengewalt sofort wieder verstummten. Alec legte die Richtung fest. Sie führte über die Ebene und weiter die nächste Anhöhe hinauf.
Der Marsch ging langsamer vorwärts als gestern, da die Geiseln noch immer müde und obendrein hungrig waren. Toms vermeintlicher Fluchtversuch und die Eskalation danach, machten die Mitglieder vom Roten Sommer vorsichtiger und gnadenloser. Fizzler wurde von Said und Claude vorwärts getrieben, die ihn immer wieder anfauchten weiterzugehen, wenn er einmal kurz stehen blieb um zu verschnaufen. Der blasse Punk registrierte die beiden scheinbar gar nicht, kämpfte sich keuchend weiter und führte mit sich selbst wirre Diskussionen. Veyron vermutete, dass dies mit dem Nachlassen der Drogen zusammenhing. Es war der Beginn schwerer Entzugserscheinungen und er warnte Tom, dass da noch eine Menge Ärger auf sie zukam.
Der Gruppe mit Fizzler folgte mit etwas größerem Abstand Nagamoto, der wieder die Trage mit Wittersdraught schleppen musste. Harry war nun wach und bemerkte pausenlos, wie groß die Bäume hier waren. Auch bei seinem Verstand machte sich die ungünstige Kombination aus Morphium, Schmerzen und einem beginnenden Fieber bemerkbar. Jessica redete mit ihm über allerlei verschiedene Dinge, versuchte ihn wach zu halten. Carlos wankte hinter den dreien mit stetig wachsendem Abstand her. Ihm folgte Xenia, die allein durch den Wald stapfte, still vor sich hin brütend. Alec hatte ihr das Vertrauen entzogen und ihr keine Geisel mehr zur Bewachung anvertraut. Veyron beobachtete sie genau und auch Tom warf ihr neugierige Blicke zu. Verfluchte sie im Geheimen Alec für sein mangelndes Vertrauen
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