Viel Laerm um Stratfield
kampfunfähig machen. Dominic trat zurück. Schweiß brannte ihm in den Augen, er senkte den Arm.
„Für Samuel. Für Brandon. Jetzt können die Behörden entscheiden, wie sie mit dir verfahren wollen. Du musst für deine anderen Verbrechen büßen. Sei froh, dass ich dich nicht umgebracht habe. Ich habe darüber nachgedacht."
Schweigend stand er da und sinnierte über das, was geschehen war. Er hatte Edgar töten wollen. Im letzten Augenblick hatte ihn irgendetwas davon abgehalten - ein wenig Menschlichkeit, die offensichtlich noch in ihm steckte.
In diesem Moment hörte er ein leises Knacken der schweren Dielen über ihm. Edgar ließ seinen Degen fallen und sank nach hinten in die knochigen Arme des Skeletts, das an die Wand gekettet war. Durch den Aufprall wurde eine der Handschellen aus dem verrotteten Holzbalken gerissen.
Dominic zündete eine Kerze an und blickte ohne Mitleid auf die makabere Szene. Sein Onkel sank auf die Knie und zog das grinsende Skelett mit sich in den Dreck. Bei dem Anblick wurde Dominic übel. Von all dem, was ihn so weit gebracht hatte, wurde ihm übel. Er hatte getan, was er tun musste, und jetzt fühlte er sich ausgelaugt. Er musste unbedingt von hier fort.
Schon hatte er sich zur Treppe gewandt, da hielt er bei dem seltsamen Geräusch, das hinter ihm ertönte, ein letztes Mal inne. Mit ungläubigem Blick sah er sich um.
Jetzt, wo das Skelett befreit worden war, erklang in der Wand das hohle Klirren einer Kette, die sich löste, gefolgt von dem Klicken eines rostigen Scharniers, das an der Decke aufsprang.
„Eine Falle", stellte er fest und beobachtete in ungläubigem Entsetzen, wie eine hölzerne Falltür eine erdrückende Ladung Steine auf seinen Onkel herunterregnen ließ. Steine und Mörtel flogen überallhin und füllten das Loch mit Staubwolken. Der Dreck stach Dominic in den Augen und verstopfte seine Nase, während er aus Angst, dass die ganze verdammte Höhle einstürzen könnte, die Flucht ergriff.
Der Staub legte sich wie ein Leichentuch über die Szene in der Gruft. Die Balken, die die restlichen Wände stützten, schienen stabil zu sein.
Von Steinen erdrückt, lag Sir Edgar auf dem Boden vergraben, nur sein Degen glänzte noch im Staub. Auf der letzten Stufe verlangsamte Dominic seinen Schritt, um seinem stummen Gefährten, dem Knochenbaron, einen letzten Gruß zu entbieten.
„Nun, jetzt sind wir beide endlich frei, guter Freund, aber es scheint mir nicht rechtens, dich in einer so würdelosen Position hier zurückzulassen. Nicht nachdem wir so viele Vertraulichkeiten miteinander geteilt haben. Du hast dir wenigstens ein anständiges Begräbnis verdient, weil du dir meine Leidensgeschichte so geduldig angehört hast. Das habe ich dir versprochen."
„Und da komme ich ins Spiel." Ein Lichtstrahl drang aus dem Spalt in der Wand nach unten. Oben stand Finley und spähte mit einem erleichterten Grinsen zu seinem staubbedeckten Herrn herunter. „Wie es aussieht, haben Sie eine Leiche, die fortgebracht werden muss, Mylord."
Dankbar blickte Dominic zu dem zerschrammten Gesicht des irischen Wildhüters hinauf. „Finley, du kommst wirklich zur rechten Zeit! Sei vorsichtig mit dem Skelett, ja? Der arme Kerl hat lange genug gelitten. Und was meinen Onkel betrifft, nun, er wird nie wieder jemandem Schmerzen zufügen."
26. KAPITEL
Chloe und Finley hatten gerade die Bibliothek verlassen, als ein tiefes Donnern aus den Wänden des Hauses dröhnte. Es war ein markerschütterndes Geräusch, wie das warnende Stöhnen der Hölle, die losbrach. Chloes Herz schien stehen zu bleiben, als sie die scheinbar endlose Treppe zur langen Galerie hinaufrannte. Finley überholte sie, doch Ares blieb an ihrer Seite.
Sie waren nicht alleine.
Hinter ihr kehrten gerade die Dienstboten von Stratfield Hall aus der Kirche zurück. Ihre Karren klapperten durch das geöffnete Tor. In ein paar Minuten stünden sie wieder bereit, um die Befehle ihres Herrn entgegenzunehmen. Die Haushälterin würde sich die Schürze umbinden und Sir Edgar fragen, ob er das Mittagessen im Speisezimmer oder lieber in seinem Arbeitszimmer einnehmen wollte.
Es sei denn, Sir Edgars Tage an Dominics Tisch waren vorüber. Chloe gönnte sich am oberen Ende der Treppe keine Pause, um wieder zu Atem zu kommen. Sonnenlicht strömte durch die Fenster der Galerie. Aber die Stille fühlte sich beunruhigend an, noch schlimmer als das Donnern, das ihr vorangegangen war. Der Eingang zu Dominics Versteck stand weit offen und
Weitere Kostenlose Bücher