Vielleicht will der Kapitalismus gar nicht, dass wir gluecklich sind
in the same rebelliously fashion-defying teenager garb every day« (Wolfe 2013).
22 Goldman Sachs jubelte beim Börsengang den Kurs von Facebook nach oben und verkaufte dann einen großen Teil seiner Aktien. Danach half Goldman Hedgefonds, gegen Facebook zu wetten, was so gar nicht im Interesse der Kunden war, denen sie zuvor die Aktie verkauft hatten (vgl. Kuls 2012).
23 Der ausgebildete unitarische Theologe Charles Darwin erklärte, dass das Leben ein »Kampf ums Dasein« sei. Auf seine Evolutionstheorie war er durch die industrielle Revolution in England »gut vorbereitet worden«, wie Darwin in seiner Autobiografie 1878 bekennt. Die Geistlichkeit widersprach zunächst, dass der Mensch vom Affen abstammt. Aber die inherente Nützlichkeitslehre passte zum Puritanismus sehr gut: Es überlebt, wer seinen Nutzen maximiert. Wer sich nicht bewährt, geht verdientermaßen unter, also auch die indigenen Völker. Schumpeters »schöpferische Zerstörung«, die das Ausradieren ganzer Berufssparten als kreativen Akt der Wettbewerbsgesellschaft feiert, atmet denselben Geist. Anklänge an die calvinistische Prädestination sind auch bei Ernst Häckel unüberhörbar: »Alle sind berufen, aber wenige auserwählet! Die Selektion der ›Auserwählten‹ ist eben notwendig mit dem Untergang der übrig bleibenden Mehrzahl verknüpft.« Marx bemerkte zu Darwin süffisant: »Es ist merkwürdig, wie Darwin unter Bestien und Pflanzen seine englische Gesellschaft mit ihrer Teilung der Arbeit, Konkurrenz, Aufschluss neuer Märkte, Erfindungen und Malthusschen Kampf ums Dasein wiederfindet« (Marx und Engels 1974, S. 249).
24 Greenspan gehörte zu Rands innerem Kreis, der sich ironisch »Das Kollektiv« nannte. Rand kritisierte die Aufgabe des Goldstandards in den 30er Jahren, weil dadurch die Wohlfahrtsstaatler »das Bankensystem als Instrument zur unbegrenzten Kreditvergabe gebrauchen (konnten). Ohne Goldstandard gibt es keine Möglichkeit, Ersparnisse vor der Konfiszierung durch Inflation zu bewahren.« Der dies schrieb, war Greenspan, derselbe, der mit seinen Leitzinssenkungen die Finanzkreditblase von 2008 ermöglichte.
25 Paul Ryan hatte allerdings für TARP gestimmt, die staatliche Rettung großer und zahlungsunfähiger Banken. Als ihn die amerikanische Bischofskonferenz aufgeforderte, sich von der Atheistin Ayn Rand zu distanzieren, tat er das sogleich, um seine Wahlchancen nicht zu schmählern.
26 Biblische Motive wie hier der Exodus, oder die manichäische Einteilung in Gut und Böse, die Apokalypse etc., spielen bei der Atheistin Rand eine große Rolle.
27 An Rands Gedankengut erinnert Mitt Romneys Abqualifizierung von 49 Prozent der Amerikaner, die angeblich vom Sozialstaat leben, was ein heimlicher Mitschnitt der Rede des republikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2012 auf einem Fundraising Dinner unter Millionären enthüllte.
28 Schon die puritanischen »Dissenter« entwickeln die Whig Interpretation of History , eine Fortschrittsmythologie, die ihre geschichtliche Mission und ihre Auserwähltheit heraushebt.
29 Schumpeter 1912, S. 130 ff.
30 Emerson1982, S. 139.
31 Eric Schmidt, der frühere CEO von Google, fordert die (Beinahe-)Abschaffung der Gefängnisse, eine Utopie, die in den 60er Jahren von anarchistischen Linken kam. Sein Rezept: Social Impact Bonds. Investoren bekommen eine Rendite, wenn Gefängnisse eine gewisse Rückfallquote nicht überschreiten, und die Häftlinge werden über GPS überwacht und per E-Learning vom Einbrecher zum Programmierer umgeschult (Schmidt 2012, S. 64).
32 Lobo 2010.
33 Die Sex Pistols waren die Erfindung von Malcolm McLaren, der auch den unbekannten, drogensüchtigen Borderliner Sid Vicious als Bassisten in die Band aufnahm, der dann im Wahn seine Freundin erstach und selbst an einer Überdosis starb.
34 Egon Friedell hat den Puritanern bescheinigt, das Talent zu besitzen, alles gut und wahr zu nennen, was ihnen jeweils praktische Vorteile bringt, und alles für eine Sünde oder eine Unwahrheit zu erklären, das ihnen nichts nützt. Friedell 2007, S. 377.
35 Wenn Moral dem Profit nützt, müsste umgekehrt Unmoral dem Profit schaden. Diese Scheinlogik wird gern bemüht, um zu »beweisen«, dass moralisches Verhalten im Eigeninteresse der Konzerne liegt. Angeblich müssen sie Angst vor »irreparablen Imageschäden« haben, wenn sie Kunden belogen, Mitarbeiter ausgespäht oder Kinder in Indien ausgebeutet haben. Die Bankenwelt wird aber umfassend »gerettet«, trotz
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