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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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hatte eigentlich auch noch Lust auf einen Schluck,
aber er wollte keinen richtig guten Wein mehr hinstellen, weil er davon
ausging, dass Thomas sich nur bisher beherrscht hatte und jetzt mit dem
Schütten anfangen würde. Das wollte er keinesfalls bei einem Pauillac oder
Barolo mitansehen.
    Â»Wie geht’s den Geschmacksnerven?«, fragte er deshalb, und Thomas
schien genau zu verstehen, was damit gemeint war, denn er antwortete:
»Hauptsache, dröhnt. Rück ruhig den Kochwein raus.«
    Michael musste lachen. Und nahm einen Cannonau aus dem Regal,
denselben, den er gestern mit zur Salute-Kirche genommen hatte. Gut, aber nicht
zum Niederknien. Bernd und Wagner hielten die Hände über ihre Gläser,
verabschiedeten sich und gingen schlafen. Nicht viel später war mehr als die
Hälfte des Flascheninhalts tatsächlich in Thomas’ Gesicht verschwunden und er
wieder ins Grübeln verfallen. »Ich vermiss die Katze«, sagte er irgendwann mit
schon merklich schwerer Zunge, und Michael antwortete: »Und ich vermisse mein
Bett.«
    ~
    THOMAS bereute seinen
Entschluss, jetzt schon schlafen zu gehen, sobald er in seinem Zimmer stand,
sich umsah, sich heimatlos fühlte, noch immer zu wach war und dachte, eine
Flasche mehr würde sich durchaus noch positiv auf die Seelenlage auswirken. Er
ging auf Socken, um niemanden zu stören, noch einmal nach oben in die Küche und
nahm einen Cannonau aus dem Regal, öffnete ihn, griff sich ein frisches Glas,
weil die benutzten schon in der Spülmaschine waren, und setzte sich in den
Salon. Ohne Licht. Das, was von draußen hereinschien, setzte den herrlichen
Prunksaal geheimnisvoll in Szene, der Terrazzoboden mit den Mosaikbändern
schimmerte annähernd farblos, die Bücher und Bilder hatten etwas Schweigsames,
hochnäsig Verschlossenes, das ihm sehr gut gefiel, und die zarte florale
Ornamentik an der Decke wurde belebt vom gelegentlichen Zittern einer Reflexion
des Mondlichts auf dem Kanal.
    Thomas öffnete die Fenster, um das Glucksen und Flüstern des Wassers
und die etwas kühlere Nachtluft noch aufzunehmen ins Ensemble der
Sinnesfreuden, aber viel hatte er nicht mehr davon, denn nach einigen Schlucken
stellte sich nun doch die ersehnte breiähnliche Gleichheit von innen und außen
ein und ließ ihn endlich so müde werden, dass er es gerade noch schaffte, das
Glas neben seinem Sessel auf dem Boden sicher abzustellen, dann schlief er ein.
    ~
    BERND war todmüde, denn er
hatte früh aufstehen müssen, um die Kinder zu wecken, ihnen Frühstück zu
servieren, das Duschen und Zähneputzen zu überwachen und sie anschließend zu
den Großeltern zu bringen, dann war er, trotz Sonntag, noch für drei Stunden
ins Büro gegangen, um ein geologisches Gutachten für einen Tunnel in Form zu
bringen und einzutüten, anschließend war er zum Flughafen gefahren. Während des
Fluges hatte er am Fenster gesessen und nicht geschlafen, sondern sich die
schneebedeckten Alpen angesehen. Und jetzt war die Sicherung raus.
    Aber er konnte nicht anders, er musste sich die Nachbarin
vorstellen, diese Serafina mit den kurzen schwarzen Haaren, schmalen Augen,
breiten Lippen, schönen Brüsten, wie sie sich nebenan auszog, nackt in der
Wohnung hin und her lief, wobei sie natürlich an ihn dachte, was dazu führte,
dass sie sich … aber er war zu müde, um diesen Gedanken mehr Zeit einzuräumen,
als er für den Weg von der Tür zum Bett brauchte und dafür, sich die Kleider
vom Leib zu streifen. Und nackt ins Bett zu fallen. Dann schlief er ein. Und
träumte nichts.
    ~
    WAGNER wusste nicht, wie er
sich fühlte. War er müde oder wach? Zufrieden? Frustriert? Er kannte sich aus
mit gemischten Gefühlen – eigentlich war das sein Normalzustand, immer spielte,
wie ein Hauch oder Blitz oder Unterton, auch das Gegenteil mit hinein, wenn er
sich einer Stimmung oder Emotion bewusst wurde. Im Augenblick größter
Verliebtheit konnte er Ekel empfinden, war er ergriffen, dann kitzelte irgendwo
in seinem Innern ein aufsteigendes Lachen, und in Rage verspürte er
beflügelndes Glück. Aber jetzt?
    Es war wie eine große Erleichterung, mit den Freunden von damals und
dieser esprit- und charmesprühenden Frau zusammenzusitzen und einfach
mitzuschwingen im Gespräch, Geplauder, Geplänkel, es war das Gegenteil von
seinem Leben daheim. Dort herrschte lähmendes Schweigen oder

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