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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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dabei vorsichtig, behandelte das Bild
wie eine Kostbarkeit. Das rührte Michael. Er sah Zärtlichkeit in dieser Geste.
    Endlich hatte Thomas es geschafft, den Kellner heranzuwinken und ein
zweites Glas Wein zu bestellen, das kurz darauf, zusammen mit dem Essen,
gebracht wurde. Thomas nippte nur daran. Das machte Michael Hoffnung.
    Â»Falls ihr nicht schon kirchenmüde seid, würde ich euch noch zwei
ganz besondere zeigen«, sagte Michael später, als sie satt waren und Espresso
bestellt hatten.
    Â»Klar«, sagte Thomas.
    Â»Auch mehr als zwei«, sagte Bernd, und Wagner nickte schweigend.
    Â»Aber jetzt schwächel ich«, sagte Michael, »ich brauch eine Stunde
Schlaf, sonst fall ich unterwegs von einer Brücke.«
    Â»Kann ich auch brauchen«, sagte Bernd.
    Â»Ich würde mich eh mal nach einem Internetcafé umsehen«, sagte
Wagner, »und nach einer Zeitung.«
    Â»Kannst auch bei mir ins Netz gehen«, bot Michael an.
    Â»Schlafen ist gut«, sagte Thomas, »wir haben das Alter für solche
Extravaganzen.«
    Sie fuhren mit dem Boot um die halbe Insel bis nach San Basilio,
nachdem Michael für alle bezahlt hatte, was ihm nur unter Protest gedankt wurde
und keinesfalls einreißen sollte. Diesmal hatte Wagner keine Zeitung, in die er
die Nase hätte stecken können, aber er schaute die meiste Zeit in die Lagune
und aufs ferne Ufer des Festlands anstatt auf die grandiose Silhouette der
Stadt.
    Noch an der Anlegestelle hatte Michael drei Stadtpläne gekauft, die
er jetzt verteilte, damit sich die anderen auch alleine zurechtfinden würden,
dann rief er sie nacheinander auf ihren Handys an, damit sie seine Nummer
speichern konnten, und versicherte sich, dass jeder einen Hausschlüssel bei
sich hatte und damit unabhängig war.
    Zurück im Haus, schaffte er es gerade noch, die Kleider loszuwerden,
fiel ins Bett und schlief durch bis kurz nach fünf Uhr.
    ~
    Erst nachdem er im Billa-Supermarkt am Zattere das
versprochene Frühstück und ein eventuelles Abendessen eingekauft hatte, fiel
ihm ein, dass er nicht bei Signora Brewer gewesen war. Er brachte die beiden
vollen Tüten nach Hause und räumte alles ein: Salat, Gemüse, Obst und Brot,
Käse, Schinken, Salami und vier magere Rindersteaks (die er sogar in der Verpackung
ungern anfasste, aber die sich braten sollte, wer wollte – das vierte war für
Serafina, falls die hereinschneien würde), dann ging er noch einmal los, nach
nebenan, um Signora Brewers Einkäufe zu erledigen. Serafina hatte einen Text,
mit dessen Übersetzung sie bis Mittwoch beschäftigt sein würde, und ihn deshalb
gebeten, die erste Wochenhälfte zu übernehmen.
    Im Haus war nur Bernd, der sich im Salon eine CD von Fairy O anhörte, von Wagner und Thomas war nichts zu sehen. Ob sie
unterwegs waren oder schliefen, hatte Michael nicht erforscht, denn er wollte
sich beeilen – der Supermarkt war am späten Nachmittag voll und die Gemüse- und
Obstregale oft schon halbwegs geplündert.
    ~
    Signora Brewer brauchte nichts, aber sie würde sich
freuen, wenn er am nächsten Tag käme, dann wären Brot und Schinken aus, und es
gäbe neue amerikanische Zeitungen. Als Michael ins Haus zurückkam, war es fast
halb sieben, und er fand Bernd zusammen mit Serafina in der Küche, wo sie
Weißwein tranken (einen Fendant, den Serafina ihm letzte Woche geschenkt hatte)
und sich angeregt unterhielten. Es gab ihm einen Stich, den er sich selbst am
liebsten weder eingestehen noch verzeihen wollte, als er die beiden so
einträchtig miteinander sah. Bernd versuchte gerade, mit einer Gabel Oliven aus
dem Glas auf ein Tellerchen zu bugsieren, und gab sich dabei täppisch und
linkisch – das kannte Michael schon, diese Masche weckte mütterliche Instinkte,
denen nur gestählte Feministinnen widerstanden. Tatsächlich nahm Serafina ihm
beides aus der Hand und erledigte das gar nicht komplizierte Herausschieben der
Oliven aus dem leicht aufwärts geneigten Glas, ohne die Flüssigkeit mit auf den
Teller zu schütten.
    Â»So geht das«, sagte sie, und Bernd zuckte in charmanter
Hilflosigkeit mit den Schultern.
    Â»Richtige Männer können so was«, sagte Michael und konnte den
Sarkasmus in seiner Stimme dabei nicht unterdrücken, »Oliven unterliegen auch
der Schwerkraft.«
    Bernd überhörte das, aber Serafina warf Michael einen schnellen
Blick zu und schüttelte

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