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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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sie so lange abnudeln, bis er endlich Proteste hören würde, aber
dann wechselte er zu der Banjobegleitung von Girls, Girls,
Girls , und sie sangen den Song, soweit sie sich an den Text erinnerten –
doch schon im zweiten Vers war Schluss, und sie mussten schulterzuckend
aufgeben. Bernd stellte die Mandoline zufrieden lächelnd wieder aufs
Fensterbrett zurück.
    Von unten ertönte ein Pfiff, und Michael sah hinaus – da stand
Serafina und applaudierte. »C’était très bien«, rief sie, »bitte mehr davon.«
    Â»Komm rauf, und trink einen Kaffee mit uns«, rief Michael und ging
zur Sprechanlage, um sie hereinzulassen.
    Sie sangen Yes it is , während Michael ihr
einen Espresso machte – das Murren der Maschine störte sie nicht.
    Â»Ihr seid ja richtig gut«, sagte Serafina, und in ihrer Stimme klang
mehr Bewunderung als Überraschung mit, »ihr müsst das weiter machen. Und wenn
ihr nur einmal im Jahr ein Konzert gebt. Am besten hier in Venedig, damit ich’s
hören kann.«
    Â»Und zwar genau an diesem Datum«, sagte Bernd, »am neunzehnten
Juli.«
    Â»Warum nicht«, sagte Thomas, und Wagner nickte: »Ist vielleicht gut
fürs Gemüt.«
    Â»Ich verlass mich drauf«, sagte Michael, und zu Serafina gewandt:
»Und du erinnerst mich dran, damit ich rechtzeitig Frühstück einkaufe.«
    Â»Und Bier«, sagte Bernd.
    Â»Und Fuselwein, bei dem’s nicht so darauf ankommt«, sagte Thomas und
grinste breit.
    Â»Encore un. Bitte«, verlangte Serafina.
    Â»Und zwar With a little help from my friends«, schlug Thomas vor,
»Wagner solo, wir den Chor.«
    Â»Quälwitz«, fand Michael.
    Â»Stimmt doch gar nicht, er lacht«, sagte Thomas, und er hatte recht:
Wagner grinste breit und schüttelte den Kopf: »Ihr seid schlechte Menschen«,
sagte er.
    Â»Aber gute Sänger«, sagte Bernd.
    Â»Dann los jetzt, singen«, bat Serafina, die den Sinn des kleinen
Schlagabtauschs nicht entschlüsseln konnte, und sie taten ihr den Gefallen und
sangen, weil das noch frisch war und nicht schiefgehen würde, The parting glass .
    Danach hatte sich die Stimmung allerdings völlig verändert. Sie
dachten an Emmi, an das Grab, an die lange Zeit ohne Anruf, Brief oder Besuch
bei ihr, und vermieden es, einander in die Augen zu sehen.
    Serafina verabschiedete sich, um an ihrer Übersetzung
weiterzuarbeiten, und die vier Männer kehrten zurück zu ihrem Schweigen, das
jetzt aber ein anderes war. Nicht direkt düster, aber voller Erinnerungen.
    ~
    Bernd hatte damals nur Augen für Angela gehabt, die wie
eine Indianerin aussah, wie ein Hippie gekleidet war und mit ihrem Töchterchen
bei Emmi am Krankenhausbett saß, als die Nachtigallen schüchtern
hereinstolperten und fragten, ob sie störten.
    Â»Ihr stört nicht«, sagte Emmi, »ich freu mich doch, euch
wiederzusehen«, während Angela das kleine Mädchen bei der Hand nahm und
ankündigte, sie würden jetzt in den Park zu den Enten gehen.
    Michael sah in Bernds Gesicht, dass er schon nach einer Ausrede
suchte, um sich dranzuhängen, und schüttelte fast unsichtbar den Kopf. Bernd
verstand und zog seine Jacke aus. Er würde ein paar Minuten durchhalten und
dann erst verschwinden.
    Thomas hatte einen Strauß Blumen gekauft, den Angela gleich in eine
Vase getan und auf dem kleinen Tisch, gut sichtbar für ihre Mutter, hingestellt
hatte. Bernd und Wagner waren ohne Geschenk da – sie hatten noch über Pralinen
nachgedacht, das aber als zu spießig verworfen. Dafür zog Michael eine CD aus der Jackentasche, das erste Album von Fairy O, das
er, halb stolz, halb verlegen, überreichte.
    Â»Das hat sie mir auch schon geschickt«, sagte Emmi lächelnd. »Jetzt
hab ich das zweimal und kann’s zweimal nicht anhören, weil ich so einen
Plattenspieler nicht besitze.«
    Â»Bin gleich wieder da«, sagte Michael und ging nach unten zur
Pforte, wo er sich ein Taxi rufen ließ, das ihn zum Elektroladen brachte, den
es damals noch im Städtchen gab. Er fand eine kleine und sogar hübsche
Kompaktanlage und musste noch mal zur Bank, um dort Geld aus dem Automaten zu
ziehen, weil die Verkäuferin seine Kreditkarte nicht akzeptierte.
    Bernd sah sehr verstimmt drein, als Michael, die Anlage unterm Arm,
wieder ins Krankenzimmer zurückkam und sich daranmachte, sie auszupacken und
aufzustellen.
    Â»Was ist denn

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