Vier Frauen und ein Mord
das hat sie… Möchten Sie was trinken? Sherry? Whisky? Sie haben lieber Sherry? Ich auch.« Er brachte zwei Gläser, setzte sich neben Poirot und fuhr fort: »Sie kam einmal in der Woche, um beim Putzen zu helfen. Ich habe eine sehr gute Haushälterin – eine ausgezeichnete – aber das Messing – und das Scheuern des Küchenbodens – nun, meine Mrs Scott kann nicht mehr sehr gut niederknien. Mrs McGinty hat ausgezeichnet gearbeitet.«
»Glauben Sie, dass sie wahrheitsliebend war?«
»Wahrheitsliebend? Nun, das ist eine seltsame Frage. Ich kann dazu gar nichts sagen – hatte keine Gelegenheit, es zu erfahren. Soweit ich weiß, war sie wohl wahrheitsliebend.«
»Wenn sie also jemandem etwas erzählte, würden Sie ihre Aussagen für wahr halten?«
Dr. Rendell sah ein wenig verlegen drein.
»Ach, so weit würde ich nicht gehen. Ich weiß wirklich sehr wenig über sie. Ich könnte Mrs Scott fragen. Die würde das eher wissen.«
»Nein, nein. Es wäre besser, das nicht zu tun.«
»Sie machen mich aber neugierig«, meinte Dr. Rendell freundlich. »Was hat sie denn herumerzählt? Klatsch? Verleumdungen?«
Poirot schüttelte nur den Kopf. Er sagte: »Sie müssen verstehen, im Augenblick ist das alles noch geheim. Ich stehe erst ganz am Anfang meiner Untersuchung.«
Dr. Rendell erwiderte trocken:
»Da werden Sie sich ein bisschen beeilen müssen, wie?«
»Sie haben Recht. Mir steht nur wenig Zeit zur Verfügung.«
»Ich muss sagen, Sie überraschen mich… Wir hier waren alle ganz sicher, dass Bentley es getan hat. Es schien gar kein Zweifel möglich.«
»Es schien ein gewöhnliches, schäbiges Verbrechen. Nicht sehr interessant. Das wollten Sie wohl sagen?«
»Ja, ja, genau das.«
»Haben Sie James Bentley gekannt?«
»Er hat mich ein paar Mal in der Praxis aufgesucht. Er machte sich Sorgen wegen seiner Gesundheit. Ich vermute, er war von seiner Mutter verwöhnt. Das hat man oft. Wir haben noch so einen Fall hier.«
»Ach, wirklich?«
»Ja, Mrs Upward. Laura Upward. Ist ganz närrisch mit ihrem Sohn. Fest am Schürzenband. Er ist ein schlauer Bursche – nicht ganz so schlau, wie er selbst glaubt, im Vertrauen gesagt –, aber doch ganz entschieden begabt. Unser Robin ist auf dem besten Weg, ein Bühnenautor zu werden.«
»Leben die Upwards schon lange hier?«
»Drei oder vier Jahre. Niemand wohnt seit langem in Broadhinny. Das ursprüngliche Dorf war nur eine Hand voll Bauernhäuser, die sich um Long Meadows gruppierten. Sie wohnen dort, habe ich gehört.«
»Ja«, sagte Poirot ohne übertriebene Begeisterung.
Dr. Rendell schien belustigt.
»So was von Pension«, lächelte er. »Die junge Frau weiß wirklich nicht, wie man eine Pension führt. Seit ihrer Heirat hat sie in Indien gelebt, mit einem ganzen Haus voller Diener. Ich wette, Sie haben’s nicht behaglich. Niemand hält es dort lange aus. Und der arme Summerhayes, der wird nie Erfolg haben mit seiner Gemüsegärtnerei. Ein netter Kerl, hat aber keine Ahnung vom Geschäft, und heute muss man ein Geschäftsmann sein, wenn man den Kopf über Wasser halten will. Glauben Sie ja nicht, dass ich Kranke heile. Ich bin nur ein begnadeter Formularausfüller und Rezeptausschreiber. Ich habe die Summerhayes aber recht gern. Sie ist eine reizende Person, und obgleich Summerhayes verteufelt launisch sein kann, ist er noch einer von der alten Garde im guten Sinne. Und zwar von ganz oben. Sie hätten den alten Colonel Summerhayes kennen sollen, ein wahrer Tatar und so stolz wie der Teufel.«
»Major Summerhayes’ Vater?«
»Ja. Es war nicht viel Geld da, als der alte Bursche starb, und da war natürlich die Erbschaftssteuer, die diese Leute völlig fertig gemacht hat, aber sie waren entschlossen, das alte Haus zu halten. Man weiß nicht, ob man sie bewundern soll oder sagen: ›Solche Narren!‹« – Er sah auf die Uhr.
»Ich darf Sie nicht aufhalten.« Poirot erhob sich halb.
»Ich habe noch ein paar Minuten Zeit. Und dann möchte ich gern, dass Sie meine Frau kennen lernen. Sie war ganz aufgeregt, als sie hörte, dass Sie hier sind. Wir interessieren uns beide sehr für Verbrechen. Lesen viel darüber.«
»Kriminalistische Fachschriften, Romane oder die Sonntagszeitungen?«, fragte Poirot lächelnd.
»Alle drei.«
»Steigen Sie bis zum Sunday Corner hinab?«
Rendell lachte nur.
»Der brachte vor etwa fünf Monaten ein paar interessante Artikel. Besonders einen über Frauen, die mit Mordfällen zu tun hatten, und über die Tragödien ihres
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