Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vier minus drei

Titel: Vier minus drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Pachl-Eberhart
Vom Netzwerk:
Ordnung machen.
    Ich schaue vom Fenster aus in den Garten. Der Rasen! Auch hier muss etwas geschehen. Was genau? Keine Ahnung,
Mähen vermutlich. Wie das geht, das werde mal meine Nachbarin fragen. Später. Zuerst muss ich mir einen vollständigen Überblick verschaffen. Weiter geht’s.
    Der Keller: verschimmelt. Die Wäsche: ungebügelt. Die Speisekammer: voller Mäusekot.
    Viel zu tun.
    Ich rufe meine Mutter an.
    »Kommst du putzen?«
    Natürlich kommt sie, gleich nächste Woche, sie ist überglücklich, dass ich endlich etwas von ihr brauche. Wunderbar. So kann ich mich also den wichtigeren Dingen zuwenden. Zum Beispiel … den Vorhängen im Wohnzimmer. Irgendwann im März habe ich bunte Stoffbahnen bei IKEA gekauft, seither warten sie darauf, endlich aufgehängt zu werden.
    Oh, wird das schön aussehen!
    Die Sache hat nur einen Haken. Über den Fenstern gibt es keine Vorhangstangen. Kein Problem für mich, »Mrs. 1000 Volt in der Lichtblase«.
     
     
    Aus meinem Tagebuch
    2.7.2008
    HELI EBERHART!! Weißt du, wo der Akkubohrer ist?! Ich brauch’ den jetzt!!!!!
    Ich werde Holzhacken lernen. Und Lagerfeuer machen! Und ich werde Haken aufhängen im Schlafzimmer! Und ich bin ganz fröhlich, wenn ich daran denke. Ich werde dabei mein Kopftuch aufsetzen
und lachen und wieder so ausschauen wie damals beim Ofensetzen. Du hast immer wieder in so großer Liebe das Bild von mir als Handwerkerin, als dein »Stift«, beschrieben. Ich werde handwerken und dich lieben!
    Ich krame in meinem Wäschekasten und finde tatsächlich das kleine Kopftüchlein, das ich vor Jahren trug, als ich Heli half, einen Kachelofen zu bauen. Ich binde es mir um den Mund und steige hinunter in meinen Keller, in dem es modrig riecht und feucht, und an dessen Wänden grüne, flaumige Schimmelpilze wuchern. Den Akkubohrer finde ich nicht. Ist er vielleicht im Bus gewesen, an jenem Tag im März? Ist er längst zerquetscht und auf der Mülldeponie gelandet?
    Blitzschnell fasse ich einen Plan. Ein schöner, sonniger Nachmittag. Ich habe Zeit, alle Zeit der Welt. Warum setze ich mich nicht einfach ins Auto und mache einen Ausflug zum Baumarkt?
    Heli, ich werde uns einen neuen Bohrer kaufen. Einen, auf den du stolz sein wirst. Komm, lass uns fahren!
    Ich setze mich in mein neues grünes Auto, das ich erst vor ein paar Tagen von meinen Eltern geschenkt bekommen habe. Schnecke habe ich es genannt. Nicht, weil es so langsam ist, sondern weil in seinem hinteren Wagenraum eine gemütliche Futonmatratze liegt, mit einem grasgrünen, freundlichen Leintuch überzogen.
    Ich trage mein Haus ständig bei mir .
    Im Clownbus hatten wir auch eine Matratze gehabt. Ich liebte die Vorstellung, immer und überall stehen bleiben
und in den eigenen vier Autowänden übernachten zu können. An manchen Tagen habe ich um unseren Clownbus fast so getrauert, als wäre er ein weiteres Familienmitglied gewesen. Seine fröhliche Farbe. Sein großer, immer voller Kofferraum, der Platz bot für Spielzeug, Babykleidung, Kinderwagen und Go-Kart, Werkzeug und Clownsrequisiten. Das Gefühl der Geborgenheit, wenn wir in ihm mit Sack und Pack auf Reisen gingen.
    Da sitze ich also in meinem winzigkleinen Kombi, einer Clownbus-Miniaturausgabe sozusagen, und gemeinsam fahren wir nach Graz, zum größten Baumarkt, der uns einfallen will.
    Die Halle ist riesig und die Abteilung für elektrisch betriebenes Werkzeug geradezu ein Eldorado für Nestbauhandwerker. Die Fülle des Angebots erschlägt mich förmlich.
    Ich lese ein paar Beschreibungen, vergleiche Preise, doch nach zehn Minuten weiß ich kaum mehr als vorher. Nur eines vielleicht:
    Ich habe keine Ahnung von Werkzeug .
    Auf meiner Schulter sitzt ein wohlmeinender Heli-Engel, der mir Ratschläge gibt.
    Kauf gute Qualität. Aber lass dich nicht ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Das Teuerste ist nicht unbedingt das Beste!
    Soll ich einen Verkäufer um Rat fragen? Was wird er über mich denken?
    Eine Frau Anfang dreißig. Braucht plötzlich Werkzeug. Sie ist also noch nicht lange Single. Wo ist ihr Mann? Ist sie frisch geschieden?

    Ich winke einen jungen Mann in orangefarbener Arbeitskleidung zu mir. Widerstehe dem Drang, ihm zuallererst, nur um das klarzustellen , vom Tod meiner Familie zu erzählen. Stattdessen lasse ich lieber Heli durch mich sprechen.
    »Ich brauche einen ordentlichen Akkubohrer, mit dem man gut in Wände bohren kann. Der Preis spielt keine Rolle, aber natürlich möchte ich im Zweifelsfall ein günstiges Modell.«
    Nach

Weitere Kostenlose Bücher