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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Gammastrahlung keimfrei gemacht. Wir hatten sonst kaum Verwendung für Geflügelscheren.«
    Der Arzt reagierte zunächst nicht. Eliza dachte, er hätte ihre Antwort absichtlich überhört, dann erkannte sie, dass der Mann um seine Fassung rang. »Geflügelschere«, flüsterte er. »Unvorstellbar. Schnipp-schnapp, wie? Und keine Stilllegung der Nervenbahnen, natürlich.«
    »Schnipp-schnapp«, wiederholte Eliza, »das nicht gerade. Schwester Gerda hat sich sicherlich alle Mühe gegeben. Aber sie hatte weder eine entsprechende Ausbildung noch eine halbwegs funktionierende Ausrüstung.«
    »Schwester Gerda«, murmelte der Arzt.
    »Ja«, sagte Eliza, »und als man ihr jemanden brachte, dessen Arm von innen heraus zerfetzt worden war, bei dem Knochensplitter aus aufgerissenem Fleisch ragten, da hatte sie keine andere Möglichkeit, als wegzuschneiden, was kaputt war. Ganz einfach.«
    »Einfach?« Doktor Schyberg sah seine Patientin entsetzt an. »Diese Dame hat Sie mit ihrem stümperhaften Herumgeschneide auf Lebenszeit verstümmelt. Ich hätte einen neuen Arm aus Körpergewebe wachsen lassen und verpflanzen können ... Die hoffnungslos zerstörten Nervenbahnen machen das allerdings sinnlos. Der neue Arm würde nur an Ihnen hängen und über kurz oder lang in Fäulnis übergehen. Dabei ist die Versiegelung solch freiliegender Nerven gar nicht schwer. Man muss sie nicht behandeln wie gebrauchtes Lametta. Ich sollte diese Gerda oder wie sie heißt anzeigen. Sollte ich. Ist ja gemeingefährlich.«
    Eliza sah den Arzt mit einem Blick an, der empfindsamere Kreaturen augenblicklich in eine Kröte verwandelt hätte. »Das lassen Sie schön bleiben«, sagte sie leise. »Sonst werden Sie sehr schnell wissen, wie sich gebrauchtes Lametta fühlt. Haben Sie mich verstanden?« Der Sterilanzug drehte ihr den weißen Rücken zu und bewegte sich erst einmal gar nicht; dann drehte sich Doktor Schyberg zu Eliza um und schaute sie an. Sein Gesicht war etwas blasser geworden.
    »Ich wollte nicht ...«, sagte er, schluckte und sah rasch wieder auf seine Anzeigen.
    »Mag sein«, sagte Eliza, »dass Sie nicht wollten. Sie haben aber. Sparen Sie sich Urteile über Sachen, von denen Sie keine Ahnung haben. Vor allem, wenn Sie die Umstände nicht kennen. Wir hatten auf diesem Planeten Zustände, die Sie sich nicht vorstellen können. So etwas kriegen Sie auf Atibon Legba nie im Leben zu sehen. Schwester Gerda hat mir mit der verdammten Geflügelschere das Leben gerettet. Das ist die Tatsache. Haben Sie das jetzt endlich verstanden?«
    Doktor Schyberg musterte Elizas hagere Gestalt, als habe sie eben gerade erst den Raum betreten. Dann entschuldigte er sich wortreich, als hätte er extra für solche Zwecke eine vorbereitete Rede auswendig gelernt. Hatte er sich vorsorglich im Rechnernetz ein paar Benimmregeln für den Umgang mit rückständigen Schiffbrüchigen zusammensuchen lassen? »Bleiben Sie bitte an Ort und Stelle«, setzte er hinzu, »ich bin gleich wieder da«, und kaum waren diese Worte gesprochen, rauschte er aus dem Zimmer.
    Ärzte, dachte Eliza und legte die Verachtung einer gelernten Zentralierin in dieses eine Wort. Ein bisschen erschreckend war er, dieser Rückfall in alte Gewohnheiten aus einer Zeit, in der man als Zentralier niemanden an seinen erlauchten Körper ließ als einen ebenfalls zu den Zentraliern gehörenden Mediziner oder sich, noch besser, dem aus einer Zusammenschaltung des gesamten ärztlichen Wissens der Menschheit bestehenden Rechnernetz anvertraute. Unwillkürlich hielt sie Ausschau nach einer der roten Linien, doch leider war in diesem Raum keine in Sicht. Wieso leider? Eliza schüttelte den Kopf, was die Maschine wiederum mit Ermahnungen, das Verhalten des Patienten betreffend, quittierte. Ein Summer quäkte. Der Apparat bettelte darum, seine Sprachprozessoren benutzen zu dürfen. Das fehlte noch, dachte Eliza, ein hochtechnologisches Ding, das mich vollquatscht. Da halte ich lieber still. Das tat sie, und das beruhigte die Maschine, die ihre Arbeit tun wollte. Sie holte mühsam Luft. Diese maschinell aufbereitete Gasmischung im Weltenkreuzer mochte allen medizinischen und biologischen Erfordernissen entsprechen, das änderte nichts daran, dass ihr im Vergleich zur feuchten und immer bewegten Atmosphäre Vilms die Luft hier drin tot und verfault vorkam.
    Eliza dachte an das heillose Chaos, das die Leute von der Armorica unten auf Vilm angerichtet hatten. Zuerst war es schiere Begeisterung gewesen, als aus den

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