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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Ihrer Mission?«
    »Natürlich.«
    »Wir sollten das Experiment zum Abschluss bringen.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, dass die Stressreaktionen auf die zeitweilige Trennung des Wesens geringer ausgefallen sind als beim ersten Mal? Obwohl die Trennung dieses Mal gründlicher war?«
    »Das ist mir aufgefallen. Eine erstaunlich hoch entwickelte Anpassungsfähigkeit.«
    »Wir werden sehen, ob das Wesen sich an das abschließende Experiment anpassen kann. Ich bezweifle es.«
    Tom rang verzweifelt darum, nicht den Verstand zu verlieren. Er kämpfte um den Kontakt mit seinem Ich auf der anderen Seite der Barriere. Er beschwor die stärksten Erinnerungen, um nicht das einzubüßen, was ihn ausmachte. Er dachte an jenen geheimnisumwitterten Tag, an dem er das wahrhaftige Nest der Regendrachen seinen Freunden zeigte und die anderen ihm zu den Wesen gefolgt waren, die sie vervollständigt hatten. Er dachte an Sdevan und Will und Marja, die mit ihm im willkommenen Regenguss die einzige Möglichkeit entdeckt hatten, wirklich ein Wesen dieser Welt zu werden. Er dachte an eine Art von Explosion; keine, die zerriss und zerfetzte, sondern eine, die zusammenfügte, wenn auch nicht mit weniger Wucht. Die Erinnerung half, den dünnen Faden festzuhalten, der seine Teile miteinander verband. Rund um ihn tobten die unsichtbaren Schrecken einer Dunkelheit, an die Tom keinen Gedanken verschwenden wollte. Sollte dieser Faden zerreißen, das wusste er, dann würde diese Düsternis alles verschlingen, was von ihm übrig war. Kaum hatte er wahrgenommen, dass die beißende Kälte im Raum einer angenehmeren Temperatur wich. Das war unwichtig. Wichtiger war, dass die massiven Stempel, die ringsum alle Durchgänge verschlossen, sich mit einem dumpfen Rumpeln vom Boden lösten und hoben. Eine verborgene Maschinerie wuchtete die tonnenschweren Schotts empor, sodass die Tunnel frei wurden; der Weg war kaum breit genug für ein Eingesicht, als sich Tom durchquetschte und die heranbrandende Dunkelheit ein weiteres Mal vertrieb. Zitternd drängten sich die beiden Körper aneinander, und sie hatten keine Zeit, sich zu freuen. Eine Welle würgender Übelkeit erfasste ihn, ähnlich wie bei den Experimenten mit der Karamelkose. Keiner hatte gern mit dieser Rätselfrucht experimentiert, sie brachte Unordnung in die Bindung der beiden Körper. Der Augenblick der Rückkehr ins Normale war erleichternd, drehte einem jedoch den Magen um. Die Erinnerung daran war flüchtig. Tom hatte nur einen Gedanken: Was mochte als Nächstes kommen? Was für eine Gemeinheit hatten die unsichtbaren Beobachter nun vor? Was würden sie der wehrlosen Ratte, die in ihrem Labyrinth umherirrte, noch antun?
    Tom erfuhr die Antwort, kaum dass er sie in seinen Gedanken formuliert hatte. In dem schwammartigen schwarzen Stoff, mit dem alle diese Räume ausgekleidet waren, öffnete sich eine kleine Klappe, aus der sich ein mehr als fingerdickes Rohr hervorschob. Tom bemerkte die Bedrohung erst, als das Ding bereits auf ihn zielte. Ein ploppendes Geräusch ertönte. Tom hatte nicht die Chance, etwas zu untenehmen. Ein Bolzen wurde mit großer Gewalt aus dem Rohr geschleudert, durchschlug die pelzige Haut Toms an der Schulter, durchquerte den länglichen Muskel, der bei allen sechsbeinigen Lebewesen Vilms die Funktion des Herzens ausübte, und nagelte den getroffenen Körper an den schwarzen Untergrund. Das Eingesicht zuckte unkontrolliert mit den sechs Beinen; die milchige Körperflüssigkeit trat aus der Wunde und tropfte herab. Ich bin getroffen, dachte Tom, ich blute. Er spürte keinen Schmerz, nur ein ungewohntes Gefühl; ganz so, als stehe er neben sich und sehe sich zu. Ich sehe mir selbst beim Sterben zu, dachte Tom. Er dachte nicht an Hilfe. Bereits der Gedanke, jemand oder etwas in diesen Folterkammern könnte auf einen Hilferuf reagieren, war lächerlich. Tom hatte keine Zeit, um sie an so vergebliches Tun zu verschwenden. Er hielt seinen felligen Körper in den Armen, und er erinnerte sich an den Spion, den die Vilmer aller seiner Bilder und Aufzeichnungen beraubt hatten. Der Mann war verzweifelt gewesen, als Tom ihn im Gebirge aufgespürt hatte, schlotternd und durchnässt und übernächtigt. Und doch, in all seinem Elend hatte in seinen Augen der zornige Trotz gestanden. Nun erst recht. Auch wenn der Typ dann sang- und klanglos verschwunden war, dieses Funkeln in seinem Blick hatte Tom nie vergessen können. Es hatte ihm Angst gemacht. Und er hatte geglaubt, es verstehen zu können.

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