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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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andere. Offensichtlich, dachte Tom, absorbiert dieses merkwürdige Produkt alle Arten von Energie – das würde die Eiseskälte hier drin erklären. Und es würde erklären, warum niemand von solchen Fluggeräten etwas wusste – die schwarze Schicht würde alle Signale verschlucken, egal ob Radarimpulse oder andere Scanningverfahren verwendet wurden. Ideal für alles, was im Verborgenen passieren soll. Verstohlene schwarze Flugkörper, unsichtbar und von keinem Bildschirm angezeigt. Plötzlich erschien vor Toms Mund ein weißes, geisterhaftes Ding, das ebenso schnell verschwand, wie es aufgetaucht war. Tom zuckte zusammen. Dann erkannte er, dass dieselbe gespenstische Erscheinung auch vor dem Maul des Eingesichts erschienen war. Er starrte sich selbst in die Augen und atmete schwer – und in diesem Moment wurde ihm der Zusammenhang klar. Es war so kalt, dass die warme, feuchte Luft aus seinen Lungen in der kälteren und trockeneren Luft in diesen verflixten Kammern kondensierte und sichtbar wurde. Er hatte von diesem Effekt gehört, lange her, in jenen Zeiten, da die Einarmige Eliza den Vilmkindern versucht hatte beizubringen, dass es oberhalb der Regendrachen mehr gab als nur das Nichts.
    Wie kalt ist es, überlegte Tom, irgendwo um die null Grad herum, glaube ich. Er betrachtete seine menschliche Gestalt durch die Augen des Eingesichts; was er sah, war nicht gut. Die Haut verfärbte sich bläulich. Hier und da zuckten Muskeln unkontrolliert. Unterkühlung, dachte Tom, gar nicht gut. Er schaute sich um, ob es nicht irgendetwas gab, das Wärme spenden könnte. Was er sah, ließ seinen Atem stocken. Am Ende eines der Tunnel, die von den geöffneten Schotts gebildet wurden, lag ein großer Stapel flauschiger Decken. Den Impuls, schnellstens loszulaufen, unterdrückte Tom sofort. Das sah nach einer verdammten Falle aus. Der Tunnel war zu eng, um seine beiden Körper zugleich durchzulassen. Tom zwang sich, in aller Ruhe über das Problem nachzudenken. Die Schotts hatten, als ihre gewaltigen Massen in den Boden sanken, eine bestimmte Geschwindigkeit gehabt; und die Kammern waren untereinander verbunden. Tom sann nach und nahm dabei die Fähigkeiten des Eingesichts zu Hilfe. Es gab mindestens drei Wege von hier zu dem Ort, wo die Decken lagen, und die Zeit, in der die trennenden Wände in den Boden hinabgesunken waren, würde wohl kaum länger sein als die Zeit, die sie benötigten, um sich wieder nach oben zu schieben. Tom wendete das Problem in seinen Gedanken hin und her. Es müsste reichen – das Eingesicht konnte hinrennen, sich eine oder mehrere der Decken schnappen und zurückkehren. Das vilmsche Tier war schneller als die schwerfälligen und gewichtigen Barrieren. Und es konnte eigentlich nicht passieren, dass alle Durchgänge zugleich geschlossen wurden. Schließlich waren sie einer nach dem anderen geöffnet worden. Davon auszugehen, jemand beobachte ihn und seine Reaktionen, kam ihm paranoid vor. Aber diese ganze Situation war abnormal.
    Tom betrachtete die Wände seines Gefängnisses mit betonter Gleichgültigkeit. Dann fing er an, mit den Fingern in dem schwarzgrauen Zeug herumzubohren, um die unsichtbaren Beobachter – sollte es sie geben – mit Schauspielerei in Sicherheit wiegen. Seine Zähne klapperten. Dann jagte das Eingesicht wie ein Blitz durch den Tunnel und stürzte sich auf die Decken. Es lief darüber hinweg, während die kleinen mittleren Pfoten an seinem Bauch zupackten und drei Decken mitnahmen; das Eingesicht wendete, indem es an der Wand entlangrannte, und nahm Kurs auf seinen menschlichen Widerpart. Für den Bruchteil einer Sekunde begegneten sich die Blicke der beiden Wesen, die in Wirklichkeit eines waren. Dann war der Tunnel geschlossen, und das Eingesicht prallte schmerzhaft gegen eine unnachgiebige Wand aus dunkelgrauer Materie. Nach einem Augenblick voll rasender Panik spürte Tom, dass er noch in einem Stück und ganz war – wenn auch seine beiden Körper wiederum von verschiedenen Seiten auf ein undurchdringliches Hindernis starrten. Es war eine Falle, erkannte er, und zwar eine ziemlich perfide Falle. Das Schott war nicht einfach geschlossen worden. Die komplette Decke des Durchgangs war heruntergefallen, und sie war so massiv, wie man sich das nur vorstellen konnte. Alle anderen Wege hatten sich in demselben Sekundenbruchteil auf dieselbe Weise verschlossen. Tom konnte die Echos der Erschütterungen spüren, die das Herabkrachen von so viel Masse verursacht hatte. Er steckte

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