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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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allerdings aus Metall. Nicht aus den glatten, perfekten Flächen, die man überall auf einem Weltenkreuzer sehen konnte, sondern mit deutlichen Spuren mehrfacher Bearbeitung. Da sah man Schweißnähte und Walzspuren, Unebenheiten und raue Stellen, die zu polieren sich niemand die Mühe gemacht hatte. Diese Belege jahrelanger Arbeit ließen den Turm den gewaltigen Stämmen ähnlich werden, als wäre er das Produkt einer Art von Wachstum, die wenig mit Wasser und Licht und Leben zu tun hatte, mehr mit Stahl, Schweißbrennern, Hämmern und dröhnend lauter Arbeit.
    »Was für ein Anblick!«, sagte Konstantin und brach das konsternierte Schweigen der Oniskier. »Und was für ein dramatischer Effekt, nachdem man diesen Weg durch die Dunkelheit des Zauberwaldes gegangen ist.«
    »Ich hätte mich beinah benässt vor Schreck, als ich dieses ungeheure Ding sah«, sagte Franka.
    Konnie kicherte. »Eingepinkelt im Angesicht der Ewigkeit«, sagte er, »und die dargestellt von einem Ding, das man mit gutem Willen als Hohen Ort dieses Planeten sehen kann oder als das übergeschnappteste Phallussymbol der raumfahrenden Menschheit.«
    »Oh«, sagte Marja rasch, »das ist weder ein Denkmal noch ein sakrales Kunstwerk, es ist im Grunde genommen ein reiner Zweckbau ...«
    »Keine weiteren widerlichen Fakten«, sagte Martino, »ich will nichts wissen von technischen Daten. Höhe, Durchmesser, Bauzeit und all dieser Kram interessieren mich nicht. Das Einzige, was mich interessiert, ist folgendes: Was, um aller Himmel willen, ist das?«
    Will und Marja – besser gesagt, ihre Eingesichter – sahen einander mit erleichterten Blicken an, die besagten, die Besucher hätten soeben die erste intelligente Frage des Tages gestellt. Glücklicherweise konnten die Oniskier die Mimik der vilmschen Hälften ihrer Gastgeber nicht deuten.
    »Es ist ein Regenkraftwerk in einem natürlichen Talkessel«, sagte Will, »fast ganz aus biologischem Material gewachsen – und immer noch wachsend. Die Mittelsäule natürlich ist konstruiert worden und wächst, wenn auch auf andere Weise, ebenfalls. Die gesamte Ebene dort oben leitet nahezu hundert Prozent der Niederschläge in die Mitte des Talkessels. Da fließt das Wasser in das Innere des Zentralturmes, und während es ihn von oben nach unten durchströmt, erzeugt es eine Menge elektrischer Energie. Etwa dreimal so viel, wie Vilm Village an seinen hungrigsten Tagen braucht.« Will lächelte Franka an. »Wir hätten Sie natürlich zu der Station bringen können, die dort liegt, wo alle die Oberfläche Vilms vermuten, und die in Wirklichkeit die Spitze dieses Turmes ist. Von da aus kann man per Aufzug hierher gelangen. Der Effekt für unwissende Besucher, da haben Sie vollkommen recht, ist auf unserem Weg entschieden beeindruckender.«
    Konnie grinste, während es Martino schwerer fiel zu akzeptieren, was er sah. Er schaute immer wieder von dem leuchtenden Turm zu Marja und zu Will und zurück zum Turm, ohne einen Blick auf die beiden Eingesichter zu verschwenden. Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Das kann nicht wahr sein. Ich glaube es einfach nicht.«
    Franka hakte sich bei ihm ein. »Da ist das Ding, sieh hin«, sagte sie, »und die hübsche kleine gruselige Wanderung hast du auch mitgemacht. Leidest du neuerdings unter Wirklichkeitsverlust? Sind Meinungen plötzlich wichtiger als Wahrheiten?« Sie wandte sich an Marja. »Und es regnet hier unablässig, also ist das Ding immer in Betrieb.«
    »Es soll Tage geben, an denen die Sonne scheint«, sagte Marja, »aber sie sind sehr selten. Ich habe noch keinen erlebt.«
    »Ich schon«, setzte Will hinzu, »es sind nur Minuten, eine Stunde ununterbrochenen Sonnenlichts kommt nur einmal in einem oder zwei Dutzend Jahren vor.«
    Martino machte sich los und drehte sich gemächlich um seine eigene Achse. Die Traumlandschaft aus Dunkelheit, tausenden Pfeilern und dem Metallturm verunsicherte ihn plötzlich. »Überlegt mal«, sagte er beschwörend, »es ist doch nicht denkbar, dass die Errichtung eines derart titanischen Kraftwerks unbemerkt bleiben kann. Das muss Jahre gedauert haben, wenn nicht Jahrzehnte, und Hunderttausende von Tonnen Erdreich müssen bewegt worden sein ... Und all die Labors und Baumschulen, um die unzähligen Pflanzen hervorzubringen. Wo soll das versteckt worden sein? Zumal das Vorhaben bestens geeignet ist, Vilm eine Menge Ärger zu machen. Bislang hat die Goldene Bruderschaft das Strom-Monopol auf dieser Welt, und soweit ich es

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