Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)
seinen Bildwänden fing inzwischen an, irgendwas vor sich hin zu brabbeln. Das tat er meistens, wenn er intensiv dachte. In der Regel kam er dabei zu überraschenden Ergebnissen, wie Eliza aus Erfahrung wusste. Sie blickte zu ihm hinüber.
»Er hilft mir, all die Daten auszuwerten«, sagte Will.
Er hatte die Nachricht des Herrn Mornastan der Papier-Wiederverwertung übergeben und hoffte, nie wieder von dem Menschen zu hören, Hochmeister hin oder her.
»Weswegen hast du mich herbestellt?«, fragte sie, wandte sich ab und schaute hinaus, wo normalerweise Vilm Village zu sehen gewesen wäre. Der dicht herabrauschende Regen hielt allerdings jeden Blick nach ein paar Metern so zuverlässig auf wie eine feste Wand.
Will nahm die Pfoten von den Ohren und begann, durch das Büro-in-den-Wolken zu streunen, während sein anderer Körper auf den Sessel wies, der seinem Schreibtisch gegenüberstand. Die alte Frau musterte die Sitzgelegenheit, als könnte die sie angreifen.
»Wir haben in der jüngsten Zeit – neben immer mehr verrückten Besuchern – einige wirklich besorgniserregende Zwischenfälle gehabt«, sagte der Administrator. »Wie den mit der jungen Frau, die sich auf eine riskante Reise auf die Südseite eingelassen und sich selbst dabei fast eingebüßt hat.«
»Und den«, krähte Lukaschik dazwischen, »als ein vom Wolkengebirge ausgebrüteter Miniweltenkreuzer anfing, durch die Gegend zu fliegen und uns der darin sitzende Zentralier von all den komischen Vögeln berichtete, die sich für uns interessieren.«
Eliza stellte fest, dass Lukaschik-J mit allen sechs Pfoten auf den Besuchersessel gesprungen war und sie anschaute, albern mit dem Kopf hin- und herbaumelnd.
Will sah zu Lukaschik-A hinüber, der dort hinten offensichtlich sehr in seine Arbeit vertieft war, seine Aufmerksamkeit mühelos auf beide Körper verteilend.
»Was unser sprunghafter Freund meint«, sagte Will, »ist die neueste Entwicklung, die nun wirklich ... seltsam ist.«
»Abgefahren!«, quiekte Lukaschik, ohne die Augen von seinen Anzeigen zu lassen. Er dachte auch überhaupt nicht daran, Eliza den Platz freizumachen, sondern kuschelte sich gemütlich hinein, die Pfoten unter sich begrabend.
»Ich hatte Rijo mit unseren beiden anderen Nachträglich Zusammengesetzten zu einer Überprüfung ausgeschickt. Sie haben die Ursache der seltsamen Daten auch tatsächlich gefunden. Allerdings wirft die Beantwortung dieser einen Frage einen ganzen Katalog neuer Fragen auf. Und da kommst du ins Spiel, Eliza.«
Die alte Lehrerin gab es auf, Lukaschik-J vorwurfsvoll in die Hundeaugen zu starren – es war ihm ohnehin egal – und wandte sich dem Administrator zu.
»Ich komme ins Spiel?«, wiederholte sie verwundert und ließ eine bedeutungsschwere Pause entstehen.
»Falls es dir entgangen sein sollte, Will«, sagte sie dann etwas ätzender, als sie eigentlich wollte, »ich bin ein alter Knochen, und du bist auch langsam ein alter fetter Sack. Beide nicht mehr für Spiele geeignet.«
»Uijuijui«, machte Lukaschik in seiner Ecke.
Will hatte sich listig an seine alte Lehrerin angeschlichen und stupste sie leise an, so dass sie in den Sessel sank, den Lukaschiks Eingesicht in genau dem richtigen Moment verlassen hatte.
»Na, immerhin hast du mit Adrian Harenbergh ein ganz neues Spiel angefangen, wie man so hört«, sagte der Administrator, stellte der alten Lehrerin eine Tasse hin und goss ihr von dem Kaffee ein.
Eliza holte tief Luft und wechselte die Gesichtsfarbe.
Will redete rasch weiter, ehe seine alte Lehrerin etwas sagen konnte.
»Nicht geeignet?«, sagte er. »Da magst du recht haben. Es bleibt uns nur nichts anderes übrig. Meinen Posten will niemand auch nur mit der Kneifzange anfassen.«
Er grinste.
»Und ich glaube, es sind auch alle ganz froh, dass sie die olle einarmige Lehrerin fragen können, wenn es nötig ist.«
Eliza stieß die auf Vorrat eingeatmete Luft aus, setzte sich zurecht und stopfte ein Kissen hinter ihren Rücken, an die Stelle mit jenem abgenutzten Wirbel, die immer mal wieder zischende Funken durch ihren Körper schickte.
»Du warst bei irgendwelchen neuen Fragen«, sagte sie und griff nach ihrer Tasse. Der Kaffee roch einfach zu verführerisch. Will fand immer wieder neue Gewürze, um sein Getränk zu verfeinern.
»Ja«, murmelte Lukaschik, »frag die richtigen Fragen. Frag sie.«
Will fing Elizas Blick auf und breitete die Hände aus. »Ja, mich nervt er auch manchmal.«
»Das habe ich gehört!«, kam
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