Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition)

Titel: Vilm 03 - Das Dickicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
Vom Netzwerk:
bisschen defekten städtischen Leistungssystems zwischen den Installationen herumkletterte. Thans menschliche Gestalt folgte hinter Vincent. Der Klempner hatte die Dinge gern im Blick.
    Vor Vincent sprang Lukaschik fröhlich hin und her, auf und ab, ein Irrwisch des Riesenwaldes. Der Nachträglich Zusammengesetzte war mitten in einer seiner manischen Phasen, und seine gute Laune war unwiderstehlich.
    »Nein«, hatte Than gesagt, als Vincent gefragt hatte, »dafür haben wir noch kein Heilmittel. Warum sollten wir auch danach suchen? Aufgekratzt ist er mir – und uns allen – lieber als vor Trübsal halb gelähmt.«
    »Was gibt es gegen die dunklen Phasen?«
    »Oh, wir haben mit einem sehr starken Äthyltee auf der Basis von Luginster-Trieben gute Erfolge erzielt«, hatte Than sehr ernst geantwortet und verständnislos dreingesehen, als Vincent gegrinst hatte.
    »Was ist?«
    »Dort, wo ich herkomme, sind die meisten Sorten Äthyltee etwas, das man seinen Freunden niemals verabreicht. Nicht so kuschelige Sachen wie hier auf Vilm. Viel, viel stärker. Man verkauft das Zeug nur an die Fremden und die Dummköpfe. Meistens, um sie hinterher so richtig auszunehmen.«
    »Wo du herkommst, ist verdammt weit weg«, hatte Than nur gesagt.
    Wo er recht hatte, hatte er recht.
    Der Klang des Satzes hatte Vincent allerdings missfallen. Es hatte nur noch eine wegwerfende Handbewegung gefehlt. Natürlich blickte Vincent selbst auf sein vorheriges Leben ein wenig herunter. Das kam ihm inzwischen alles so unwesentlich und unwichtig vor. Er hatte selbst auch nichts unternommen, um zu seinen Leuten zurückzugelangen. Strenggenommen waren es ja auch nicht seine Leute, sondern die Cumminos gewesen. Leute, zu denen er niemals ganz dazugehört hatte. Er hatte keine weiße Stirnlocke, nicht mal ein paar helle Strähnen. Ohne darüber nachzudenken, hatte Vincent alles getan, um keine Informationen über seinen Aufenthaltsort nach A. L. dringen zu lassen. Er hatte zu niemandem Kontakt aufgenommen, keinerlei Nachricht geschickt. Soweit es nach ihm ging, sollten die dort ruhig glauben, er wäre still und leise eingegangen, nachdem der Verbleib seines wichtigen Begleiters geklärt worden war.
    Schließlich hatten sie ihn fiebernd und völlig verwirrt zurückgelassen.
    Lukaschik kam herbeigesprungen und reichte Than ein Fundstück aus den unergründlichen Tiefen des Dickichts, um sofort wieder seiner felligen Hälfte hinterherzujagen.
    »Was ist denn das?«, fragte Vincent.
    »Keine Ahnung.«
    Than drehte die knorpelige, tiefblau schimmernde Wurzel hin und her; seine zwei Nasen schnupperten intensiv daran.
    »Gut«, murmelte er.
    Auch Vincent roch an dem Ding und runzelte die Stirn. Die illegalen Pilzzuchten daheim dufteten so, wenn Erntezeit war und man die wirkstoffreichen Köpfe von den Stielen schnitt. Getrocknet und pulverisiert waren sie prima geeignet, um Dummköpfen viel Geld für ebenso magische wie eingebildete Karussellfahrten abzuknöpfen.
    Und doch war dieser Geruch irgendwie anders. Etwa Metallisches war darin, und ein Hauch Raubtier.
    »Nichts, was ich würde essen wollen«, sagte Vincent und zögerte, weil ein Stechen in seinem Gedächtnis aufblitzte und ihm einen Gedanken verbrannte, ehe er Gestalt annehmen konnte.
    Than warf Vincent einen raschen Blick zu.
    »Natürlich nicht«, sagte er, als hätte er nichts bemerkt. »Das scheint mir etwas zum Rauchen zu sein. Oder wir geben es denen, die gern getrocknete Sachen zu Pülverchen mischen.«
    »Ja«, sagte Vincent, »am besten probieren wir beides aus.«
    Than packte das blaue, seltsam geformte Ding ein.
    »Du probierst es bestimmt nicht aus«, stellte er sachlich fest und bemerkte nicht, wie der andere zusammenzuckte.
    Vincent schwieg und legte einen Schritt zu.
    Than war es recht. Er wollte es lieber vermeiden, die beiden herumspringenden Körper von Lukaschik aus den Augen zu verlieren. Es waren schon viel zu viele verlorengegangen.
    Die kleine Gruppe von drei – oder fünf – Personen marschierte weiter ins Innere des Wolkengebirges, immer weiter der Fläche einer wirklich enormen Sämlingslinse folgend. Von den Weitergereichten Wohnstätten aus sah man immer wieder welche, aber niemand hatte gewusst, dass man auf manchen von ihnen kilometerweit ins Innere des Riesengestrolchs marschieren konnte. Und womöglich noch viel weiter.
    Niemand hatte ahnen können, dass kathedralengroße Fenster hellgraues Wolkenlicht tief in das Gebirge dringen ließen und es auch so weit drinnen

Weitere Kostenlose Bücher