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Violas bewegtes Leben

Titel: Violas bewegtes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Trigiani
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Die Rösti sind superlecker. Aber ich vermisse mein Zuhause. Ich vermisse so vieles. Unser Haus zumBeispiel. Ich vermisse unsere Veranda, wo die Leute Karten für Notfall-Schlüsseldienste hinterlassen und Werbezettel für indische Lieferimbisse und Rabattcoupons für eine Flughafenfahrt in Tel Aviv. Ich vermisse Andrew. Ich vermisse Caitlin, obwohl ihre Mutter viel zu streng und nervig ist. Ich vermisse meine Schule. Ich vermisse Rays Pizzaservice und die Skyline von Manhattan nachts von dem Aussichtspunkt in Dumbo. Ich vermisse die Gummiwürmer in den kleinen Plastiktüten im spanischen Minimarkt um die Ecke. Ich vermisse den Garten in der Clark Street, wo die Sonnenblumen bis zu den Fenstern im zweiten Stock wachsen. Ich vermisse Taxis und Gyros und die Schokoshakes samstags im Café. Ich vermisse den Brunnen am Lincoln Center im Dezember und die Ballerinas mit ihren Stulpen auf dem Weg zu einer Nußknackermatinee. Ich vermisse Mr. Sandovitch in seinem Frack, wenn der Mietwagen kommt und ihn mit seinem riesigen Kontrabass zu einem Konzert in der Steinway Hall abholt. Ich vermisse New York. Ich vermisse Brooklyn. Ich vermisse die U-Bahn. Ich vermisse euch.«
    »Wir vermissen dich auch, Liebes«, sagt Dad.
    »Aus tiefstem Herzen«, fügt Mom hinzu.
    »Dann schickt mir ein Flugticket und lasst mich zu euch kommen. Ich werde euch auch nicht stören. Und ich kann wirklich super mit einer Handkamera umgehen. Das wisst ihr doch!«
    »Viola, eines Tages wirst du mit uns reisen können.« Dad schaut Mom an und blickt dann wieder in die Computerkamera. »Und sogar Filme mit uns machen. Aber für den Moment finden wir eine Erfahrung wie dieses Internat für dich am besten. Ich verspreche dir, es wird dir ganz neue Horizonte eröffnen.«
    »Mir hat diese Schule immens gutgetan, Viola. Und ich weiß, dass sie dir auch gut tun wird.« Mom nickt.
    »Na gut.« Die Vorstellung, was gut für mich sein könnte, treibt mir die Tränen in die Augen. Ich wische sie mit dem Ärmel weg. Meine Eltern strecken die Hände aus und berühren die Kamera an ihrem Computer, und ich tue das Gleiche bei mir. Eine Woge von Wärme und Sicherheit und Liebe strömt wie ein Herbstregen über mich. Als der Bildschirm schwarz wird, sage ich mir, dass ein Jahr schließlich nur ein Jahr ist, auch wenn es einem viel länger vorkommt, wie eine Ewigkeit und noch länger.
     
    Bevor ich an die PA kam, habe ich es gewagt, mir einen Pony schneiden zu lassen. Das Ergebnis sah eher aus wie Pippi Langstrumpf (schlecht) als Hayden Panettiere (perfekt), deshalb nutze ich die Zeit und lasse ihn wachsen. Nebenher übe ich noch ein paar Tanzschritte in der Turnhalle – nur für den Fall, dass ich auf dieser sogenannten Party tatsächlich tanzen sollte.
    Ich denke, mein Pony hat bis zur Party noch genügend Zeit zu wachsen, falls ich nicht in die Versuchung gerate, die Haare wieder abzuschneiden, wenn sie mir in die Augen hängen. Das ist das Problem mit Ponys: Man braucht viel Durchhaltevermögen. Die Haare wachsen zu lassen ist eine Lektion in Geduld. Wissenschaftler haben bestätigt, dass menschliche Haare durchschnittlich einen halben Zentimeter im Monat wachsen, das heißt, ich bin noch etwa sechs Wochen von der Oberkante meiner Ohren entfernt.
    »Kann es losgehen?« Trish steckt den Kopf durch die Tür.
    »Klar.« Ich stopfe den Laptop in meinen Rucksack.
    »Es ist wirklich nett, dass du bei der Gründungstagfeier mithilfst.«
    »Kein Thema. Ich finde, man kann nur dann erfolgreich in die Zukunft blicken, wenn man seine Vergangenheit kennt. Das gilt natürlich auch für die Prefect Academy.«
    Trish überlegt kurz und lächelt dann. »Das war ein Witz, oder?«
    »Trish, du kommst mir wirklich immer auf die Schliche«, sage ich zu ihr.
    Wir gehen rüber zum Hojo-Bau. Mittlerweile mag ich Trish richtig gerne. Sie kümmerte sich um Romy, als diese eine Lebensmittelvergiftung hatte, begleitete Marisol zur Krankenstation, als sie vom vielen Tippen eine Sehnenscheidenentzündung bekam, und – das war das Beste – sie hat an Suzannes Geburtstag gedacht und einen Kuchen für sie gebacken. Der war total lecker. Trish macht ihre Sache als Mentorin echt gut, und wenn ich sehe, wie sich einige der anderen Mentorinnen hier aufführen, bin ich froh, dass wir sie haben. Wir können uns jederzeit an sie wenden, ob Tag oder Nacht. Und das ist ein echtes Geschenk.
    »Bist du nicht froh, dass du das Einzelzimmer abgelehnt hast?«, fragt Trish unterwegs.
    »Äh … ja.

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