Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
blickte Virgil zum Sternenhimmel empor; es war hell und kühl.
»Die haben sich aber schnell wieder versöhnt«, stellte Zoe fest. »Fast hätten sie’s einander gleich noch auf dem Boden besorgt.«
»Ich muss zugeben, dass es mich angetörnt hat, wie sie sich geküsst haben«, sagte Virgil. Zoe stemmte die Fäuste in die Hüften. »Mein Gott, war nur ein Scherz«, beruhigte Virgil sie.
»Ich fahr nach Hause, meine Wunden lecken«, verkündete Zoe.
»Und ich nach Süden«, sagte Virgil.
»Ist eine gute Nacht zum Fahren«, bemerkte Zoe.
Virgil legte ihr den Arm um die Schultern. »Trinken Sie ein paar Bierchen, oder rauchen Sie einen Joint, und hören Sie LeAnn Rimes. Dann ist alles nicht mehr so schlimm.«
»Versprochen?«
»Tja …« Er musste an seine drei Exfrauen denken. »Nein. Aber LeAnn tut immer gut.«
SECHS
Zoe spülte das wenige Geschirr, das noch vom Morgen herumstand, saugte Staub im Wohnzimmer, putzte das Gästebad und hängte ein frisches Handtuch hin. Sie war ordentlich, auch im Haushalt eine richtige Buchhalterin. Der einzige chaotische Bereich ihres Daseins, dachte sie traurig, war ihr Liebesleben. Wenn es ihr endlich gelänge, sich innerlich von Wendy zu lösen, sie als Verlust abzuschreiben, wäre alles leichter.
Virgil fiel ihr ein. Er sah gut aus, genau so, wie sie Männer mochte – breite Schultern, kräftige Arme, große Hände, schmales Hinterteil, lange Haare, fröhliches Wesen. Aber der äußere Schein trog. Auf den ersten Blick wirkte er natürlich und ungekünstelt, doch hinter der Fassade verbarg sich etwas Kühles, Wachsames, Kalkulierendes, vielleicht sogar Hartes.
Ein emotionaler Buchhalter mit eiserner Faust.
Bei der Vorstellung lächelte sie. Es klingelte. Sie sah auf die Uhr auf dem Kaminsims: Punkt elf. Zoe öffnete die Tür und sagte: »Hallo. Komm rein.«
Margery Stanhope trat mit gebeugten Schultern ein. »Was für ein Tag …«
»Ganz schön heftig, was? Willst du eine Margarita?«
»Ja, eine große«, antwortete Margery.
»Hast du von dem Streit gehört?«, erkundigte sich Zoe, als sie in die Küche voranging.
»Von dem Streit?« Margery Stanhope legte ihre Handtasche auf den Tisch.
»Im Goose … Wendy und Berni sind aufeinander losgegangen.«
Zoe mixte die Margaritas: ein ordentlicher Schuss Hacienda del Cristero Blanco, dazu Cointreau und Limonensaft. Sie befeuchtete die Ränder der Gläser mit Limonensaft, streute Salz auf die Arbeitsfläche, drückte die Glasränder darauf und brachte, während sie den Mixer schüttelte, Margery mit ihrer Schilderung der Auseinandersetzung zum Lachen.
»… als wir gegangen sind, hat Wendy Berni die Zunge so tief in den Rachen gesteckt, dass ich Angst hatte, sie erstickt …«
»Oje. Ich weiß, was du nach wie vor für sie empfindest«, sagte Margery.
»Ja.« Zoe reichte Margery ein Glas. »Cheers.«
»Cheers.« Margery nahm einen Schluck. »Du mixt verdammt gute Margaritas …«
Sie setzten sich ins Wohnzimmer, wo Margery sagte: »Und nun zu Virgil.«
»Er kriegt den Mörder, wer auch immer es sein mag.«
»Glaubst du, es war ein Gast?«, fragte Margery.
»Hoffentlich nicht. Denn wenn, wird die Lesbensache in der Öffentlichkeit breitgetreten. Das wäre ein gefundenes Fressen fürs Fernsehen.«
»Ich muss die ganze Zeit an Constance denken. Hätten wir Virgil davon erzählen sollen?«
»Wenn weitere Hinweise auftauchen, dass der Täter aus dem Kreis der Gäste stammt, sollten wir das wahrscheinlich. Wenn wir es nicht tun …« Zoe zuckte die Achseln. »Wir könnten am Ende Probleme bekommen.«
»Wer weiß außer uns davon?«
»Bestimmt einige Mädels aus der Band. Zum Beispiel Wendy«, sagte Zoe.
»Wenn wir’s Virgil verraten, sieht es aus, als hätte die Band was damit zu tun. Das wäre ihnen sicher nicht recht.«
»Und wir wollen nicht, dass es aussieht, als hätte die Lodge was damit zu tun.«
Sie nippten gedankenverloren an ihren Drinks. Nach einer Weile seufzte Zoe. »Wenn sich nichts Neues ergibt, sage ich es ihm wahrscheinlich, wenn er wieder da ist. Dass bereits eine andere Frau ermordet wurde, die hier untergekommen war, dass wir nichts Genaueres darüber wissen …«
»Erwähn ruhig die Band«, meinte Margery. »Je intensiver er sich damit beschäftigt, desto weniger interessiert ihn die Lodge.«
»Mm.«
»Wie geht’s mit der Lodge weiter?«, fragte Margery.
»Ich bleibe zu fünfundneunzig Prozent bei der Stange«, antwortete Zoe. »Es müsste schon viel passieren, dass ich aussteige.
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