Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne
verraten Sie mir doch jetzt, wer es Ihrer Meinung nach war«, sagte Virgil. »Es muss jemand sein, der eine ziemlich enge Beziehung zu Wendy hat.«
Sie sah zuerst ihn, dann einen Wandkalender an, dann ein Bild von einer Herde weißer Pferde und schließlich wieder Virgil. »Slibe.«
»Ich habe keinen einzigen Hinweis auf ihn.« Ganz stimmte das nicht; immerhin hatte er seine Äußerung über die Prärieratten.
»Ich erzähle Ihnen von Slibe. Er war verheiratet mit Maria Osterhus; sie hatten zusammen Wendy und den Deuce. Sein Unternehmen, diese Sickergrubensache, ging ganz gut. Urplötzlich hat sie sich in einen anderen Typen verliebt und sich aus dem Staub gemacht. Sie wollte weder das Geschäft noch die Kinder, nur Hector Wie-auch-immer. Hector hat seinen Job hingeschmissen, und eines Nachts sind sie einfach nach Arizona durchgebrannt und seitdem nie wieder gesehen worden. Sie hat ihre Familie im Stich gelassen, und Wendy und der Deuce sind von Slibe aufgezogen worden. Slibe hat Maria wirklich geliebt und diese Liebe auf Wendy übertragen …«
»Woher wissen Sie das alles? Wie alt waren Sie, als das passiert ist? Zehn?«
»Wendy hat es mir erzählt. Wir waren eine Weile zusammen. Die Sache mit ihrer Mutter ist die große Tragödie ihres Lebens.«
»Slibe hat aber nie …«
»Nein, nein. Jedenfalls sagt Wendy das. Ich hab sie das auch gefragt. Er möchte nicht, dass sie ihn verlässt; er will sie für sich behalten. Wahrscheinlich glaubt Slibe, sie gehört ihm. Genau wie damals Maria.«
»Dass sie lesbisch ist, scheint er ziemlich gelassen zu nehmen«, bemerkte Virgil.
»Da ist er wie die meisten Männer. Wenn sie mit einem Kerl zusammen wäre, würde er ihn als Rivalen sehen. Sie würde ihm gehören. Und das wäre Slibe nicht recht. Lesben, na ja, das sind Mädels unter sich. Aber ein Typ …«
»Hm.«
»Was soll das heißen?«
Das Handy klingelte. Er holte es aus der Tasche und warf einen Blick aufs Display: das Büro des Sheriffs.
»Virgil«, meldete er sich.
»Sie haben sie«, informierte ihn Sanders. »Sie ist fuchsteufelswild.«
»Allzu viel Kopfzerbrechen scheint Ihnen das nicht zu bereiten.«
»Nein. Wenn was schiefgeht, gebe ich Ihnen die Schuld«, erklärte Sanders.
»Guter Plan. Ich komme rüber.« Virgil stand auf.
»Könnte es sein, dass Sie vorhaben, heute Abend meine Schwester zu treffen?«, fragte Zoe.
Sig hatte also offenbar geredet. »Vielleicht schaue ich auf ein Bierchen bei ihr vorbei.«
»So, so, auf ein Bierchen. Sie hat sich extra die Beine rasiert«, teilte Zoe ihm mit.
»Ach. Das wollte ich für sie machen.«
Zoe lachte und wiederholte: »Slibe.«
Berni Kelly war wirklich fuchsteufelswild. Sie beobachtete von einem orangefarbenen Plastikstuhl aus einen Beamten, der hinter seinem Schreibtisch Zeitung las. Virgil meinte, sie innerlich brodeln zu hören. Und tatsächlich: Sie brummte zornig vor sich hin. Das erinnerte ihn an seine erste Exfrau.
Er begrüßte sie mit einem herausfordernden Lächeln. »Berni! Danke, dass Sie gekommen sind.«
Sie wandte sich auf dem Plastikstuhl um. »Scheißkerl!«, zischte sie und sprang auf.
Virgil fürchtete einen Moment lang, dass sie ihm die Augen auskratzen würde. Dem Beamten hinter dem Schreibtisch schien es ähnlich zu gehen, denn er stand auf, doch Virgil hob beschwichtigend die Hände. »Immer mit der Ruhe. Ich will ja nur mit Ihnen reden.«
Sie begann zu weinen, und er merkte, dass sie bereits geweint hatte, weil ihr Eyeliner verschmiert war. »Ich glaube. Wendy will mich aus der Band werfen.«
»Wirklich?«
»Der Typ, der mit Ihnen da war, dieser Jud, redet ihr ein, dass sie eine bessere Drummerin braucht.«
»Haben Sie mit Jud darüber gesprochen?«
»Nein, ich weiß es von ihr. Sie behaupten, sie hätten noch keine Entscheidung getroffen, aber das haben sie … Und Sie lassen mich von diesem verdammten Deputy herzerren.«
»Um Worte verlegen bist du trotzdem nicht«, stellte der Polizist hinter dem Schreibtisch fest.
Sie wandte sich ihm zu. »Klappe, Carl.« Und zu Virgil: »Carl steht seit der neunten Klasse auf mich. Stimmt’s, Carl?«
»Wollen Sie mit ihr ins Befragungszimmer gehen?«, fragte Carl Virgil. »Ich ertrage ihr Geschnarre nicht mehr.«
Virgil schob sie in das Zimmer.
Virgil wies ihr einen Platz ihm gegenüber zu, »Berni, der Sheriff und ich, wir sind allen Hinweisen nachgegangen. Es liegt auf der Hand, dass Sie etwas mit diesen Morden zu tun haben.«
Als sie den Mund aufmachte, um zu
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