Virgil Flowers - 04 - Blutige Saat
den Mord an Kelly Baker und das, was ich für organisierten Kindesmissbrauch durch eine Sekte halte, herauszufinden. Das können wir uns jetzt abschminken. Mit dem, was wir haben, kriegen wir keine Verurteilung – sie hat signalisiert, dass sie vor Gericht geht, wenn wir das anstreben. Sie wird den Mund halten. Also müssen wir uns etwas anderes überlegen, um den Kindern zu helfen.«
»Wie sicher sind Sie sich mit den Kindern?«, fragte Brown. »Ich bin von hier und habe noch nie etwas davon gehört.«
»Es gibt schon länger Hinweise darauf, Dennis«, erwiderte Lee. »Wir haben sie nur nicht wahrgenommen. Virgil hat mit zwei Leuten gesprochen, die übereinstimmend sagen, sie würden ihre Kinder nicht in der Nähe dieser Sekte wissen wollen. Ich bin heute Morgen mit der Liste der Kirchenfamilien rüber zum Gericht, während Virgil wahrscheinlich beim Kuchenessen im Yellow Dog war …«
»Von irgendwas muss ich mich ja ernähren.« Sie winkte ab. »Ich habe Akten gewälzt, Heiratsurkunden aus den letzten fünfzig Jahren, und bin auf vierundfünfzig Fälle gestoßen, in denen ein achtzehnjähriges Mädchen aus einer der Kirchenfamilien mit einem Mann über dreißig verheiratet wurde. Insgesamt waren achtzig Familien in solche Eheschließungen verwickelt. In Jackson County und Iowa gibt es weitere solche Familien. Im Moment habe ich hundertacht Namen.«
»Auf dem Land werden die Mädchen schnell erwachsen«, gab Schickel zu bedenken.
»Stimmt, Gene«, pflichtete Lee ihm bei, »genau wie die Jungen. Ich habe mir auch die Heiratsurkunden von Paaren vorgenommen, die nicht der Kirche angehören, und festgestellt, dass viele von den Jugendlichen jung heiraten, aber jeweils beide Teile. Die Jungen sind für gewöhnlich drei oder vier Jahre älter, jedoch sehr selten über dreißig. Ich habe das Gefühl, dass das Ganze ein wesentlicher Bestandteil der Philosophie dieser Sekte ist.«
»Sexuelle Kontakte mit Minderjährigen sind ungesetzlich«, meldete sich Brown zu Wort. »Auch wenn viele der siebzehnjährigen Mädchen hier auf dem Land sehr erwachsen wirken, weil sie von klein auf arbeiten.«
»Aber Elf- und Zwölfjährige? Und wiederholter Extremsex mit einer Siebzehnjährigen, an dem ein dreiundvierzigjähriger Deputy Sheriff und ein fünfundvierzigjähriger Farmer beteiligt sind?«, fragte Virgil.
»Diese Männer würden wir umbringen …«, brummte Schickel.
»Ja«, pflichtete Brown ihm bei.
Virgil erzählte ihnen vom merkwürdigen Verhalten der Flood-Mädchen und von den Kommentaren der nicht zu der Sekte gehörenden Farmer, die sehr junge Mädchen in Gesellschaft älterer Männer aus der Welt des Geistes beobachtet hatten.
»Warum drehen Sie Däumchen, während Kathleen Spooner mit Harris Toms redet?«, erkundigte sich Brown.
Virgil lehnte sich zurück. »Weil sie sich aus der Gleichung rausgenommen hat …«
»Unsinn«, widersprach Brown. »Sie glauben, dass sie einen Mord begangen hat, und die Fakten sprechen dafür. Trotzdem kaufen Sie ihr ihre Geschichte ab. Oder besser gesagt: Sie kaufen ihr ab, dass Sie ihr nichts anhaben können.«
»Dennis, worauf wollen Sie hinaus?«, fragte Lee.
»Sie müssen ihr die Geschichte nicht abkaufen. Sie haben einen absolut plausiblen und juristisch einwandfreien Grund, ihre Wohnung auseinanderzunehmen – ihre eigene Aussage, dass sie bei dem, was Sie für einen Mord halten, anwesend war. Sehen Sie sich sämtliche Papiere, Briefe, E-Mails und Fotos an, die sie im Haus hat. Vielleicht finden Sie etwas Interessantes.«
Virgil grinste Lee an. »Du hattest recht: Er ist tatsächlich ein sehr guter Mann.«
Lee knurrte: »Wo haben wir bloß unser Hirn gelassen?« Sie ging in die Küche und forderte telefonisch einen Durchsuchungsbefehl an.
Virgil fragte Brown: »Was fällt Ihnen sonst noch ein?«
»Sie können denen nur beikommen, wenn Sie eine Schwachstelle finden. Eine Familie, ein Kind oder jemanden, der rauswill …«
»Stimmt. Das würde eine Kettenreaktion in Gang setzen«, pflichtete Virgil ihm bei. »Das Problem ist nur, dass niemand diese Leute näher kennt. Sie bleiben für sich, unterrichten ihre Kinder zu Hause; es ist eine verschworene Gesellschaft. Bei wem sollen wir anfangen?«
»Bei jemandem mit Kindern, die so jung sind, dass Sex mit ihnen unentschuldbar ist«, antwortete Brown. »Bei einer Farm-Lolita mit großen Titten, die weiß, wie Kühe und Säue begattet werden, winken die Geschworenen doch ab und sagen: ›Herrgott, die hätt ich mir auch
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