Virulent
Couch geschlafen hat, ausgerechnet. Spielt ihr beide mir einen Streich?«
Chelsea schüttelte den Kopf.
»Natüüüürlich«, sagte Mommy. »Ihr beide versteckt euch irgendwo zum Schlafen, und das ist kein Streich? Darüber reden wir später noch. Aber Schluss jetzt mit diesen Kindereien. Wie fühlst du dich?«
»Nicht so gut«, sagte Chelsea.
Mommy hob Chelsea hoch und trug sie zum Bett. Dann legte sie Chelsea die Hand auf die Stirn. Mommys Hand fühlte sich kühl und gut an.
»Du bist nicht mehr so heiß«, sagte sie. »Geht es dir besser oder schlechter als vorher?«
»Ein bisschen besser«, sagte Chelsea.
Mommy runzelte die Stirn, und ihre Augen wurden schmal.
»Schätzchen, mach den Mund auf«, sagte sie. »Streck die Zunge raus.«
Chelsea tat es. Die Miene ihrer Mutter wirkte plötzlich besorgt.
»Schätzchen, du hast blaue Punkte auf der Zunge. Tut deine Zunge weh?«
»Ein bisschen«, sagte Chelsea.
»Streck sie nochmal raus. Ich habe so etwas noch nie gesehen.
Es gefällt mir nicht. Ich glaube, wir gehen morgen alle zum Doktor.«
Chelsea spürte, wie ihr ein Schauder über den Rücken lief. Zum Doktor. Der Doktor tat ihr immer weh mit Nadeln und dem ganzen Zeug. Die Stimme hatte Unrecht – sie hätte sich doch vor Mommy fürchten sollen.
»Aber ich mag den Doktor nicht«, sagte Chelsea.
»Und mir ist es egal, ob du ihn magst oder nicht, junge Dame. Du gehst. Du und dein Vater, alle beide. Es juckt ihn wie verrückt, und er hat orangerote Schwellungen auf seiner Haut bekommen.«
»Daddy hat Püppchen in sich«, sagte Chelsea. »Mein ganz besonderer Freund hat mir das verraten.«
»Oh, du hast jetzt einen ganz besonderen Freund? Wie nett, Schätzchen. Wie heißt er denn?«
Chelsea dachte einen Augenblick nach, aber sie kannte seinen Namen nicht. Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht.«
»Naja, du kannst keinen ganz besonderen Freund haben und ihm keinen Namen geben«, sagte Mommy. Sanft schob sie Chelsea zurück ins Bett und begann sie zuzudecken. »Wie würdest du ihn gerne nennen?«
»Wie wär’s mit … Chauncey?«, fragte Chelsea.
Mommy lächelte. »Ahh, Chauncey, wie der Basketballspieler, den Onkel Donny so mag?«
Chelsea nickte. »Ja. Und sein Name klingt wie meiner. Chelsea und Chauncey.«
»Naja, das ist ein hübscher Name«, sagte Mommy. Sie strich Chelsea über das Haar, und das fühlte sich wirklich angenehm an. »Schlaf noch ein bisschen, okay?«
»Ich bin gar nicht mehr müde«, sagte Chelsea. »Ich möchte aufstehen.«
»Bleib einfach noch ein bisschen liegen, Schätzchen. Später kannst du dann aufstehen, wenn du möchtest, aber bleib in deinem Zimmer und spiel mit deinen Spielsachen, okay? Ich will nicht, dass du überall rumrennst. Ich komme nachher nochmal, und morgen gehen wir zum Doktor.«
Mommy beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. Dann verließ sie das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Chelsea saß in der Dunkelheit da und fragte sich, ob Chauncey wieder mit ihr sprechen würde.
Er tat es.
Du darfst nicht zum Arzt. Du musst sie aufhalten.
Chelsea flüsterte, damit Mommy sie nicht hören konnte. »Wie soll ich sie aufhalten, Chauncey? Mommy bestimmt alles. Ich muss tun, was sie sagt.«
Sie kann nicht über dich bestimmen.
»Nicht?«
Nein. Du bestimmst über sie.
»Ich?«
Ja, du.
»Naja, sie ist viel größer als ich. Was ist, wenn sie mich zwingt, zum Arzt zu gehen?«
Du kannst sie heute Nacht aufhalten.
Wenn sie sich schlafen gelegt hat.
Ein Bild blitzte vor Chelseas innerem Auge auf.
Ja, das konnte sie mit Mommy tun.
43
Der Revolverheld
Dew konnte es nicht besonders gut ertragen, wenn jemand sich zu sehr zierte.
Seine Pistole, ein Colt M1911, Kaliber .45, lag auf dem Schützentisch. Sie war geladen, der Hammer gespannt und sie war entsichert. Perry, der eine Schutzbrille und Ohrenschützer trug, stand da und starrte auf die Waffe.
»Hör zu, Dew, das ist ja wirklich ganz cool, aber ich will einfach nicht schießen, okay?«
»Nimm die Waffe in die Hand, mein Junge«, sagte Dew. »Nur wegen dir habe ich einen verdammt üblen Kater, und ich bin wirklich nicht in Stimmung für so etwas. Du bringst mich vor dem gesamten Schießstand in Verlegenheit.«
Der Schießstand war natürlich leer. Dew hatte die ganze Anlage gemietet.
Perry starrte noch immer auf die .45er. »Aber was ist, wenn ich sie in die Hand nehme und … du weißt schon … wenn ich den Drang habe, auf dich zu
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