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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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gar keine Chance dazu. Offenbar musste sie sich wohl sogar darum kümmern,
dass vernünftige Mordermittlungen eingeleitet wurden.
    Sie suchte nach einem Polizisten.
Der Saal war inzwischen weitaus übersichtlicher als noch vor einer halben
Stunde. Nicht einmal mehr halb so viele Menschen rannten umher, aber immer noch
herrschte ein heilloses Durcheinander. Einen Polizisten zu finden, fiel nicht
schwer. Sie ging auf einen zu, der damit beschäftigt war, die Saalbestuhlung im
hinteren Teil des Saals zu stapeln.
    „Entschuldigung. Wer bitte leitet
die Todesermittlungen hier?” fragte sie.
    „Das ist Hauptkommissar Wegmann”,
antwortete der Polizist und blickte sich suchend um. Schließlich wurde er
fündig und streckte seinen Arm in Richtung Bühne aus. „Der Mann da drüben bei
dem Notarzt.”
    Debbie folgte dem ausgestreckten
Arm des Polizisten und sah Wegmann, der offenbar recht heftig mit dem Notarzt
diskutierte. Dann plötzlich wurde der Notarzt bleich, unterschrieb ein Blatt
und reichte es Wegmann, der sehr zufrieden darüber wirkte.
    Debbie ging zu ihm.
    „Leiten Sie hier die
Todesermittlungen?” sprach sie ihn an.
    „Ja. Wieso?” Wegmann drehte sich
irritiert zu ihr um.
    Gleich auf den ersten Blick
empfand Debbie eine kaum erklärbare Antipathie gegen ihn. Es war etwas an
seinem Aussehen, aber es musste subtil sein. Sie hatte andere Männer
kennengelernt, die ähnlich groß und leicht füllig waren und die ebenfalls einen
strengen, sauber getrimmten Vollbart trugen, die aber vom ersten Moment an
sympathisch gewirkt hatten.
    Nicht so Wegmann. Debbie
entschied sich für die Augen. Es mussten seine Augen sein. Zu nervös wanderten
sie umher, stellten keinen Blickkontakt mit Debbie her, zuckten überall hin,
nur nicht auf sein Gegenüber. Sie waren klein, zu klein für seinen großen Kopf,
und hatten etwas Linkisches, Kalkulierendes.
    „Mein Name ist Dr. Deborah
Ashcroft”, begann Debbie nichtsdestotrotz unbeirrt. „Ich bin… war die
Assistentin des Verstorbenen.”
    „Dann sollten Sie auf keinen Fall
hier rumlaufen”, erwiderte Wegmann. „Sie stehen bestimmt unter Schock. Lassen
Sie sich helfen. Wir haben Polizeipsychologen hier und auch extra einen Pfarrer
herbestellt, um…”
    Debbie ließ ihn nicht ausreden,
sie war dieses Thema leid. „Mit dem habe ich schon gesprochen. Es geht mir gut.
Ich wollte mich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen.”
    „Nun ja, viel gibt es da für uns
nicht zu ermitteln”, sagte Wegmann. „Die Experten von der Feuerwehr überprüfen
den Brand, wobei die Brandursache jawohl recht offensichtlich ist.
Sachverständige des Wetterdiensts checken die Gewitteraktivität und Elektroingenieure
überprüfen, wieso der Blitzableiter nicht funktioniert hat und wie der Blitz
durch das Dach schlagen konnte. Da sind Experten gefragt. Was soll die Polizei
da groß ermitteln?”
    „Wie wäre es mit dem Mörder?”
fragte Debbie forsch.
    „Was für ein Mörder?”
    „Der Mörder des Professors. Wäre
es nicht Ihre Aufgabe, ihn zu schnappen?” Debbie konnte sich nicht festlegen.
War der Kommissar dumm oder faul? Konnte er tatsächlich das Offensichtliche
nicht erkennen oder hatte er einfach keine Lust, Ermittlungen anzustellen?
    „Ich kann absolut nachvollziehen,
was Sie gerade empfinden, Dr. Ashcroft”, sagte Wegmann in beruhigendem Tonfall.
„Aber sehen Sie, es handelt sich hier um ein tragisches Unglück. Der Professor
wurde durch eine Naturgewalt getötet. Wenn Sie unbedingt einen Mörder haben
wollen, dann kann ich Ihnen wohl nur Gott nennen.”
    Debbie ignorierte die Blasphemie.
Sie war zwar gläubig, hatte jetzt aber Wichtigeres im Kopf, als eine Diskussion
über die Verwerflichkeit abfälliger Bemerkungen den Herrn betreffend anzustrengen.
    Zudem verlor sie langsam die
Geduld. Sie merkte, wie ihre Stimme lauter wurde und auch das Timbre eine
gewisse Erregtheit nicht mehr verheimlichen konnte, als sie erneut ansetzte. „Wie
oft haben Sie schon davon gehört, dass ein Mensch in einem geschlossenen
Gebäude von einem Blitz erschlagen wurde?”
    Mehr und mehr zufällig und immer
geschäftig vorbeihastende Polizisten schienen einen interessanten Disput zu
wittern und blieben nun in ihrer Nähe stehen. Sie gaben vor, in ihre Handys zu
tippen, ihre Schnürsenkel zu binden oder sich Notizen zu machen, doch Debbie
wusste, dass sie alle nur ihrer Diskussion mit Wegmann lauschten.
    „Noch nie”, gab dieser zu. „Aber
selbst, wenn es auf der ganzen Welt bisher noch

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