Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition)

Titel: Virus - Rückkehr der Vogelgrippe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Bulther
Vom Netzwerk:
angesteckt. Der hat die Grippe. Der steckt uns alle an.“ Ranke blickte verwundert auf. Sie keifte.
„Der hat die Vogelgrippe, der Kerl. Der steckt uns alle an.“ Ihre Stimme wurde lauter. Mit wirrem Blick wandte sie sich an die Umstehenden. „Der hat die Grippe, der steckt uns an. Wir kriegen’s auch.“ Sie riss die Arme in die Luft und schrie. „Die Todesgrippe ist da! Wir müssen sterben!“
Ranke stützte den verletzten Mann. Die Tritte hatten ihm einige Rippen gebrochen. Sonst schien alles in Ordnung. Langsam hob er ihn auf und stellte ihn auf die Beine. Von außen drangen immer mehr Menschen zum Zentrum des Geschehens und drückten so den Kreis zusammen. Ranke hob die Hand, wie um dieser Bewegung Einhalt zu gebieten, und setzte sich, den Verletzten mit der anderen Hand stützend, langsam in Bewegung. Seine Kollegen versuchten, die beiden zu schützen. Die Menge rumorte.
„Schmeißt ihn raus, den Kerl!“ rief einer. Die kleine Gruppe um Ranke bahnte sich langsam den Weg zurück zur Absperrung. Die Polizisten wurden in kleinere Handgreiflichkeiten verwickelt. Absurd, dachte Ranke, warum hauen die nicht ab, wenn sie Schiss vor der Krankheit haben?
Dann flog der erste Stein. Ranke hörte nur einen dumpfen Schlag. Aus den Augenwinkeln sah er, wie einer der Polizisten zu Boden ging. Sie waren nur noch zwanzig Meter von der Absperrung entfernt. Dort hatte man bereits eines der Gitter geöffnet, um sie durchzulassen. Aber die Menge war zu dicht, sie kamen kaum voran. Ranke rann der Schweiß in die Augen. Der andere hing schlaff in seinem Arm. Ein Stein traf Ranke am Arm. Er schrie, vor Schmerz und vor Wut. Plötzlich drückten sich aus der Öffnung im Gitter mehrere schwarze Uniformen. Sie trugen Helme und lange, schwarz glänzende Schlagstöcke. Unnachgiebig stießen sie in die drückende Menge vor und schubsten zurück, wer ihnen in den Weg kam. Einige hoben drohend die Stöcke. Die Menge duckte sich unter ihnen weg. Innerhalb kurzer Zeit bildeten sie einen Ring um die Angegriffenen und drückten dann die Menge nach außen, so dass ein Freiraum bis zur Absperrung entstand. Neben Ranke schlug ein Stein auf den Boden. Ein weiterer schepperte in die Absperrung. Dann waren sie durch und hinter einem der Einsatzwagen. Ranke atmete auf. Die schwarzen Einsatzkräfte griffen sich die Steinewerfer und zogen sich dann zurück. Ein Murren durchlief die Menge. Ranke hörte, wie weitere Steine auf die Einsatzfahrzeuge prallten. Vor dem Reichstag setzten sich die Wasserwerfer in Gang. Die schweren Motoren röhrten laut. Dann wurden sie von den Schreien der Menge übertönt. Ranke lehnte den Kopf an den Reifen des Busses, an dem er saß, und schloss die Augen.
    37
    Ralsmann war nicht in seinem Büro, als Krentler dort ankam. Er hängte einen Zettel an die Tür, informierte die Rezeption und ging dann in die Cafeteria. Auf dem Bildschirm flimmerten Bilder der aufgebrachten Menschenmenge vor dem Reichstag. Danach wurde der Polizeipräsident eingeblendet.
„Derzeit haben wir einige Menschenaufläufe an verschiedenen Punkten der Stadt. Die Einsatzkräfte haben alles unter Kontrolle. Wir sind dabei, das Verkehrschaos zu beseitigen. Ich möchte die Bevölkerung dennoch bitten, zu ihrem eigenen Schutz bis auf weiteres zuhause zu bleiben.“
Die Nachrichten schalteten zu den Flughäfen. Überfüllte Hallen waren zu sehen, dazwischen Nahaufnahmen erschöpfter Urlauber, die mitsamt ihrem Gepäck dicht gedrängt in den Wartehallen lagerten. Ein aufgeregter Flughafenmanager in Berlin-Tegel bekräftigte erneut, dass alle Flüge gecancelt seien. Reisende sollten zuhause bleiben, bis die Situation geklärt sei. Das Abschlussbild zeigte die Staus auf den Ausfallstraßen. Krentler schüttelte den Kopf. Meyer, vom Robert-Koch-Institut, erschien auf dem Bildschirm. Gekleidet in einen grauen Anzug mit dunkelgrauer Krawatte und weißem Hemd sah er aus wie aus einem Schwarzweißfilm entsprungen. Mit ernstem Blick sprach er in die Kamera. Er berichtete kurz von den beiden Krankheitsfällen und betonte dann, dass es für die Menschen weiterhin keine Gefahr gebe. Dies sei zwar ein außergewöhnliches statistisches Ereignis. Aber eine Epidemie sei es nicht.
Dein Wort in Gottes Ohr, dachte Krentler. Sein Blick wanderte nach draußen. Die Stadt blieb dunkel. Der Stromausfall dauerte an. Nur die Lichter der Räumpanzer tänzelten einsam vor einem tiefdunkelblau gefärbten Himmel. Die wenigsten Menschen sahen die Nachrichten.
Plötzlich stand Ralsmann

Weitere Kostenlose Bücher