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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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erkannte er, dass ihm Eriks Verrat genauso viel ausmachte wie Janas Verlust. Beide waren ein Teil von ihm selbst und ihm unendlich wichtig, aber eben auf unterschiedliche Weise.
    Eines Nachmittags ging er nach dem Unterricht bei Argo in den Garten. Inzwischen wurden die Tage wieder länger, der Himmel war noch hell, obwohl die Sonne bereits hinter die Berge gesunken war. Am Morgen hatte Alex durchs Fenster gesehen, dass einer der Obstbäume im Garten aufgeblüht war, einfach so, über Nacht. Es war wie ein Wunder.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er wieder eine tiefe Ruhe in sich. In der Stunde mit Argo hatte er flüchtig den Wald gesehen, in dem Garo verschwunden war, und diese Vision hatte Lust in ihm geweckt spazieren zu gehen, den Geruch des Grases und der feuchten Erde einzuatmen, sich einfach nur hinzusetzen und den blühenden Baum und die unermüdlichen Fontänen der Springbrunnen zu betrachten.
    Doch sofort, als er in den Garten trat, spürte er, dass etwas nicht stimmte. Er wusste nicht, was es war – auf den ersten Blick sah der Baum so schön aus wie am Morgen, vielleicht sogar noch schöner. An den Zweigen eines anderen Baums, eines Kirschbaums, blitzten ebenfalls schon die ersten zarten Knospen auf. Das Wasser im Teich glitzerte und funkelte im Abendrot wie flüssige Seide…
    Was also war falsch? Der Garten umgab ihn mit seiner ganzen Schönheit, er wirkte vollkommen. Und doch hatte ihn von der ersten Sekunde an ein seltsames Gefühl des Verlusts beschlichen.
    Die Antwort war da, als er sich wie gewöhnlich an seinem Lieblingsplatz hinsetzen wollte: Der Stein, an den er sich bei seinen bisherigen Ausflügen in den Garten immer gelehnt hatte, war verschwunden, dieser unbehauene schwarze Stein, der ihm in der langen Zeit seines Aufenthalts bei den Wächtern fast zu einem Stück Heimat geworden war, einem vertrauten Fleck inmitten der Fremde. Es war absurd, aber ohne den Stein war der Garten nicht mehr derselbe. Ja, er wirkte noch so schön wie immer, aber für Alex hatte er seinen ganzen Reiz verloren, weil es keinen Ort mehr gab, von dem aus er ihn betrachten konnte. Er hatte seinen Fixpunkt verloren.
    Irgendwie musste er an Erik denken. Und plötzlich verstand er alles. Erik war für ihn wie dieser schwarze Stein. Er dachte nicht viel an ihn, er widmete ihm nicht viel Zeit, aber er war jahrelang sein Bezugspunkt gewesen. Ohne Eriks Freundschaft würde die Welt nicht mehr so sein wie vorher, ohne seinen Freund ging ihm die Fähigkeit verloren, das Schöne im Leben zu genießen. Janas Liebe eingeschlossen.
    Es war, als hätte sich ein Vorhang gelüftet, der in den letzten Tagen über allem gelegen und ihm die Sicht genommen hatte. Wie blind er gewesen war! Er hatte die Vision, in der Erik Jana berührte, völlig falsch interpretiert! Er hatte sich komplett geirrt! Erik war der Einzige gewesen, der immer zu ihm gehalten hatte. Um ihm zu helfen, hatte er sich kurz vor dem Eintreffen der Wächter sogar gegen seinen Vater gestellt. Wie hatte er nur so unfair sein können? Selbst wenn Erik in Jana verliebt war – nie würde er die Abwesenheit seines Freundes ausnutzen. Es war ganz einfach unter seiner Würde.
    In dem Moment zerplatzte der Hass, der so viele Tage an Alex genagt hatte, wie eine Seifenblase. Vor seinem inneren Auge sah er noch einmal vor sich, wie Erik Jana streichelte. Aber diesmal nahm er das Bild völlig anders wahr. Was er nun empfand, war nicht länger Hass, es war Angst. Etwas musste passiert sein, dass die beiden so nah zusammengerückt waren, etwas Schreckliches, von dem er nichts wusste und das er in Erfahrung bringen musste.
    Hastig sprang er auf. Nieve saß in ihrem Zimmer, mit chinesischer Tinte tupfte sie feine Zeichnungen auf Reispapier, wobei sie es vermied, irgendetwas Gegenständliches abzubilden.
    Als sie überrascht den Kopf hob, wusste sie sofort, dass etwas passiert war. »Was ist los?«, fragte sie alarmiert. »Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Im Gegenteil. Die Gespenster, die in den letzten Wochen durch meinen Kopf gespukt sind, sind verschwunden. Ich habe das Gefühl, dass ich endlich wieder klar sehe.«
    Ein Lächeln erhellte Nieves Züge. »Wie schön, Alex. Ich wusste, dass du irgendwann an diesen Punkt kommen würdest. Du bist niemand, der sich von Hass leiten lässt.«
    »Du musst mir helfen. Ich will so schnell wie möglich von hier weg, am besten sofort!«
    Nieve ließ den feuchten Pinsel auf den Tisch fallen. »Sofort?«,

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