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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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er nicht da gewesen war, als sie das Haus betreten hatte. Sie hatte ja in diese Richtung gesehen, weil von dort auch die Hunde gekommen waren.
    Was noch merkwürdiger war: Sie hätte schwören können, dass dort keine Tür geöffnet oder geschlossen worden war. Die Tür zum vorderen Labor genau hinter Mr. Zetes war geschlossen. Das galt auch für die Glastüren zu seiner Linken, die in Joyce’ Zimmer führten.
    Aber eine andere Tür gab es nicht. Zu Mr. Zetes’ Rechten war nur eine Wand. Er musste aus dem Labor oder Joyce’ Zimmer gekommen sein.
    Kait sah, dass sich seine Lippen bewegten, und die Rottweiler gaben Ruhe. Er nickte ihr höflich zu und sah sie durchdringend an.
    »Ich habe mein Soziologiebuch vergessen«, sagte Kaitlyn unsicher. Ihr Puls raste, und sie hatte das
merkwürdige Gefühl, bei einer Lüge ertappt worden zu sein.
    »Ich verstehe. Dann lauf hoch und hol es«, sagte er. Er wartete, bis sie wieder da war und brachte sie zur Tür.
     
    Die Zeichnung kam, wie passend, in der Kunststunde.
    Kaitlyn hatte den ganzen Tag über Mr. Zetes nachgedacht und die interessante Erfahrung gemacht, dass man sich beim Mittagessen elend fühlen kann, obwohl Typen aus der In-Clique der Schule nett zu einem sind. Mehrere Cheerleader und drei oder vier attraktive Jungs hatten sich zu ihnen gesetzt und mit ihnen geplaudert, aber es half nichts. So sehr sich Kaitlyn bemüht hatte, ihnen zuzuhören, waren ihre Gedanken doch immer wieder zu Mr. Zetes abgeschweift. Wie er am Ende des Flures gestanden hatte – wie ein Zauberer, der aus einem versiegelten Schrank aufgetaucht war.
    In der Kunststunde sollte Kaitlyn ein Bild für ihre Kunstmappe anfertigen. Mit dieser Mappe wollte sie sich im nächsten Jahr am College bewerben. Aber sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Ihre eifrigen, kreativen Mitschüler verschwammen zu einer unscharfen Kulisse und einem undeutlichen Murmeln.
    Zögernd schlug sie eine leere Seite in ihrem Skizzenbuch auf und nahm ihre Ölpastellkreiden zur Hand.

    Sie mochte diese Farben, weil sie damit schnell, flüssig, kraftvoll und im wahrsten Sinne des Wortes frei arbeiten konnte. Die Pastellmalerei begann immer mit einer schnellen Skizze der wichtigsten Umrisse, die sie dann im Detail ausarbeitete. Doch diesmal brauchte sie keine Skizze, denn ihre Hand fertigte die andere Art Bild an, die sie nicht unter Kontrolle hatte.
    Sie sah zu, wie sie winzige karmesinrote Striche in ein Viereck malte. Ein großes Viereck. Rund um das Viereck folgten Striche in Kassler- und Sepiabraun. Die Brauntöne fügten sich nach und nach zu einem schimmernden Muster zusammen, mit Wirbeln und Linien wie in einer Holzmaserung.
    Kaits Hand verweilte kurz über der Schachtel mit den Ölkreiden – welche Farbe kam nun? Nach einem Moment wählte sie schwarz.
    In das Viereck kamen nun dicht gedrängt schwarze Striche, die eine Form ergaben. Eine menschliche Silhouette mit breiten Schultern, Linien, die gerade nach unten wiesen, fügten sich zu einem Mantel zusammen. Ein Mann im Mantel.
    Kaitlyn lehnte sich zurück und betrachtete das Bild.
    Sie erkannte es wieder. Es war eines der Bilder, das ihr gestern auch in der Flut von Visionen erschienen war: Jemand stand in einer Tür. Nur sah sie jetzt das ganze Bild.
    Ein Mann im Mantel vor einer offenen Tür. Der rötliche
Schein in der Türöffnung vermittelte den Eindruck, als sei der Mann von einem Kraftfeld umgeben. Rund um die Tür war Holz – eine Holztäfelung.
    Die Wand gegenüber Joyce’ Zimmertür war mit Holz verkleidet.
    »Sehr schön, gute Technik«, hörte sie die Stimme der Lehrerin über sich. »Brauchst du ein Fixierspray?«
    Kaitlyn schüttelte den Kopf, und die Lehrerin ging weiter.
     
    Der Chauffeur holte sie aus der Schule ab. Joyce sei noch im Krankenhaus, erklärte ihnen Mr. Zetes, als sie nach Hause kamen. Marisol sei noch immer bewusstlos. An diesem Tag würden keine Tests durchgeführt.
    Kait wartete, bis alle oben waren, und rief die anderen dann zusammen. »Wir müssen reden. Im Arbeitszimmer«, sagte sie. Anna, Lewis und Rob kamen sofort. Gabriel bequemte sich erst, als sie ein zweites Mal den Kopf durch die Tür gesteckt und ihm Beine gemacht hatte.
    Als alle da waren, schloss sie die Tür und machte den Fernseher an. Dann zeigte sie ihnen das Bild und erzählte, was sie am Morgen gesehen hatte.
    »Also glaubst du … ja … was? Dass da in Wirklichkeit eine Tür ist?«, fragte Lewis. »Aber was hat das alles zu bedeuten? Ich meine – na

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