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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Aber ich komme zurecht.«
    Als er die Haustür aufschloss, sprangen ihnen Prince und Baron entgegen. Auf ein Zeichen von Mr. Zetes beruhigten sie sich, folgten ihm aber auf dem Fuß, als er seine Besucher ins Haus führte. Das war noch so etwas, das Kaitlyn aus der Fassung brachte.
    Mr. Zetes legte den Mantel ab und hängte ihn in die Garderobe. Unter dem Mantel trug er einen makellosen, ziemlich altmodischen Anzug. Das Hemd hatte Manschettenknöpfe aus Gold, wie Kaitlyn auffiel.
    Innen war das Haus nicht weniger beeindruckend
als von außen. Marmor und Glas, dicke flauschige Teppiche, glänzend polierte Holzoberflächen, Gewölbedecken wie in einer Kirche, alle möglichen fremdländischen und zweifellos teuren Schnitzarbeiten und Vasen. Kaitlyn vermutete, dass es sich um Kunst handelte, fand aber einige Stücke dennoch ziemlich scheußlich.
    Gabriel sah sich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck um, den Kaitlyn zunächst nicht deuten konnte. Sie musste daran denken, wie er in den Zeitschriften mit den teuren Autos geblättert hatte. Es war keine Sehnsucht – das wäre zu vage gewesen, denn Gabriel hatte offensichtlich ein Ziel. Er sah sich sorgfältig und konzentriert um.
    Habgier, dachte Kaitlyn. Das war es. Als wolle er das alles haben. Als wäre er wild entschlossen, es an sich zu reißen.
    Mr. Zetes lächelte.
    Ich sehe nicht so aus, dachte Kaitlyn, und versuchte, einen gierigen Ausdruck auf ihr Gesicht zu bannen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Mr. Zetes hinters Licht zu führen, bis er sie gehen ließ. Eine halbe Stunde vorher hatte sie noch gehofft, dass sie etwas über ihn in Erfahrung bringen würde, doch diese Hoffnung hatte sie mittlerweile begraben. Nun hatte sie nur noch das Ziel, den Abend zu überleben und sicher ins Institut zurückzukehren.

    »Das ist mein Büro«, sagte Mr. Zetes und führte sie in einen Raum, der sich etwa in der Mitte des großen Hauses befand. »Hier halte ich mich sehr viel auf. Wollt ihr euch setzen?«
    Das Büro war mit Walnussholz verkleidet und dunkel möbliert. Die Ledersessel knarzten, wenn man sich setzte. An den Wänden hingen goldgerahmte Ölbilder von Pferden und Fuchsjagden. Die Vorhänge waren in einem dunklen, gedeckten Rot gehalten, und die Lampen hatten einen rostroten Schirm. Auf dem Kaminsims thronte die Büste eines altmodisch gekleideten Mannes, und auf dem Boden stand die Ebenholzskulptur einer fremdländisch wirkenden Frau.
    Kaitlyn gefiel das alles gar nicht.
    Ganz im Gegensatz zu Gabriel — das war nicht zu übersehen. Er ließ sich in den Sessel sinken und sah sich anerkennend um. Das ist wohl eher etwas für Männer, dachte Kaitlyn. Das ganze Haus war so maskulin, so … Ihr fiel vor allem der Begriff altes Geld ein, ererbtes Familienvermögen.
    Sie verstand schon, warum das Eindruck auf Gabriel machte, der schon auf der Straße und in einer Gefängniszelle mit Pritsche und Metalltoilette gelebt hatte.
    Die Hunde legten sich auf den Boden. Mr. Zetes ging zur Bar, die vollständig bestückt war mit allen möglichen Flaschen, Gläsern und Karaffen aus Kristallglas.

    »Kann ich euch einen Brandy anbieten?«
    Mein Gott, dachte Kaitlyn.
    Gabriel lächelte. »Gern.«
    Gabriel!, sagte Kaitlyn. Gabriel ignorierte sie, als sei sie nur eine lästige Fliege, die durch den Raum schwirrt.
    »Für mich nichts, danke«, sagte sie und versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. In diesem Moment kam Mr. Zetes schon mit zwei Gläsern zurück — wahrscheinlich hatte das Angebot für sie gar nicht gegolten.
    Er setzte sich hinter den Schreibtisch, ließ den Cognacschwenker kreisen und nippte dann an der goldenen Flüssigkeit. Gabriel setzte sich in seinem Sessel zurück und folgte Mr. Zetes’ Beispiel. Kaitlyn begann sich zu fühlen wie ein Schmetterling im Spinnennetz.
    Mr. Zetes wirkte aristokratischer und eindrucksvoller denn je, fast wie ein Graf. Jemand, der wichtig war, auf dessen Worte man besser hörte. Genau diesen Eindruck sollte das Arbeitszimmer auch vermitteln, das war Kaitlyn schon klar. Es war eine Art Heiligtum, das die Gestalt hinter dem großen, mit Schnitzereien verzierten Schreibtisch ins Scheinwerferlicht rückte. Den Mann mit dem tadellosen Anzug, den goldenen Manschettenknöpfen, dem weißen Haar und dem gütigen Gesicht.
    Die Atmosphäre begann auf sie zu wirken.

    »Ich bin so froh, dass wir uns hier unterhalten können«, sagte Mr. Zetes in einer Mischung aus Sanftmut und Autorität, die der Atmosphäre gerecht wurde. Es war

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