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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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viel zu zerbrechlich zu sein, vor allem bei Werwölfen. Ich nahm sie
entgegen und setzte mich an den Tisch.
    Â»Ã„h, ja, danke.«
    Helen holte eine weitere Tasse
aus einem Schrank, sodass ich mich prüfend umsehen konnte – Jorgen war
gegangen. »Ich kann gut verstehen, dass Lucas Ihnen gefällt. Er ist ein
attraktiver Mann, und ein schöner Wolf«, fuhr sie fort.
    Genau so etwas hatte ich
befürchtet. »So ist das nicht …«
    Â»Tatsächlich? Denn Sie müssen
wissen – und bitte halten Sie mich jetzt nicht für grausam, denn das bin ich
nicht –, dass wir nun einmal nicht wie Sie sind. Solche Geschichten … enden
immer mit Tränen.«
    Ich tat so, als würde ich von
dem Tee trinken, den sie mir gegeben hatte. Es war ein komisches Gefühl, in
diesem feinen Haus zu sitzen, zwischen all diesem feinen Zeug, denn nach der
vergangenen Nacht sah ich bestimmt aus wie ein Penner. »Es war nur ein One-Night-Stand.
Wir waren beide einsam. Und gelangweilt.«
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
»Tatsächlich?«
    Ich nickte. »Absolut. Eine
Nacht, mehr nicht.«
    Â»Dann ist es ja gut.« Sie
nippte an ihrem Tee und stellte die Tasse ab. »Ich sehe schon, Tee ist nicht so
Ihre Sache.«
    Â»Wenn ich ehrlich sein soll,
ist mir Eistee lieber.« Mit einem schuldbewussten Achselzucken stellte ich
meine Tasse weg.
    Helen lächelte. »Dann wünsche
ich Ihnen nun einen schönen Tag. Ich muss schließlich ein Königreich regieren,
bis er erwachsen ist …«
    Ich war so froh, entlassen zu
werden und nicht mehr in meiner Trainingshose und nach Sex stinkend auf diesem
Seidenpolster sitzen zu müssen, dass ich mich erst, als ich draußen war,
fragte, wen sie damit wohl gemeint hatte: Lucas oder Junior?
    Ich kehrte ins Nebenhaus
zurück und packte meine Sachen. Wenig später kam Lucas zu mir ins Wohnzimmer,
jedoch nicht, ohne vorher anzuklopfen. »Hi, alles klar mit dir?«
    Â»Mir geht’s gut, danke.« Meine
Habseligkeiten standen fertig gepackt auf dem Sofa.
    Â»Ich habe uns etwas zu essen
besorgt.« Mit hoffnungsvoller Miene hielt er eine Papiertüte hoch.
    Â»Könntest du mich vielleicht
einfach nur nach Hause bringen?«
    Er wirkte tief verletzt, als er
mich noch einmal eingehend musterte und dann nickte. »Okay.«
    Schweigend luden wir meine
Sachen ein, und auch während der Fahrt sagte niemand etwas, außer Minnie, die
offenbar die Schnauze von der Fahrerei voll hatte. Sie jammerte wie eine
Sirene, jeder Ton ein Vorwurf. Als wir den Parkplatz vor meinem Haus erreicht
hatten, blieb Lucas reglos sitzen.
    Â»Egal, was ich getan habe, ich
wollte dich auf keinen Fall verletzen«, fing er an.
    Â»Das ist es nicht.« Ich wollte
ihm nicht ins Gesicht sehen, aber ignorieren konnte ich ihn schließlich auch
nicht. Er schien aufrichtig besorgt zu sein. »Mir ging es letzte Nacht nicht
darum, irgendetwas anzufangen. Für mich ging es darum, mit jemand anderem
abzuschließen.«
    Jetzt wirkte er verwirrt. »Du
sagtest doch, du hättest keinen Freund.«
    Â»Das stimmt auch – nicht mehr.«
Ich öffnete die Beifahrertür, sprang aus dem Wagen und griff nach Minnie und
dem Koffer. »Danke fürs Herbringen, Lucas. Die letzte Nacht war wundervoll. Tut
mir leid, dass ich so verkorkst bin.«
    Er beugte sich zu mir und fing
meine Hand ein. »Du riechst nach Helen. Sie hat gesagt, du sollst dich von mir
fernhalten, stimmt’s?«
    Â»Ja, hat sie, aber daran liegt
es nicht.«
    Lucas runzelte die Stirn. »Ich
springe doch nur ein, bis Fenris erwachsen ist. Ich bin nicht deren Eigentum,
Edie. Sobald er volljährig ist, gehört mein Leben wieder mir.«
    Â»Das glaube ich dir. Und ich
bin sicher, wenn es so weit ist, wirst du jemand wirklich Tollen finden, der
dich auch zu schätzen weiß.«
    In seinem Gesicht flackerten
die verschiedensten Emotionen auf – Wut, Verrat, Ungläubigkeit. In diesem
Moment fragte ich mich, ob er schon jemals verlassen oder zurückgewiesen worden
war. Er schwieg. Ich konnte sehen, wie er sich innerlich zurückzog und seine
Gefühle niederknüppelte. Wie das aussah, wusste ich nur zu gut – und auch, wie
es sich anfühlte.
    Â»Ich habe einiges zu tun. Heute
wird jemand anders auf dich aufpassen müssen.« Er griff in das Fach in der
Mittelkonsole und holte Stift und Papier hervor. »Ich gebe dir aber meine
Nummer.

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