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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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schrill und
altmodisch, wie in alten Fernsehserien. Meaty sprang auf, doch Charles war
näher dran und wühlte bereits zwischen den Monitorkabeln herum, um schließlich
ein verstaubtes rotes Telefon hervorzuziehen. Er ging ran.
    Â»Das ist das Notfalltelefon,
richtig?«, riet ich aufgrund von Form und Farbe. Meaty nickte. Das kannte ich
von anderen Stationen. Einmal hatte ich auf der Chirurgie ausgeholfen, während
wegen Wartungsarbeiten die Telefone abgeklemmt wurden – alle bis auf dieses
eine. Es sah aus wie ein Kinderspielzeug, und zwar für Kinder, die nicht mit
Handys spielen durften.
    Charles’ Miene verfinsterte
sich. Stumm reichte er Meaty das Telefon und verschwand. Am liebsten wäre ich
hinter ihm hergerannt, aber ich wollte meine Stationsschwester auch nicht
allein lassen.
    Â»Das ist völlig inakzeptabel«,
sagte Meaty in den Hörer und deckte ihn anschließend mit einer Hand ab. »Edie,
Feueralarm, sofort.«
    Die Vorschriften bei Feueralarm
sahen vor, dass vorsichtshalber alle Türen geschlossen werden mussten. Ich
rannte los, um Rachel und Gina Bescheid zu sagen, dann lief ich von Zimmer zu
Zimmer, angefangen bei Charles’ Tageslichtagenten. Der Patient winkte mir
fröhlich zu, als ich seine Zimmertür schloss. Halbherzig erwiderte ich den
Gruß.
    Als ich ins Schwesternzimmer
zurückkehrte, hob ich beide Daumen. Meaty war immer noch am Telefon und nickte
kurz, wandte sich dann aber wieder aufgebracht an den Anrufer: »Nein. Mir ist
egal, wen Sie suchen müssen. Wir haben einen Vertrag.« Meatys Stimme wurde
leiser. »Ich sollte Sie nicht an unsere Vereinbarung erinnern müssen – das
Konsortium verlangt …« Ruckartig nahm Meaty den Hörer vom Ohr und starrte ihn
wütend an.
    Â»Meaty, was ist denn los?«
    Angewidert knallte Meaty den
roten Hörer auf die Gabel. »Sie ziehen ab.«
    Â»Wer?«
    Â»Die Schatten. Einer ihrer
Gefangenen ist entkommen, und sie nehmen die Verfolgung auf.« Meaty starrte auf
das Telefon, als könnte die Kraft der reinen Wut etwas an dieser Tatsache
ändern.
    Â»Sie gehen?«, flüsterte ich.
    Meaty sah mich durchdringend
an. »Das darf niemand erfahren. Hol Charles.«
    Obwohl ich noch jede Menge
Fragen hatte, lief ich stattdessen zu den Umkleideräumen.
    Ich fand Charles im
Umkleideraum der Männer, den ich nach einem kurzen Klopfen betrat. »Charles …«
    Â»Versuch gar nicht erst, mich
aufzuhalten, Edie.« Ich war noch nie bei den Männern drinnen gewesen. Es sah
genauso aus wie bei uns, nur dass es viel mehr freie Spinde gab. Ich wandte den
Blick ab, während Charles sich die letzten Teile seiner Straßenklamotten
überzog. »Wenn sie weg sind, gibt es keinen Grund mehr, hierzubleiben.«
    Â»Vielleicht kommen sie ja bald
wieder.« Ich wusste selbst, wie lahm das klang.
    Â»Würdest du dein Leben darauf
verwetten?« An der Innenseite von Charles’ Spindtür hingen einige
Schwarz-Weiß-Fotos einer hübschen Frau mittleren Alters. Er räumte seine Sachen
aus, dann nahm er die Bilder ab.
    Â»Sie sieht umwerfend aus«,
sagte ich.
    Â»Ja, das tut sie. Und ich werde
jetzt endlich etwas Zeit mit ihr verbringen.« Er wickelte die Fotos sorgfältig
in ein altes Pflegehandbuch und legte alles zusammen in seine Tasche. »Wenn die
Schatten weg sind, weiß ich nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt. Deshalb
verschwinden wir von hier und gehen irgendwohin, wo es warm ist – und sicher.«
    Â»Du nimmst dein Handy aber
schon mit, oder?«
    Â»Klar. Aber mach dir nicht die
Mühe, mir eine SMS zu schicken, es sei denn, die Krise ist
vorbei.« Er zog seine Winterstiefel an und ging zur Tür. »Es war schön, dich
gekannt zu haben, Spence. Fang dir nicht noch mehr Narben ein.«
    Und dann war er weg. Benommen
kehrte ich auf die Station zurück. Charles war mein Anker auf Y4 gewesen. Das
Bewusstsein, mich bei Problemen immer an ihn wenden zu können, hatte mir
Sicherheit gegeben. Und jetzt?
    Â»Edie, du hast noch einen
zusätzlichen Patienten: Charles’ Tageslichtagenten. Keine Sorge, ich werde dir
helfen.« Meaty klang völlig gelassen und vernünftig.
    Keine Sorge? Von wegen.

Kapitel 43
    Â 
    Â»Okay,
aber ich muss vorher noch schnell aufs Klo«, erklärte ich Meaty.
    Â»Na gut. Und wehe du
kommst nicht wieder!« Wir konnten nicht alle Fahnenflucht begehen. Wenn sich
herumsprach, dass

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