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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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Sie ist gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe, und nun auch noch der Verlust ihrer Tochter … Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, ich war zwar nicht hier, als es geschah, aber …«
    »Ja, da gibt es schon noch ein oder zwei Fragen, die ich Ihnen gern stellen würde, das Privatleben Ihrer Tochter betreffend …« Offenbar stand Danuta, das junge Mädchen, das ihm die Tür geöffnet hatte, noch immer am Fuße der Treppe.
    »Du kannst nach oben gehen«, befahl ihr Paoletti. Die Haut seines teigigen Gesichts fiel faltig über die Wangen, als sei sie eine Nummer zu groß. Vielleicht hatte er während seines Krankenhausaufenthaltes sehr rasch an Gewicht verloren? Er hatte weißes Haar und die gleichen klaren grauen Augen wie seine Tochter.
    »Nach oben?«
    »Ja, nach oben.«
    Der Maresciallo hörte, wie das Mädchen die Treppe hinaufging. Offensichtlich war das Dienstbotenzimmer anderweitig belegt. Da Paoletti seine Tochter nicht aus dem Zimmer geschickt hatte, würde er ihm wohl nicht allzu viel Neues erzählen.
    »Nun, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    »Der Gärtner, der früher hier gearbeitet hat.«
    » Papà, ich hab nicht …«
    »Konzentrier dich auf deine Arbeit. Wenn du so weitermachst, bekommen wir unser Essen frühestens um zehn. – Warten Sie mal, er hieß … Melis, Antonino Melis. Tut mir leid, aber ich hab keine Ahnung, wo er sich jetzt aufhält. Glauben Sie, er hat was damit zu tun?«
    »Vielleicht war er sauer, weil Sie ihn gefeuert haben. Er hat Sie bestohlen, nicht wahr?«
    »Um ehrlich zu sein, das weiß ich nicht mehr so genau. Er hat seinen Job nicht vernünftig gemacht, daran erinnere ich mich sehr genau. Ich kann in meinen Unterlagen nachsehen, vielleicht finde ich seine letzte Adresse.«
    »Danke, das wäre nett. Dann würde ich gerne noch etwas von Ihnen über … ähm … das Privatleben Ihrer Tochter erfahren, den Vater des Kindes und so, Sie verstehen schon … Wenn Sie mir da vielleicht …«
    Erwartungsgemäß schickte Paoletti nun auch seine Tochter aus der Küche.
    »Geh nach oben.«
    Wortlos verließ Silvana den Raum. Offenbar hatte Paoletti bei Guarnaccias Ankunft seine Frau ins Dienstbotenquartier verbannt und nicht wie die anderen nach oben geschickt, damit der Maresciallo nicht sah, in welcher Verfassung sich die Dame des Hauses befand, betrunken oder noch im Nachthemd oder beides. Sie hatte ihren Mann nicht erwartet. Hatte er das Krankenhaus vorzeitig verlassen, weil er wusste, dass der Maresciallo kurz mit ihr gesprochen hatte und an diesem Abend wiederkommen wollte? Der Maresciallo wartete, überließ Paoletti die Initiative.
    »Kann ich Ihnen etwas anbieten?« Der Mann spielte auf Zeit.
    »Nein, nein danke.« Das war nun wirklich keine leichte Vorstellung, die Paoletti sich da vorgenommen hatte. Er wollte freundlich sein, sich kooperativ zeigen, dabei von seinen Geschäften ablenken und überlegte nun, wie er dies alles, kombiniert mit der Trauer um seine Tochter, vorteilhaft in Szene setzen konnte. In seinem Gesicht spiegelten sich in rascher Folge die verschiedensten Emotionen. Der Mann probierte die verschiedenen Masken aus, während er nach einer Antwort suchte. Pure Zeitverschwendung. Schweigend blieb der Maresciallo auf dem Stuhl sitzen und verzog keine Miene, stellte keine Fragen, beobachtete einfach nur Paoletti, der den Lerneifer seiner Tochter beschrieb, ihre zurückhaltende Art, ihre Verschwiegenheit, was den Vater des Kindes betraf … Auch die Art, wie der Mann redete, klang aufgesetzt und unnatürlich. Guarnaccia registrierte die zunehmende Spannung. Ob er wohl eine Träne zerquetschte, wenn alle anderen Mittel versagten? Ihm fiel der Priester ein, den Paoletti vor langer Zeit überredet hatte, als Leumund für ihn auszusagen. So langsam ging seinem Gegenüber die Luft aus. Der Maresciallo stellte ganz bewusst keine Fragen, die weiteren Gesprächsstoff geboten hätten. Aber natürlich durfte er nicht vergessen, dass Paoletti sich seit vielen Jahren am Rande der Legalität bewegte und dabei ein Vermögen gescheffelt hatte. Das war kein Dummkopf, den er da vor sich hatte.
    »Sie wollen meine Frau sprechen, ich weiß. Selbstverständlich werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen, sobald es ihr wieder bessergeht. Vielleicht möchten Sie, wo sie nun schon einmal da sind, auch mit Danuta reden. Das ist das Mädchen, das Ihnen aufgemacht hat. Sie war zwar nicht hier, als es passiert ist, aber wie Sie selbst schon sagten, der guten Ordnung halber …

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