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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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bisher.‹ Piazza hatte recht.
    Aber was sollte aus den Kindern werden, dem kleinen Mädchen, das auf dem Bett geweint hatte?
    Nein, nein, nein …
    »Mein Neffe meint, ich sollte endlich Klage einreichen. Die bekommen so viele Beschwerden auf den Tisch, dass sie sich erst kümmern, wenn man vor Gericht geht. Aber was das kostet …«
    »Die werden die Kosten tragen müssen, lassen Sie sich deswegen von einer Klage nicht abhalten. Aber es wird eine Ewigkeit dauern, bis es zur Verhandlung kommt, und bis dahin ändert sich nichts an Ihrem Schlamassel.«
    Seinen eigenen Schlamassel musste er auf jeden Fall beseitigt haben, bevor Teresa zurückkam. Sie hatte sich so gut in Florenz eingelebt, und auch die Kinder hatten ihre Freunde hier, hatten Pläne … Die Zeitung! Die zweite Morgenausgabe La Nazione war mit Sicherheit schon draußen!
    »Tut mir leid, entschuldigen Sie bitte, nur eine Minute, Signora.«
    »Wenn ich ein anderes Mal wiederkommen soll …«
    »Nein, nein, ich bin gleich wieder da …«
    Im Augenblick war sie seine einzige Verbindung zur Realität, seiner gewohnten Realität, mit der er umgehen konnte, hinter der sich urplötzlich eine bedrohliche, lautlose Dunkelheit aufbaute. Doch die Lautlosigkeit würde bald ein Ende haben. Er streckte rasch den Kopf zur Tür des Dienstraums hinein.
    »Ich brauche die zweite Morgenausgabe La Nazione. «
    Ein junger Carabiniere war bereits aufgesprungen. »Ich muss sowieso die Post abholen, da kann ich die Zeitung auf dem Rückweg –«
    »Nein. Gehen Sie jetzt, und bringen Sie sie mir sofort rein.«
    Der Maresciallo kehrte zu Signora Nuti zurück. Er ließ sie reden und reden, denn er wollte die Stille in seinem Kopf nicht hören. Schließlich war es Signora Nuti, die das Gespräch beendete, weil sie noch Einkäufe zu erledigen hatte.
    »Ich werde Ihren Rat befolgen … wie war noch mal die Nummer?«
    »Sieben-null-null, aber die brauchen Sie sich nicht zu merken, Ihr Anwalt kennt diese Notfallnummer … es macht also nichts, wenn Sie die vergessen. Aber warten Sie, ich schreibe sie Ihnen rasch auf … hier, bitte. Und sagen Sie Ihrem Anwalt, dass er mich jederzeit anrufen kann, wenn er Unterstützung braucht. Wir sind bei Ihnen gewesen und haben die Bescherung gesehen. Vielleicht hilft ihm ja ein Bericht von uns.«
    Er führte die alte Dame zurück durchs Wartezimmer an die Tür, um den Augenblick rauszuzögern, da er wieder allein sein würde mit seinen Ängsten, dem heftigen Herzklopfen. Was immer er auch tat, er würde es nie so wegschieben können wie Piazza, egal, wie viel Mühe er sich gab. Ob es nun an den Kindern lag, den anderen Mädchen oder … Das alles lag nun außerhalb seiner Kontrolle und entwickelte eine Eigendynamik, die nicht mehr aufzuhalten war. Wie sollte irgendjemand diese Angelegenheit sauber aus der Welt schaffen können? Wäre er doch nie zu den Carabinieri gegangen! Wäre er doch nur nicht mit Nesti losgezogen! Wäre doch bloß Teresa wieder zu Hause …
    Er unterbrach seinen Gedankengang und marschierte in den Dienstraum.
    »Stellen Sie bis auf weiteres keine Anrufe zu mir durch.«
    »Ihre Frau auch nicht?«
    »Niemanden.« Sie würde sofort merken, dass etwas nicht stimmte, und was sollte er ihr dann sagen?
    »Maresciallo? Die Zeitung.« Der Carabiniere war von seinem Botengang zurückgekehrt.
    »Ist das hier auch bestimmt die zweite Morgenausgabe?«
    »Ja, ich habe extra gefragt. Gibt es sonst noch was, oder kann ich jetzt zur Post?«
    »Nein, danke, gehen Sie ruhig zur Post.«
    Guarnaccia verschanzte sich in seinem Büro und begann zu lesen. Auf der ersten Seite hatten sie eine kurze Einführung und ein Bild vom Emperor gebracht. Wann hatte Nesti denn das gemacht? Wahrscheinlich, als er wegen der Trinkkur rausgefahren war … wann war das noch mal gewesen? An dem Tag, an dem sie bei Paszkowski gegessen hatten, aber welcher Wochentag war das gewesen? Er hatte überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Ohne die tägliche Routine, den Rhythmus von Teresa und den Jungs, verschmolz ein Tag mit dem nächsten zu einem formlosen, grauen Brei …
    Fortsetzung auf Seite 5 …
    Eine Vergrößerung des Fotos auf der ersten Seite ganz oben und darunter ein Artikel über Paolettis Festnahme mit einem Foto aus der Polizeikartei. Alles kam auf die Liste an, Cristina hatte bestimmt nichts davon gewusst. Sie hatte sie vor den Kameras gewarnt, trotzdem …
    Er musste die Ruhe bewahren, sich konzentrieren, den Artikel genau studieren und rausfinden, was Nesti wusste

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