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Vögelfrei

Titel: Vögelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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einem Umzug, in anderen arbeiteten Schreiner und Elektriker zwischen Kisten und Apparaten. Ein Zimmer war weihnachtlich dekoriert.
    »Engel gehen sehr gut zurzeit«, sagte Gemma. »Das Androgyne zieht die Leute an. Wir machen das häufiger in Kombination mit japanischen Bondage-Inszenierungen, hängen den Kunden unter die Decke oder lassen ihn schwingen. Gleich zwei haben mich dieses Jahr nach
dem lebenden Weihnachtsbaum gefragt.« Sie schnaubte. »Heißes Kerzenwachs, Christbaumkugeln, die mit langen Nadeln an der Haut befestigt werden, klebriges Harz, Knöchelschrauben in einer Art Baumständer, das Übliche halt. Ich muss wirklich mal googeln, wo die das herhaben. Vielleicht gab es irgendwas im Fernsehen oder in einem Pornomagazin, jedenfalls ist es ungewöhnlich, dass solch eine Fantasie gleich zweimal angefragt wird.«
    Während wir den Korridor hinuntergingen, wies sie den Sklaven an, in dem einen Raum etwas zu ordnen oder zu lüften, in einem anderen Glühbirnen zu erneuern oder Requisiten für einen Kunden zusammenzusuchen.
    Als er hinter einem Berg Kartons verschwand, um für sie ein Kabel herauszusuchen, stieß ich sie mit dem Ellenbogen an. »Wo hast du den denn her?«
    Sie zuckte mit den Schultern: »Zugelaufen. Eines Tages stand er in dieser Aufmachung vor meiner Tür. Erst wollte ich ihn nicht, aber dann hat er mich überzeugt, dass wir beide etwas davon haben, wenn er bei mir arbeitet. Ich kann gute Mitarbeiter brauchen, und er, ja«, sie zögerte, »er sucht irgendwas, ich hab noch nicht so richtig raus, was. Vielleicht weiß er es selbst nicht. Ich habe sein Gesicht noch nie gesehen; er trägt immer dieses Ganzkörperkondom. Trotzdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er kein Fetischist und auch nicht wirklich devot ist. Er kommt jetzt schon mehrere Monate her, ohne jemals eine Session in Anspruch zu nehmen.«
    Der Sklave erschien mit dem Kabel. Gemma schloss eine letzte Tür auf, und wir standen in einer Bar, die aussah wie ein Etablissement der Zwanzigerjahre. Schwere
Stoffe, geschwungene Möbel, deckenhohe Farne und glitzernde Kristallleuchter. Ich pfiff anerkennend.
    Gemma nickte. »Sophia hat das eingerichtet. Kennst du sie? Die mit dem Harem. Wir sind befreundet. Manchmal hilft mir einer ihrer Jungs, wenn es irgendwie brenzlig wird. Und sie nutzt meine Räume gern für Partys. Ist es dir eigentlich ernst damit, dass du eine neue Art von Sex kennenlernen willst?«
    Ihre Frage kam so unvermittelt, dass sie mich für einen Moment aus dem Konzept brachte. Aber schließlich nickte ich und hoffte, entschlossener auszusehen, als ich tatsächlich war.
    Gemma winkte den Sklaven heran. »Such ihr aus dem Fundus so einen Anzug wie deinen aus, und dann treffen wir uns in einer halben Stunde in der Giger-Maschine.«
    Ich kannte Gigers futuristische Cyborg-Sexmaschinen von Postkarten und aus Kunstkatalogen, und natürlich hatte ich die Alien -Filme gesehen. Aber ich konnte mir trotzdem nicht vorstellen, was mich erwartete. Der Sklave brachte mich in die Umkleide und gab mir einen Anzug. Er drehte sich um, während ich mich auszog und einpuderte, damit das Gummi nicht so stark haftete. Er sprach kein Wort mit mir. Aber als ich ihn antippte und ihn bat, den Reißverschluss auf dem Rücken hochzuziehen, hielt er fürsorglich meine Haare und steckte sie mit ein paar Klemmen hoch, damit wir auch die Maske befestigen konnten.
    Obwohl ich komplett bedeckt war, fühlte ich mich merkwürdig nackt in dem Anzug. Die nackten Füße machten mich nur noch schutzloser. Bald fing ich an, unter
dem Gummi zu schwitzen, und es kam mir vor, als verwischten sich meine Körpergrenzen. Ich verschmolz mit dem Schweißfilm und dem Gummi und fühlte mich beschützt und entblößt zugleich.
    Ich stand da wie ein riesiger schwarzer Radiergummi, und die Geräusche, die mein Outfit erzeugte, sobald ich mich bewegte, fand ich so komisch, dass ich lachen musste. Ich zippte meinen Reißverschluss über dem Mund auf und schnappte nach Luft: »Oje, was findest du nur daran?« Der Sklave legte einen Zeigefinger an den Mund und zog mit der anderen Hand ganz vorsichtig meinen Reißverschluss wieder zu. Die Metallzähne knirschten beim Ineinandergreifen. Er bedeutete mir, ihm zu folgen, und führte mich durch die Garderobe.
    Dahinter befand sich eine Art Requisitenkammer, vollgestopft wie ein Trödelladen. Eine einzelne Glühbirne hing von der Decke. Der Sklave kramte in den Sachen und förderte schließlich einen hautfarbenen Kegel vom Umfang

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