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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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seine Hilfe anbietet, nehme ich ihn beim Wort.
    »Mich interessiert, warum ein zum Tode verurteilter |110| Mörder, der nächsten März mit der Giftspritze hingerichtet werden sollte, freigesprochen wurde. Lenny Darling heißt er.«
    Der Bibliothekar nickt. »Das kam sogar im Fernsehen. Ein großer Erfolg für die Menschenrechte und alle Gegner der Todesstrafe   …«
    »Ist ja gut, ist ja gut«, falle ich ihm ins Wort. »Bitte keine Vorträge. Sagen Sie mir einfach, wieso er rausgekommen ist.«
    Der Bücherfuzzi lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er macht den nächstbesten Computer an und geht auf die Website der BBC.   Dann rollt er mir einen Stuhl ran.
    »Bitte sehr.« Er bleibt kurz neben mir stehen. Wahrscheinlich will er sich vergewissern, ob ich auch wirklich die Nachrichtenseite lese und mir nicht stattdessen nackte Weiber anschaue.
    Ich erfahre einiges. Eigentlich wurde gar nicht Lenny Darlings Unschuld bewiesen, sondern das Gericht kam in der letzten und vermutlich endgültigen Berufungsverhandlung zu dem Schluss, dass die Zeugen, die ihn beschuldigten, fragwürdig wären. (Sind Zeugen nicht immer fragwürdig?) Eine neue Zeugin, ein siebzehnjähriges Mädchen, sagte aus, sie hätte gesehen, wie Darling den Ertrinkenden aus dem Wasser ziehen und Mund-zu-Mund-beatmen wollte, aber dann wäre ihm der Junge wieder entglitten. Sie meinte, sie hätte es nicht so gut erkennen können, weil sie zu weit weg war, außerdem wäre sie damals erst sieben gewesen, und es wäre ihr erst jetzt wieder eingefallen, als sie in den Nachrichten von Lennys Berufungsverhandlung |111| gehört hätte. Der Jugendliche, der ausgesagt hatte, Darling hätte den Jungen unter Wasser gedrückt, stellte sich als unglaubwürdig heraus. Er hatte damals reichlich Geech intus (irgend so ’n Gesöff, mit dem sich die Kids zu der Zeit zugedröhnt haben). Die Anklage hatte bislang die Tatsache verschwiegen, dass der Ertrunkene an einem Herzfehler litt, sodass ebenso gut das kalte Wasser, und nicht Lenny, für seinen Tod verantwortlich sein konnte. Ein Meeresforscher hatte bezeugt, dass die Strömung in Strandnähe tückisch war, außerdem konnte niemand ein Motiv vorbringen, weshalb Darling den Jungen hätte ertränken sollen. Obendrein hatte Darling bereits neun Jahre im Hochsicherheitstrakt abgesessen, und zwar für ein Verbrechen, das ihm niemand richtig nachweisen konnte.
    Man musste ihn laufen lassen, obwohl es heftige Proteste vonseiten der Polizei und der Familie des Opfers gab. Darum entschied man sich, ihn schleunigst nach England abzuschieben.
    Bloß weil man ihm die Tat nicht nachweisen kann, heißt das noch lange nicht, dass er sie nicht begangen hat, stimmt’s? Und was bedeutet das alles für meine Person?
    »Du musst los«, sagt der Bücherfuzzi. »Sonst kriegst du Ärger.«
    »Verehrter Herr Bibliothekar, ich bin fünfzehn Jahre alt und sitze im Jugendknast, weil ich einen Brummi voller Lebensmittel geklaut habe. Zwei meiner Mitgefangenen wollen mich demnächst umbringen, meine Mutter ist verrückt, meine Oma hat mich enterbt und mein einziger noch lebender Bruder hat die Familie im Stich gelassen. |112| Mein Vater ist das Letzte, mein bester Freund heißt Devil und ich bin in eine Frau verliebt, deren Vater mir den Kopf abreißt, wenn ich sie bloß anschaue. Außerdem bekomme ich Briefe von einem Mörder, der sich mit meiner Mutter verabreden will. Und da wollen Sie mir erzählen, ich kriege Ärger, weil ich zu lange in der Bücherei geblieben bin?«
    Der Bücherfuzzi schüttelt den Kopf. »Von wem bekommst du Briefe?« Er sieht besorgt aus. »Wenn du möchtest, kümmern wir uns darum. Hier bei uns geht es schließlich nicht nur um Bestrafung.«
    »Doch«, erwidere ich. Bei so einem Typen traue ich mich, die Klappe aufzureißen. Ich bin doch nicht blöd und nehm ihm ab, dass er mir wirklich helfen will.
    Ich muss alleine klarkommen. Wie immer.
     
    Ich latsche wieder in meine Zelle und der Kopf schwirrt mir vor lauter Lenny Darling, als ich unten Radau höre. Ich beuge mich übers Geländer. Vor dem Aufenthaltsraum rottet sich eine Meute zusammen, manche haben noch ihr Sportzeug an. Johlen und Gebrüll. Zwei Typen prügeln sich. Ihre Gesichter kann ich nicht erkennen, aber der eine ist viel größer als der andere. Ach du Scheiße! Es sind Simon und Kieran.
    JIPPIE! Ich muss einfach mitgrölen. Dass die beiden sich fetzen, ist für jeden hier Grund zum Jubeln. Hoffentlich schlagen sie sich ordentlich die Köpfe ein, ehe

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