Voellig durchgeknallt
mir. »Lenny hat Devils Handy und deinen Finger geklaut. Dann wurde das Handy mit deinem Fingerabdruck drauf im Park gefunden.«
|308| »Hä?«
»Fingerabdruck!«, wiederholt Lexi. »Sei froh, dass du einigermaßen gut aussiehst, Chas. Mit dem bisschen Grips kämst du nämlich nicht weit.«
Da dämmert es mir endlich. Hat Lenny …? Hat Lenny etwa meine abgehackte Fingerspitze dazu benutzt, um mir eins reinzuwürgen?
»Dieser … dieser … Scheiß…«
»Du sagst es«, fällt mir Lexi ins Wort.
Sie grinst mich an, tippt sich ans Kinn und ich mache sofort den Mund zu.
Ich glaub, ich spinne! Lenny hat sich die ganze Mühe gemacht, um
mich
reinzulegen? Was hab ich ihm denn getan? »Das ist echt supermies!«, stoße ich schließlich hervor.
»So mies, wie aus Jux einem zum Tode Verurteilten Briefe zu schreiben?«, kontert Lexi.
Danach sind wir alle still. Ich winkle die Beine an, versuche, es mir etwas bequemer zu machen und das Ganze irgendwie zu begreifen. Ich schaue aus dem Augenwinkel zu Lexi rüber. Was wohl in ihr vorgeht?
Hat sie eben gesagt, dass ich gut aussehe, oder hab ich mich da verhört?
Die Kabine ist ungefähr zwei Quadratmeter groß. Die ganze Vorderseite ist aus Glas, sogar der Boden und das halbe Dach. Wahrscheinlich, weil der Fahrer sehen muss, was um ihn rum passiert. An den Seiten hört das Glas auf halber Höhe auf und geht in schmutzig gelb lackiertes Metall über, aber ganz oben gibt es ringsrum schmale Oberlichter. |309| Die Rückwand ist ganz aus Metall, dort sind die Tür und ein kleines Fenster. Vorn über den Knöpfen und Hebeln gibt es an der Decke nur eine kleine Lampe wie im Auto, aber die ist erstaunlicherweise eingeschaltet. Das Dach ist ebenfalls aus lackiertem Metall, man erkennt die Nieten. Man kommt sich vor wie in einer Sardinenbüchse. In der Deckenmitte ist eine kleine, viereckige Luke. Wie man die aufmacht, kann ich nicht erkennen. Als ich dort hochschaue, wird mir ganz flau im Magen. Stell dir vor, du musst da rausklettern, aufs Dach. Ich würde sterben vor Angst.
»Hast du schon probiert, die aufzumachen?«, wende ich mich an Devil und zeige auf die Luke.
»Ich hab schon alles probiert, Alter, Scheibe einschlagen, Tür eintreten, alles. Und? Ich hock immer noch hier drin.«
Tür und Wände sind mit Schrammen und Dellen übersät, den Spuren von Devils Ausbruchsversuchen.
»Die Flasche hier nicht benutzen.« Devil zieht eine Plastikflasche unter dem Kranführersitz hervor. »Damit hab ich meine Pisse aus dem Fenster gekippt.«
Ich und Lexi wechseln einen Blick. Ich weiß, was sie denkt. Drei Tage sitzt er schon hier fest.
»Ich musste sogar in meine Socke kacken.« Er grinst auf einmal. »Danach hab ich einen Knoten reingemacht und das Ding durchs Fenster gesteckt.«
»Das geht bei mir nicht«, sagt Lexi leise. »Ich hab Sneakersocken an.«
Ich werfe einen Blick auf meinen Schuh und es kommt |310| mir hoch. Den schmeiß ich sofort weg, wenn ich hier rauskomme.
Als auf einmal eine blecherne Calypso-Melodie losdudelt, kriegen wir alle drei einen Schreck.
Lexi greift in ihre Tasche und beißt sich auf die Lippe, als sie das Handy ans Ohr hält. »Hallo?«
»HOLT MICH HIER RAUS!«, brüllt Devil und will sich das Handy schnappen, aber Lexi lässt ihn nicht.
»Hallo?«, fragt sie mit einer komischen Piepsstimme und mir fällt das Herz in die Hose. Sie fasst sich an die Stirn und sackt auf dem Sitz zusammen. Dann dreht sie sich nach mir um und bewegt nur die Lippen:
Das ist Lenny. Er ruft von deinem Handy an.
Devil schlägt ihr das Handy aus der Hand und es fällt auf den Boden. Er krabbelt hin und drückt es ans Ohr. »Lassen Sie uns raus …«
»Tot«, sagt er dann und tippt auf den Tasten rum.
»Das Guthaben ist alle, Devlin«, sagt Lexi ein bisschen überheblich, als ob sie mit einem Kleinkind redet. »Sonst hätte ich ja wohl längst jemanden angerufen. Außerdem ist der Akku gleich leer.«
Was Lenny jetzt wohl denkt, wo er weiß, dass wir ein Handy haben? Er kann ja nicht wissen, dass wir damit nicht mehr anrufen können. Vielleicht malt er sich aus, dass schon sämtliche Bullen aus dem ganzen Südwesten hierher unterwegs sind. Lässt er uns womöglich einfach hier sitzen und haut ab? Zu dritt halten wir es hier drin keine Nacht aus. Man kann sich nicht hinlegen und es ist so eng, dass ich nur auf einer Arschbacke sitzen kann.
|311| »Das ist ’ne Scheiße, was?«, sagt Devil.
Es ist die erste halbwegs freundliche Bemerkung, die er
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